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Sprendlinger Sprachschatz gehoben

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Von: Frank Mahn

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Am Wort Garten zeigt sich, dass es keine gemeinsame Mundart der Stadtteile gibt.
Am Wort Garten zeigt sich, dass es keine gemeinsame Mundart der Stadtteile gibt. © jost

Wissen Sie, was ein „Häbrengbrääd“ oder ein „Mugger“ ist? Alte Sprendlinger kennen die Ausdrücke vielleicht. Ersteres ist ein Tablet, der zweite Begriff bezeichnet eine heuchlerische Person. Zu finden sind sie in einem 250 Seiten starken „Wörterbuch zur Sprendlinger Mundart“, das seit Kurzem auch im Handel ist.

Dreieich - Es ist ein heimatgeschichtlicher Schatz, den Wilhelm Schäfer da gehoben hat. Der Sprendlinger ist seit knapp fünf Jahren ehrenamtlicher Mitarbeiter des Stadtarchivs an der Seite von Stadtarchivar Reinhard Pitterling. Die beiden bekamen im Oktober Besuch von Ralph und Jacqueline Neubecker. Mitgebracht hatten sie die handschriftliche Mundartsammlung aus dem Nachlass ihres verstorbenen Vaters Dr. Fred Neubecker. Nach der ersten Durchsicht war klar: Die Sammlung hat es verdient, das Licht der Öffentlichkeit zu erblicken statt nur im Archiv aufbewahrt zu werden.

Er habe deshalb beschlossen, die Sammlung aufzubereiten und zu veröffentlichen, erzählt Wilhelm Schäfer, der seit 65 Jahren in Sprendlingen lebt – lediglich die ersten sieben Tage nach seiner Geburt verbrachte er in Sachsenhausen. Bei der Nachbearbeitung hielt Schäfer sich strikt an die Vorlage Neubeckers. Ob dieser die umfangreiche Sammlung allein oder mit Freunden erstellte, ist nicht bekannt. „Die Umgangssprache war eher deftig und derb, aber der Umgangston wurde nicht als beleidigend angesehen“, so Schäfer im Vorwort.

Wenn von Sprendlingen und den früher selbstständigen Gemeinden Dreieichs die Rede war, hörte sich das so an: Buchschloach, Hoa, Gedsehoa, Offedaal und Schbrenlenge oder Schprenlenge. Am Beispiel des Wortes Garten zeigt sich, dass es keine gemeinsame Mundart gibt: Garten (Buchschlag), Gaarde (Dreieichenhain), Gaade (Götzenhain), Goorde (Offenthal) und Goarde (Sprendlingen).

Schäfer hat’s vorsichtig angehen lassen und zunächst nur 50 Exemplare drucken lassen. Sie sind übers Stadtarchiv so gut wie alle weg. Die Resonanz sei sehr positiv, sagt Schäfer, der diverse Mails von Lesern erhalten hat. „Ist sehr umfangreich und hat alles, was ein Wörterbuch haben sollte“, schrieb ein Käufer. „Mein Sohn hat das Buch gleich mal stibitzt und sich wichtige Kraftausdrücke notiert“, schrieb ein anderer. Außerdem wolle der Junior das Buch für eine Buchvorstellung in der Schule verwenden. Seine Mutter als Deutschlehrerin sei davon nicht so sehr begeistert. Nicht alle Schimpfwörter kommen so liebevoll daher wie „Dräggschbatz“ (Dreckspatz) oder „Haonneboambel“ (Schlafmütze).

Lieblingswörter habe er nicht, sagt Schäfer. Aber mit Blick auf die Witterung der vergangenen Tage fallen ihm spontan zwei passende ein: saaschnass (durchgenässt) und batschsaschenass (komplett durchgeweicht).

Wer sich für Sprendlinger Mundart interessiert, kann das Buch bei „Gut gegen Nordwind“ in der Hauptstraße 84 kaufen. Es kostet sechs Euro.

Von Frank Mahn

Wilhelm Schäfer
Wilhelm Schäfer © -

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