„Zeitgemäßes Wohnquartier“: Mehrheit stimmt für umstrittenes Bauprojekt

Wie geht es mit dem Bauprojekt Oberwiesen weiter? Darüber hat das Stadtparlament Dreieich nun abgestimmt. Die Grünen kritisieren den Beschluss.
Dreieich – Mit großer Mehrheit hat das Dreieicher Stadtparlament die Auslegung des Bebauungsplanentwurfs für das Projekt Oberwiesen beschlossen. Lediglich die Grünen und die Fraktion Bürger für Dreieich lehnen die Vorlage des Magistrats ab. Während der Offenlegung haben Bürger und Träger öffentlicher Belange die Möglichkeit, den Entwurf einzusehen und Stellungnahmen abzugeben.
Die Stadtregierung will im Nordosten Sprendlingens ein „zeitgemäßes Wohnquartier entwickeln, welches eine gestalterische Arrondierung der vorhandenen Bebauung und gleichzeitig eine städtebaulich sinnvolle Nachverdichtung auf einer ehemals als Gärtnerei genutzten Fläche ermöglicht“, wie es heißt. Investor ist die Oberwiesen GmbH, die das Wohngebiet laut Vorlage „nach den städtischen Zielvorgaben hinsichtlich sozialer, ökologischer und verkehrlicher Komponenten“ errichten soll.
Dreieich: Grünen kritisieren Bauprojekt Oberwiesen – „Greenwashing ist mit uns nicht zu machen“
Von den Befürwortern meldet sich nur die FDP zu Wort. „Wir stimmen mit Bauchweh zu“, sagt Fraktionschef Alexander Kowalski. Positiv bewertet er, dass die DreieichBau auf einem Teil des Geländes geförderten Wohnungsbau betreiben kann. „Solche Chancen werden nicht mehr oft kommen“, meint Kowalski. Dafür schlucke seine Fraktion die Kröte, dass am Stadtrand „Riesenklötze“ entstünden. „Das wollten wir eigentlich nicht mehr.“ Auch die Verkehrsanbindung sei verbesserungswürdig.
Die Grünen, die zuletzt im Haupt- und Finanzausschuss vehement ihre Ablehnung bekundet hatten, verzichten auf einen Redebeitrag, legen aber mit einer Pressemitteilung nach. „Das Bauprojekt genügt nicht unseren Anforderungen an eine sozial gerechte und umwelt- und naturverträgliche Planung. Greenwashing ist mit uns nicht zu machen“, so die Fraktionssprecher Linda Hein und Roland Kreyscher.
Umstrittenes Bauprojekt in Dreieich: Naturschutzgebiet in „unmittelbarer Nähe“
Die Grünen hätten sich gewünscht, dass Stadt und DreieichBau das Projekt an sich gezogen hätten, um selbst ein bedarfs- und umweltgerechtes Bauprojekt zu entwickeln. „Es war und ist ein Fehler, stattdessen einen städtebaulichen Vertrag mit der Oberwiesen GmbH zu schließen. Die Chance, mehr geförderten Wohnungsbau zu realisieren, wurde vertan“, kritisiert Kreyscher. Nun würden gerade mal 18 Prozent der Wohnflächen sozialverträglich bebaut, statt mindestens 30, wie von seiner Fraktion gefordert. Statt das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen, werde die Stadt von Investoren getrieben.
Ihre Ablehnung machen die Grünen exemplarisch an zwei Punkten fest. „In unmittelbarer Nähe zum Bauprojekt liegt ein Naturschutzgebiet. Durch die Anlage von Tiefgaragen werden wichtige Erd-Ton-Schichten zerschnitten. Hier kann es zu schweren Folgen beim Wasserhaushalt im geschützten Gebiet kommen – an heißen Tagen wie diesen sind feuchte Naturschutzgebiete aber wichtig, auch für die Abkühlung der Sprendlinger Innenstadt. Mit dem Bau in dieser Weise befürchten wir einen schleichenden Tod des Naturschutzgebiets“, führt Linda Hein aus. „Fassungslos“ nehme man zur Kenntnis, dass ein hydrologisches Gutachten eine Beeinflussung des Naturschutzgebiets für ausgeschlossen halte. Der Vorhabenträger müsse dringend nachbessern: „Ein paar Nisthilfen genügen nicht.“ Der Verzicht auf Tiefgaragen könne nach Ansicht der Grünen Abhilfe schaffen.
Kritik am Bebauungsplan in Dreieich: „Mit den Nachbarn wenig bis gar nicht kommuniziert“
Die geplante Riegelbebauung werde den künftigen Bewohnern zwar einen gewissen Lärmschutz bieten, klimatisch gesehen schotte sie jedoch den Stadtteil von der Frisch- und Kaltluft aus den Oberwiesen ab, ist sich Kreyscher sicher. Der Umweltbericht zum Bebauungsplan komme hingegen lapidar zu dem Schluss, dass die kleinklimatischen Auswirkungen der Riegelbebauung nur „gering“ seien.
Kritik übt die Fraktion auch am Umgang mit den unmittelbar Betroffenen. „Mit den Nachbarn wurde wenig bis gar nicht kommuniziert, geschweige denn, dass sie vom Vorhabenträger bei der Entwicklung des Geländes mit ins Boot genommen wurden“, moniert Kreyscher. (fm)
In Babenhausen ist unterdessen ein Mega-Bauprojekt geplant: 139 frei stehende Einfamilienhäuser sollen dort entstehen.