Dreieicher Oberstufenschüler diskutieren mit Abgeordneten

Wann haben Schüler schon mal die Gelegenheit, in kleiner Runde und auf Augenhöhe mit Landtagspolitikern zu diskutieren – über Themen, die sie brennend interessieren? Der Leistungs- und der Grundkurs Politik und Wirtschaft des Abiturjahrgangs der Dreieicher Ricarda-Huch-Schule haben fünf Vertreter aus dem hessischen Landtag für das Projekt „Dialog p“ zu Gast.
Dreieich - „Es ist der Gegenentwurf zu einer großen Podiumsdiskussion“, erklärt der verantwortliche Lehrer Jens Hoffmann. „Es ist eine Art Speed-Dating zwischen Schülern und Politikern.“ Ulrike Alex (SPD), Hartmut Honka (CDU), Katy Walther (Grüne), René Rock (FDP) und Bernd Vohl (AfD) stellen sich den Fragestellungen aus sechs Themengebieten, die die Schüler im Unterricht entwickelt und thematisch erarbeitet haben.
Zehn Minuten haben die Landtagsabgeordneten Zeit, ihre Meinung und die ihrer Fraktion in Kleingruppen zu erläutern und mit den Schülern zu diskutieren, um dann zur nächsten Frage und Gruppe zu wechseln. Im Anschluss werden die Pro- und Contra-Argumente vorgetragen und mit den Schülern, Lehrern und Politikern abgestimmt. Gut auf ihr jeweiliges Thema vorbereitet, gehen die Gymnasiasten in die Gespräche.
Eine der Fragen ist, ob die hessische Polizei strukturell rassistisch sei? „Es sind Menschen in Uniform, aber sie sind Individuen und es ist wichtig, nicht zu generalisieren“, betont Katy Walther. Sie führt aus, dass es elementar ist, bei Verdacht und konkreten Vorfällen genau hinzuschauen: „Dafür gibt es den unabhängigen Polizeibeauftragten. Bei ihm können Bürger, aber auch Polizisten, Vorfälle bei einer neutralen Anlaufstelle melden.“ Auch Anti-Rassismus-Schulungen und eine vielfältige Besetzung der Polizei seien wichtig.
Eine emotionale Diskussion entbrennt zwischen den Schülern und AfD-Politiker Bernd Vohl über die „Klimakleber“ und die Frage, ob die Letzte Generation eine legitime Form von Protest wählt. Vohl erklärt, dass Deutschland im Vergleich zu Indien, den USA oder China viel für den Klimaschutz tue. „Glauben Sie, dass wir schneller vorankommen, nur weil sich ein paar Leute auf der Straße festkleben?“, fragt er die jungen Leute. Eine Schülerin kontert: „Es hat in der Geschichte oft zivilen Widerstand gebraucht, um Veränderungen zu bewirken. Es geht schließlich um unsere Zukunft!“
Weitere Themen sind Ethikunterricht für alle statt Religionsunterricht, ein Verbot der Silvesterböller, die Frage, ob Politik die Milch- und Fleischindustrie strenger regulieren sollte und ob der Handel mit China und anderen Ländern, die sich nicht an Menschenrechte halten, aus- oder fortgesetzt werden sollte.
Die Abstimmungen verlaufen in einigen Fragen deutlich: Große Mehrheiten gibt es für das Böllerverbot und eine stärkere Regulierung der Milch- und Fleischindustrie, 20 von 34 Stimmen halten die „Klimakleber“ für eine legitime Form von Protest. 22 Jungwähler wollen die Abschaffung des Religionsunterrichts, 21 halten die hessische Polizei nicht für strukturell rassistisch. Die Politiker sind überzeugt von dem Konzept: „Die Schüler sind sehr gut vorbereitet und konnten ihre Meinung gut vertreten“, lobt Ulrika Alex. Für René Rock sind die Gespräche auf Augenhöhe ein Gewinn. „Es war spannend, die Argumente der Schüler zu hören und es hat Spaß gemacht.“
Von Nicole Jost
