Kultureller Leuchtturm: Bürgerhaus Dreieich feiert 50.Geburtstag

Dreieich – Es ist keine Übertreibung: Dreieich ohne sein Bürgerhaus? Das ist nicht vorstellbar. Seit einem halben Jahrhundert ist es kultureller Leuchtturm der Stadt. Zum Jubiläum lassen es Betriebsleiter Benjamin Halberstadt und sein Team an drei Tagen krachen. Mehr als 400 Gäste bringen dem Haus am Donnerstagabend zum Auftakt des Feier-Marathons ein Ständchen, erleben die Premiere eines Imagefilms und die Vorstellung des „Gästebuchs“, das – so viel Optimismus ist in diesen schwierigen Zeiten dringend geboten – „die ersten 50 Jahre“ des Hauses Revue passieren lässt.
Auf dass weitere 50 folgen mögen.
Das Haus habe ihn durch sein Leben begleitet, sagt Bürgermeister Martin Burlon. „Es war immer da, so wie ein guter Freund. Es war dabei, bei aufregenden, manchmal auch unangenehmen, unterhaltsamen und wichtigen Ereignissen in meinem Leben.“ Zu den angenehmeren gehört vermutlich der Abiball. Dann zeigt Burlon zur Freude des Publikums ein Hemdchen mit dem Schriftzug „Martin“. Das Shirt habe er als Kind getragen, als er gemeinsam mit anderen auf der großen Bühne eine Turnvorführung präsentierte, erzählt Burlon.
Es auf die Rolle eines reinen „Kulturtempels“ zu reduzieren, wird aus Sicht des Rathauschefs der Erfolgsgeschichte des Hauses nicht gerecht. „Von der besonderen Architektur des Gebäudes und dem angrenzenden Bürgerpark als wichtige grüne Oase bis hin zu seiner Innengestaltung mit flexiblen Raumkonzepten wird deutlich, dass das Bürgerhaus neben den Kunstschaffenden vor allem auch als Ort für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Vereine konzipiert wurde.“ Sie alle füllten das Haus mit Leben.
Aus der Sicht des Geburtstagskindes blickt Benjamin Halberstadt auf die Geschichte und gibt einige Anekdoten zum Besten. Er erinnert an einen Abend, „an dem die Kultur beinahe ausgeblieben wäre“. Das Team einer Theaterproduktion hatte mit dem Lkw nicht das Sprendlingen nahe Frankfurt angesteuert, sondern den Namensvetter in Rheinland-Pfalz. Bis die Sache aufgeklärt war, dauerte es. Schließlich hatten die Telefone damals noch Kabel. Wie sehr sich die Technik weiterentwickelt hat, macht der neue Imagefilm des Bürgerhauses klar, bei dem Kameradrohnen durchs Gebäude fliegen, dass es einem den Atem verschlägt. Die Besucher sind hin und weg.
In der ersten Reihe sitzend, schaut sich Gustav Halberstadt das filmische Feuerwerk auf der Leinwand an. Der Vater des heutigen Chefs ist es gewesen, der den Musentempel seit der Eröffnung 1972 bis Ende 1999 managte. Sein Schaffen würdigt Dorothee Starke. Die Präsidentin der Interessengemeinschaft der Städte mit Theatergastspielen bescheinigt dem 87-Jährigen, der aus der Gewerkschaftsszene in den Kulturbetrieb kam, unter großem Beifall eine beispiellose Pionierleistung – an der Ehefrau Heike nicht unbeteiligt war. Überhaupt: Das Bürgerhaus ist so etwas wie ein Familienbetrieb. Der Senior weiß sein Erbe beim Junior in guten Händen. Und dessen Kinder wie auch Schwester Annette packen mit an, wenn Hände gebraucht werden.
Als Musikkabarettist und Moderator Christoph Reuter von der großen Bühne im Saal auf eine kleine im Foyer wechselt, ist’s Zeit für die Vorstellung einer Neuerscheinung auf dem Buchmarkt. Das „Gästebuch“ mit historischen Reportagen, Anekdoten, Porträts, Interviews und Zeitungsausschnitten ist unter Federführung von Peter Holle entstanden – und verdient das Prädikat absolut lesenswert. Nächste Woche stellen wir es ausführlich vor. Wer nicht warten will: Es ist für zehn Euro zu kaufen, auch heute beim Fest.
Von Frank Mahn

