Kläranlage Dreieich: Probleme bei Beschaffung von Betriebschemikalien und Erweiterung bis 2026

Im kommenden Jahr werden auf die Dreieicher höhere Abwassergebühren zukommen. Das liegt nicht nur an der geplanten Erweiterung des Klärwerks im Hengstbachtal, um den in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie heruntergesetzten Phosphor-Grenzwert zu erreichen, sondern auch am russischen Angriffskrieg in der Ukraine und der Energiekrise.
Dreieich - Die heruntergesetzten Phospor Werte führen nach Angaben der Stadt zu einem Lieferengpass und einer erheblichen Verteuerung der benötigten Betriebschemikalien. „Da schießen die Preise aktuell durch die Decke. Davon sind alle Betreiber von Kläranlagen betroffen“, berichtet die städtische Sprecherin Claudia Scheibel.
Auch die Verfügbarkeit von Polymeren zur Schlammkonditionierung, die zum Teil aus erdölbasierten Rohstoffen bestehen und für deren Produktionsprozesse in der Regel Erdgas benötigt wird, sei eingeschränkt und mit stark verlängerten Lieferzeiten verbunden. Noch schlimmer sehe es bei den Flockungschemikalien für die Phosphorelimination (auch Phosphatelimination) aus. Neben der Verknappung von Salzsäure (HCl) auf dem europäischen Markt, die zur Herstellung von dem auf dem Klärwerk Hengstbachtal eingesetzten Eisen(III)Chlorid erforderlich ist, sei die Information eines Lieferanten eingegangen, dass bei einem der beiden führenden HCl-Hersteller zudem ein technischer Ausfall zum Produktionsstillstand geführt habe. Dadurch sei die auf dem Markt verfügbare Produktmenge weiter eingeschränkt.
Als Ersatz musste zeitweise auf Aluminiumsulfat umgestiegen werden. Beides kommt als sogenanntes Flockungs- und Fällungsmittel zum Einsatz, um den vom Regierungspräsidium festgelegten Ablaufgrenzwert von 1,2 Milligramm pro Liter (mg/l) Phosphor einhalten zu können. Durch die zeitliche Streckung des knapp vorhandenen Ersatzmittels sei die Gefahr einer Überschreitung des Grenzwerts gegeben.
Bei der Stadt steht das Thema Phosphoreliminierung schon länger auf der Tagesordnung, um dem durch die Europäische Wasserrichtlinie heruntergesetzten Grenzwert von 1,2 auf 0,2 mg/l bis 2026 zu entsprechen. Für eine dritte Reinigungsstufe muss das Klärwerk laut Scheibel um eine Flockungsfiltrationsanlage erweitert werden. Die voraussichtlichen Kosten liegen bei etwa 26,5 Millionen Euro. Die Stadt kann dabei mit Fördergeldern von 40 bis 60 Prozent rechnen.
Für die Erweiterung wurden mehrere Varianten betrachtet. Die Stadtverordneten haben sich für eine Flockungsfiltration mit Sandfilter entschieden. Damit verbunden ist nach Angaben der Stadt ein unvermeidbarer Eingriff in den Bannwald, der die Kläranlage in Buchschlag umschließt.
Unter Berücksichtigung des Baumbestands, der Anbindung und nicht zuletzt nach einer Besichtigung der Kläranlage durch die Entscheidungsträger fiel die Wahl auf einen Standort nordöstlich der Anlage. Die Planer gehen laut Scheibel von einer maximalen Fläche von 4 500 Quadratmetern aus. „Darin enthalten ist auch die Fläche für eine zukünftige Erweiterung“, so die Sprecherin. Doch das sei noch nicht spruchreif. Auf jeden Fall muss es für die gefällten Bäume Ausgleichsmaßnahmen geben. Das Projekt soll bis 2026 umgesetzt sein.
Wie hoch die Gebührenerhöhung für eine satzungskonforme Kostendeckung in Folge der Preisexplosion bei den Betriebschemikalien und der Erweiterung ausfällt, lässt sich aktuell nach Angaben von Scheibel noch nicht sagen. Die genauen Zahlen werden erst 2023 vorliegen. In einem Punkt kann sie aber beruhigen. Die geschätzten enormen Kosten für die Erweiterung werden nicht auf einen Schlag fällig, sondern über einen Zeitraum von mehreren Jahren.
Von Holger Klemm