Ricarda-Huch-Schule: Nachfahrin von Heinrich Himmler diskutiert mit Jugendlichen

Besonderer Gast am Ricarda-Huch-Gymnasium: Politikwissenschaftlerin Katrin Himmler, eine Nachfahrin von Heinrich Himmler, spricht mit den Schülern über die Neue Rechte.
Dreieich – Wie es sich auf das eigene Leben auswirkt, wenn der Großonkel ein Massenmörder war, darüber konnten sich Schülerinnen und Schüler des Ricarda-Huch-Gymnasiums am Mittwochvormittag in der Sprendlinger Stadtbücherei aus erster Hand informieren. Im Rahmen des Geschichtsunterrichts der Jahrgangsstufe zwölf hatte Lehrerin Myriam Andres einen besonderen Gast für eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung gewinnen können.
Die Neue Rechte und deren Parallelen zum Nationalsozialismus näher zu beleuchten war das Thema – Referentin war die Politikwissenschaftlerin Katrin Himmler, die sich nicht nur seit vielen Jahren beruflich mit der Materie auseinandersetzt, sondern auch einen familiären Bezug in die Führungsriege des Dritten Reiches hat, war doch der Bruder ihres Großvaters der NS-Verbrecher Heinrich Himmler, der maßgeblichen Anteil an der Organisation der nationalsozialistischen Mordmaschinerie hatte, der Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Viel weniger als erwartet sei sie in früheren Jahren auf ihren Nachnamen angesprochen worden, sagt Himmler. Geändert habe sich dies freilich, als sie als Autorin aktiv wurde und an einem Dokumentarfilm über die Nachkommen von Nazi-Größen mitwirkte. Da habe es dann schon mal Beschimpfungen und Bedrohungen durch Neo-Nazis gegeben, sagt sie, aber auch Heiratsanträge. „Einige von denen haben anscheinend gar nicht verstanden, dass ich nicht auf ihrer Seite bin.“
Und so ist es auch Himmlers Anliegen, wachsam zu sein gegenüber rechten Tendenzen in der Gesellschaft. Neben den Extremisten bereitet ihr besondere Sorge, dass sich populistische Schriften, beispielsweise Bücher von Thilo Sarrazin, immer noch großer Beliebtheit in Teilen der Bevölkerung erfreuen. „Das sind sehr gefährliche Giftspritzen“, so Himmler.
Hoffnung macht ihr, dass es in der heutigen bundesdeutschen Gesellschaft eine wesentlich gefestigtere demokratische Tradition gibt, als das in der Weimarer Republik der Fall war, und, ganz aktuell, dass Entwicklungen wie der Wechsel an der Spitze des Bundesinnenministeriums oder der vor vier Jahren erfolgte Wechsel an der Spitze des Verfassungsschutzes einen positiven Einfluss auf die Eindämmung des Rechtsextremismus haben könnten.
„Die Jugendlichen sind an dem Thema sehr interessiert und haben sich gut vorbereitet“, konstatiert Lehrerin Myriam Andres. So reiht sich im Diskussionsteil der Veranstaltung auch Schülerfrage an Schülerfrage aus den Reihen der rund 100 Jugendlichen. Nicht wenige davon beziehen sich auf die Familiengeschichte von Katrin Himmler. Zu den direkten Nachkommen des Massenmörders hat sie allerdings schon lange keine Verbindung mehr. Da sich Heinrich Himmlers 2018 gestorbene Tochter Gudrun zeitlebens nicht von der Nazi-Ideologie distanzierte, beendete Katrin Himmlers Familie den Kontakt. (Marc Strohfeldt)