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Radverkehrsbeauftragter in Dreieich zieht Bilanz

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Von: Frank Mahn

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Dieter Fröhlich
Dieter Fröhlich © -privat

Seit fünf Jahren ist Dieter Fröhlich ehrenamtlicher Radverkehrsbeauftragter der Stadt. Das gibt ihm die Gelegenheit, in einem Interview Bilanz zu ziehen.

Dreieich - Der 73-Jährige ist gebürtiger Hamburger, lebt aber seit mehr als 40 Jahren in Dreieich. Er ist keiner, der das Auto verdammt, aber sehr genau abwägt, welches Verkehrsmittel er für welchen Zweck wählt. Im Jahr ist Fröhlich zwischen 3 000 und 10 000 Kilometern mit dem Rad unterwegs.

Herr Fröhlich, was war Ihr bislang schönstes Erlebnis als ehrenamtlicher Radverkehrsbeauftragter?

Wer sich entschließt, die Förderung des Radverkehrs zu seinem Hobby zu machen, sollte wissen, dass Erfolgserlebnisse nicht reihenweise auf einen warten. Sehr gefreut hat mich damals die Entscheidung der Stadt, überhaupt die Position eines Radverkehrsbeauftragten zu besetzen, auch wenn es „nur“ ehrenamtlich ist. Dass ich es als Erster wurde, freut mich doppelt, ist es doch ein enormer Vertrauensbeweis.

Und noch etwas hat mir gut gefallen. Das waren die Einladungen verschiedener Institutionen, das Konzept des Dreieicher Runden Tisches Radverkehr und seine Arbeitsweise bei Veranstaltungen vorzustellen, zum Beispiel beim Radforum des Regionalverbands FrankfurtRheinMain. Das zeigt mir, dass andere nach Dreieich schauen und die Stadt auf einem guten Weg zu sein scheint.

Die meisten Menschen sind ja beides – Rad- und Autofahrer. Und auch Fußgänger. Dennoch kommt es im Straßenverkehr zu vielen Spannungen und Konflikten. Fehlt uns die Fähigkeit, die Perspektive zu wechseln und uns in die Rolle des anderen zu versetzen?

Ja, ich denke, wir nehmen schnell, abhängig von der jeweiligen Mobilitätsform, eine bestimmte Rolle ein und vergessen dabei, dass es auch andere gibt. Beispiel: Ängstliche Radler flüchten vor den Autos auf den Gehweg und vergessen dabei, dass nun sie selbst zur Gefahr für Fußgänger werden. Fußgänger laufen auf dem Radweg – vielleicht weil dieser eine bessere Oberfläche hat – und zwingen die Radler zum Ausweichen. Autos werden auf Fahrrad- oder Schutzstreifen geparkt, wodurch Radler sich in den fließenden Kfz-Verkehr einsortieren müssen. Radler fahren in der Dunkelheit ohne Beleuchtung und vergessen, dass sie von Autofahrern viel zu spät gesehen werden. Nicht darüber nachzudenken, wie mein eigenes Verhalten auf andere wirkt, finden wir aber nicht nur im Straßenverkehr.

Man kann nicht sagen, dass sich in Dreieich in den vergangenen Jahren in Sachen Radverkehr nichts getan hat. Exemplarisch sei die Fahrradstraße zwischen Buchschlag und Sprendlingen genannt. Wo sehen Sie in Dreieich die größten Defizite? Was müsste sich nach Ihrer Ansicht schnell ändern?

Stimmt, in Dreieich ist einiges passiert. Sie erwähnen die Fahrradstraße, aber oft sind es kleine Maßnahmen, die die tägliche Fahrt mit dem Rad erleichtern, wie die Entfernung eines Drängelgitters. Wo früher Umwege mit dem Lastenrad gefahren mussten, geht es jetzt locker geradeaus.

Die stetige Zunahme des Radverkehrs erfordert eine angepasste Infrastruktur. Damit meine ich nicht den Raddirektweg zwischen Darmstadt und Frankfurt, sondern ein Radroutennetz für den Alltags-Radverkehr. Wichtig sind Radwege, auf denen Menschen sicher und zügig ihre Ziele innerhalb aller fünf Stadtteile und zwischen ihnen unterwegs sein können. Einen professionellen Entwurf für ein solches Netz hat der ADFC Dreieich kürzlich vorgelegt. Nun fehlt die politische Entscheidung, es zügig umzusetzen.

Schnell ändern könnte sich die Sicherheit für Radler, wenn Kfz nicht länger auf Radwegen, Rad- und Schutzstreifen geparkt würden. Hier erwarte ich, dass der neue Bußgeldkatalog Wirkung zeigt.

Die Entfernung des Drängelgitters nahe der früheren Schillerschule hat Wellen geschlagen, auch weil dort viele Schüler mit dem Fahrrad unterwegs sind. Kritiker fürchteten einen Unfallschwerpunkt, weil die Verlockung für Radfahrer groß sei, von der Vogtei kommend mehr oder weniger ungebremst über die Gartenstraße zu rauschen. Und das alles für wenige Lastenräder. Wie hat sich die Situation an diesem neuralgischen Punkt aus Ihrer Sicht entwickelt?

Auf ihrem Weg zur Schule müssen Kinder auch andere Stellen passieren, die nicht mit einem Drängelgitter „gesichert“ sind. Dort wie hier müssen sie die Verkehrsregeln beachten. Das lernen sie im Verkehrsunterricht. Soweit mir bekannt ist, kam es seit Entfernung der Umlaufsperre an der Vogtei – wie in den Jahren zuvor – zu keinem Verkehrsunfall. Es wurden zusätzliche Verkehrszeichen aufgestellt und eine Sperrfläche markiert, damit hier keine Autos parken, die die Sicht behindern können. Die Ordnungspolizei beobachtet die Situation. Bei Bedarf würden weitere Maßnahmen ergriffen, die allerdings nicht den Radverkehr behindern sollten, sondern den Kfz-Verkehr, denn es handelt sich hier um eine wichtige Verbindung für den Radverkehr ganz allgemein, nicht nur für Lastenräder oder für Schülerinnen und Schüler.

Sie haben den Radschnellweg zwischen Darmstadt und Frankfurt angesprochen. Kein anderes Fahrradthema wurde in den vergangenen Monaten in Dreieich so emotional und kontrovers diskutiert. Sie sind ja nicht nur ehrenamtlicher Radverkehrsbeauftragter der Stadt, sondern auch Pressesprecher des ADFC. Sind Sie immer noch der Meinung, dass die sogenannte Beule die beste Lösung ist? Es gibt ja inzwischen eine ganze Reihe von Alternativrouten, die durch Buchschlag führen.

Die Bürgerbeteiligung wurde wohl rege genutzt und ich bin gespannt, welche Schlüsse die Planer aus den Kommentaren ziehen, welche Varianten in die engere Wahl kommen und wie demnächst im Hessischen Landtag die Änderung des Bannwaldgesetzes ausfallen wird.

Was die sogenannte Beule angeht, hat der ADFC Dreieich nie von der besten Lösung gesprochen, sondern von der am wenigsten schlechten von allen schlechten Möglichkeiten. Als der ADFC damals die Aufgabe übernahm, die beiden bereits beschlossenen Anschlusspunkte nach Langen und Neu-Isenburg miteinander zu verbinden, lautete die Vorgabe unter anderem, östlich der Bahnlinie zu bleiben. So kam es zu der Beule, von der einige Abschnitte seit vielen Jahren wichtige Routen des alltäglichen Radverkehrs sind. Sie sind Bestandteil des Radhauptnetzes RheinMain. Das wird meistens nur durch die Radwegweisung deutlich. Die Bedingungen für den Radverkehr auf diesen Routen, also die Sicherheit der Radfahrenden und der Fahrkomfort, lassen hingegen zu wünschen übrig. Durch weitere Fahrradstraßen hätten Radler dort mehr Rechte und könnten sich sicherer fühlen.

Das Interview führte Frank Mahn.

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