Schlagabtausch vor Verabschiedung des Dreieicher Etats

Ausgewogen und angemessen oder ohne Antworten zum Klimaschutz und der verschlechterten Finanzlage. Sehr unterschiedlich bewerten die Koalition aus CDU, SPD und FWG auf der einen sowie die Opposition aus Grünen, FDP und BfD auf der anderen Seite den Haushalt 2023 bei der Sitzung der Dreieicher Stadtverordneten am Montagabend im Bürgerhaus. Mit den Stimmen der Koalition wird das Zahlenwerk mit einem Volumen von 129 Millionen verabschiedet. Das Minus von rund 5,2 Millionen soll durch Rücklagen ausgeglichen werden.
Dreieich - Zu Beginn lobt Stadtverordnetenvorsteherin Bettina Schmitt (CDU) die Arbeit und das konstruktive Miteinander in dem Gremium. Doch harmonisch verläuft die Sitzung nicht. Intensiv wird um einzelne Aspekte gerungen.
„Niemand kann in die Zukunft blicken“, meint CDU-Fraktionschef Hartmut Honka, der die geplanten Vorhaben verteidigt. „Ja, wir wollen und müssen investieren – beispielsweise in die Sanierung von Straßen oder in den Kauf von Containern beziehungsweise Immobilien, um Flüchtlinge unterzubringen.“ Dabei würden Rücklagen gesenkt und auch Kredite aufgenommen. Doch das bedeute auch, dass es zum Jahresende noch Rücklagen von fast 26 Millionen gebe. Diese sollten gezielt für die notwendigen Investitionen genutzt werden. Es wäre falsch, das nicht zu tun.
Kein gutes Haar am Etat lassen die Grünen, die ihre Haushaltsrede gedrittelt haben. Kevin Knecht kritisiert im Sozialbereich, dass es nicht schnell genug gehe bei der Anwerbung neuer Erzieher und Erzieherinnen. Zudem sieht er einen Investitionsstau in der Vereinslandschaft und nennt den schlechten Zustand des Funktionsgebäude in der Maybachstraße. Der Umgang der Koalition mit dem Antrag der Grünen zur Bezuschussung der Langener Tafel und der Neu-Isenburger Speisekammer sei ein Schlag ins Gesicht aller Betroffenen. Siegfried Wirth bemängelt die fehlenden Antworten in Sachen Klimaschutz und -anpassung. Die Prioritäten seien nicht richtig gesetzt. Und Roland Kreyscher vermisst die fehlenden Vorschläge angesichts der Finanzmisere und der wieder steigenden Verschuldung. Von der Koalition sei da nichts gekommen. Die Grünen wollten dagegen vergeblich Projekte verschieben, um den Etat zu entlasten.
Holger Dechert (SPD) möchte das so nicht stehen lassen. Mit der letzten Grundsteuererhöhung 2015 habe es das Versprechen gegeben, den Sanierungsstau bei den Straßen abzubauen. Angesichts der von den Grünen geforderten Verschiebung glaubt er nicht, dass die Baukosten in den nächsten Jahren sinken werden. Zum Thema Klimaschutz verweist er auf den im ersten Quartal 2022 beschlossenen umfangreichen Maßnahmenkatalog. Von einem verlorenen Jahr könne da keine Rede sein. In Sachen Vereinsförderung betont er die Notwendigkeit des Kunstrasens bei der SG Götzenhain, der von den Grünen abgelehnt wurde, und nennt Investitionen der DreieichBau in das Funktionsgebäude an der Maybachstraße. Wichtig ist der SPD, das sozialpolitische Angebot der Stadt zu erhalten und auszubauen.
Alexander Kowalski (FDP) konzentriert sich auf die Finanzsituation. Die Koalition habe in ihrer Vereinbarung einen ausgeglichenen Etat versprochen, von dem man weit entfernt sei. Er spricht von Geldverschwendung in Bezug auf den geplanten Kreisel an der Koberstädter Straße (siehe Kasten). Hinzu komme, dass das Defizit der Stadt durch externe Vorgaben durch Kreis, Land, Bund und EU weiter steige. Die Kommunen würden mit immer neuen Aufgaben belastet. Das wäre Anlass für eine Klage durch die Betroffenen.
Marco Lang (FWG) zeigt sich insgesamt zufrieden. Seine Fraktion halte Investitionen in die Infrastruktur auch in der Krisenzeit für geboten. Es sei damit zu rechnen, dass es in den nächsten Jahren nicht besser werde. Wichtig sei, das Potenzial interkommunaler Zusammenarbeit weiter auszuschöpfen. Er begrüßt das weitere Jahr ohne Grundsteuererhöhung. Allerdings sitze die „finanzielle Hose schon verdammt eng“.
Natascha Bingenheimer (BfD) bedauert, dass die politische Kultur in Dreieich gelitten habe. Das zeige sich an der mangelnden Bereitschaft der Koalition, auch Anträge der Opposition anzunehmen. Angesicht der Finanzsituation sei es nicht falsch, Investitionen zu verteuerten Kreiseln oder Kunstrasenplätzen auf den Prüfstand zu stellen. Andere Dinge wie eine ökologische Verkehrsinfrastruktur oder eine nachhaltige Stadtentwicklung würden stiefmütterlich behandelt.
Im Nachgang will Bürgermeister Martin Burlon die Aussage nicht unkommentiert lassen, die Stadt tue nichts für die Vereine. Er nennt den Erhalt und den Neubau von Kunstrasenplätzen, der von den Grünen zumindest geschoben werden sollte. Zudem gebe es eine hohe fünfstellige Summe zur Sanierung der Dusch- und Sanitärbereiche im Umkleidegebäude Rheinstraße in Götzenhain sowie die bewährte Vereinsförderung.
Geplanter Kreisel im Fokus
Als Beispiel für die Geldverschwendung nennt die Opposition den geplanten Kreisel an der Koberstädter Straße, dessen Kosten auf 1,2 Millionen Euro geschätzt werden. Deshalb ist der FDP-Antrag, andere Möglichkeiten für mehr Verkehrssicherheit dort zu prüfen, auch der einzige, der in der Sitzung am Montag zur Sprache kommt. Holger Dechert (SPD) betont, dass es seiner Partei ein großes Anliegen sei, dort für mehr Sicherheit zu sorgen. Im kommenden Jahr würden dazu zwei Varianten vorgestellt. Dann falle eine Entscheidung. Hartmut Honka (CDU) erinnert daran, dass die Stadtverordneten einen Beschluss dazu gefasst hätten. Was nach der Präsentation der Versionen passiere, stehe noch nicht fest. Grüne, FDP und BfD wollen das so nicht stehen lassen. Eine Verbesserung sei auch billiger zu haben. Die Koalition will die Varianten abwarten und lehnt den Antrag ab.
Von Holger Klemm