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Schonende Diagnostik für die Hainer Burg

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Von: Nicole Jost

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Die Burgmauer wird mit elektromagnetischen Wellen untersucht: Geophysiker Markus Hübner sieht sich die Daten aus dem Radargerät am Laptop an.
Die Burgmauer wird mit elektromagnetischen Wellen untersucht: Geophysiker Markus Hübner sieht sich die Daten aus dem Radargerät am Laptop an. © - Strohfeldt

Die Hebebühne fährt zum höchsten Punkt der Burgmauer hinauf. Hier in rund 12,5 Metern über dem Burggarten in Dreieichenhain hält ein Helfer ein gut fünf Kilo schweres Radargerät direkt auf die Oberfläche der tausend Jahre alten Steine. Mit Hilfe der Sensoren werden elektromagnetische Wellen mit hochauflösenden zwei Gigahertz in das alte Gemäuer gesendet.

Dreieichenhain - Auf dem Bildschirm des Laptops am Fuße der Burgmauer entstehen grüne, wellenförmige Diagramme, die die Daten der Steine bis zu einer Tiefe von gut einem Meter zeigen. „Das ist ein gutes Zeichen“, kann Fachfrau Dr. Gabriele Patitz mit einem Blick erkennen. „Je bunter das Diagramm wird, desto mehr Reflektionen gibt es im Mauerwerk, die auf Beschädigungen oder Hohlräume hindeuten könnten“, erläutert die Bauingenieurin aus Karlsruhe, die mit ihrem Untersuchungsverfahren eine flächendeckende Erkundung historischer Gemäuer ermöglicht.

Der Dreieichenhainer Geschichts- und Heimatverein möchte wissen: Wie standfest ist die Mauer der Turmburg aus der ersten Hälfte des elften Jahrhunderts? Übrigens die einzige, die es in ganz Deutschland in dieser Höhe und in dem Zustand aus der Zeit der Salier überhaupt noch gibt. Hat die Mauer, die aus zwei Außenschalen aus gemauertem Sandstein und einem Kern besteht, an irgendeiner Stelle Beschädigungen, die auf lange Sicht Probleme bereiten könnten?

Eineinhalb Tage untersucht Dr. Gabriele Patitz gemeinsam mit dem Geophysiker Markus Hübner die 280 Quadratmeter im Detail. Sie haben die alten Sandsteine in eine Art Raster eingeteilt und das Radargerät fährt die komplette Fläche in einer ersten Untersuchung von oben nach unten in Bahnen ab. Alle 33 Zentimeter gibt es eine neue Aufnahme. Bei einer zweiten Untersuchung werden die Schritte mit einem Abstand von einem Meter größer, das Radargerät mit 400 Gigahertz kann dann die Mauer dabei deutlich tiefer bis in die Innenfüllung erreichen.

Bei der Auswertung des rund 8 000 Euro teuren Gutachtens, das Ende April vorliegen wird, bekommt der Verein beide Messungen grafisch übereinandergelegt auf ein sogenanntes Ortho-Foto der Mauer, so können etwaige Schäden genau lokalisiert werden. „Wir bekommen ein Ergebnis, ohne ein denkmalgeschütztes Gebäude durch Bohrungen in einen Schweizer Käse zu verwandeln“, sagt Patitz, die auch Vorsitzende des Beirats für Denkmalerhaltung in der Deutschen Burgenvereinigung ist. Allerdings, so betont die Bauingenieurin, die auch schon das Schloss Neuschwanstein auf diese Weise untersucht hat, arbeite sie „zerstörungsarm“ und nicht „zerstörungsfrei“: „Es kann sein, dass aufgrund unserer Untersuchung an einzelnen Stellen trotzdem gebohrt werden muss. Aber viele Objekte können wir aufgrund unserer Berufserfahrung ohne Bohrung bewerten“, sagt die Expertin.

Patitz schätzt die Herangehensweise des Geschichts- und Heimatvereins: Viele Eigentümer beginnen mit der Sanierung von historischen Gebäuden, ohne sie zuvor ordentlich zu untersuchen. Dabei entstünden oftmals deutlich höhere Kosten, weil dann eingebrachte Füllungen einfach davonlaufen, weil es undichte Stellen oder Hohlräume in dem historischen Mauerwerk gibt. Auf den ersten Blick beurteilt sie die Turmwand von Dreieichenhain als „in sehr gutem Zustand und gut gepflegt.“ „Ich habe manchmal Untersuchungen, bei denen ich sagen muss, sperren sie die Wand ab. Das erwarten wir hier nicht.“

Das dürfte die Verantwortlichen im Verein beruhigen. „Grundsätzlich wollen wir mit dieser Untersuchung zum einen die Standsicherheit der alten Mauer überprüfen, zum anderen aber auch ein Monitoring für das Burggelände beginnen, damit wir Planungssicherheit für die kommenden Jahre haben – auch, um Kosten kalkulieren zu können“, sagt GHV-Vorstandsmitglied Professor Frank Oppermann.

Von Nicole Jost

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