Stadtwerke Dreieich bieten ein Stück Sicherheit in unsicheren Zeiten
Das Gebot der Stunde lautet: sparen, sparen, sparen! „Wir kommen durch den Winter, aber mit Einschränkungen. So, wie wir es gewohnt sind, geht’s nicht“, sagt Steffen Arta bei der Vorstellung des Dreieicher Stadtwerke-Geschäftsberichts für 2021. Der fällt im Vergleich zum Vorjahr besser aus und liegt mit einem Betriebsergebnis von 5,7 Millionen Euro auch über Plan. Aber in diesen unsicheren Zeit hält sich die Freude des Geschäftsführers darüber arg in Grenzen.
Dreieich - Was sich positiv auf die Bilanz ausgewirkt hat, ist ein Faktor, auf den das Unternehmen keinen Einfluss hat: ein langer und kalter Winter mit einer Heizperiode bis in den Mai und entsprechend höherem Gasabsatz. Ein ähnlich strenger Winter 22/23 könnte in Hinblick auf die Versorgungssicherheit schwerwiegende Folgen haben, zumal die Gasanschlussdichte in Dreieich mit 80 Prozent sehr hoch ist. Der Absatz beim Gas ist extrem schwankend, weil temperaturabhängig.
Die Lage sei noch nie so ernst gewesen, sagt Arta und ergänzt: „Alle sind aufgerufen, so viel Strom, Gas und Wärme einzusparen wie irgend möglich, damit die Gasspeicher vor Beginn der Heizperiode möglichst voll werden. Das würde Deutschland extrem helfen, einigermaßen gut über den nächsten Winter zu kommen.“ Viel hängt davon ab, ob und wann wieder Gas aus Russland durch die Pipeline Nord Stream 1 strömt. Nicht nur Politiker fürchten, dass Kremlchef Putin den Hahn auch nach dem für morgen vorgesehenen Wartungsende nicht wieder aufdreht – und die Energiekrise damit weiter verschärft.
Dass die Stadtwerke das vergangene Jahr besser gemeistert haben als manch anderer Versorger, hat nach Artas Worten seine Ursache aber vor allem in der „risikoarmen, langfristigen Beschaffungsstrategie“ für Strom und Gas. Als die Preise ab Herbst an den Energiehandelsplätzen durch die Decke gingen, sei das Unternehmen nicht ins Trudeln geraten. „Das hat uns glücklicherweise nicht belastet, da wir in Chargen einkaufen und damit bereits einige Jahre vor der Belieferung beginnen“, erläutert der Geschäftsführer.
Arta ist nicht gut zu sprechen auf die Billiganbieter, die ihre Kunden „einfach vor die Tür gesetzt haben“, als ihnen die Energie zu teuer wurde. Dabei sei keiner von ihnen insolvent gewesen. In nur fünf Monaten verzeichneten die Stadtwerke als Grundversorger 1 000 neue Privatkunden – eine riesige operative und finanzielle Herausforderung. „Für die Neukunden mussten wir den Gesamtbedarf komplett zu hohen Konditionen einkaufen“, schildert Arta.
Viele Verbraucher legten inzwischen mehr Wert auf Sicherheit und Regionalität bei der Energieversorgung. Der Preis allein sei nicht mehr ausschlaggebendes Kriterium. Diesen Aspekt betont auch Bürgermeister Martin Burlon in seiner Funktion als Aufsichtsratschef. „Manchmal sind die Stadtwerke ein Schippchen teurer, aber dafür bieten sie Sicherheit und Stabilität.“
Aufgrund der jüngsten Entwicklungen führt an Preissteigerungen allerdings kein Weg vorbei. Ab 1. September wird die Grundversorgung beim Gas um 44 Prozent teurer, beim Strom sind es – trotz kurzer Linderung durch die Abschaffung der EEG-Umlage – 40 Prozent. „Unser Appell an die Kunden ist, mit uns Kontakt aufzunehmen und die Abschlagszahlungen anzupassen“, sagt Steffen Arta. „Scharf abgerechnet“ werde erst zum 31. Dezember. Dann würden neue Abschläge festgelegt. Wer rechtzeitig auf die Situation reagiere, könne hohe Nachzahlungen vermeiden, rät der Stadtwerke-Chef. „Wenn wir den aktuellen Zählerstand haben, können wir eine Jahresrechnung simulieren.“ Dafür sei ein Foto des Zählers erforderlich.
Als ob dies nicht schon genug wäre, droht noch von anderer Seite Ungemach: Das Trinkwasser wird knapp. In Spitzenzeiten abends bekommen manche Dreieicher bereits den Druckverlust in ihren Leitungen zu spüren. Dann befüllen im Stadtgebiet einige ihren Pool und viele wässern den Garten. „Der Rasen wird irgendwann von allein wieder grün“, sagt Arta. „Unserer daheim ist schon verbrannt.“ » Angemerkt
Von Frank Mahn