Viel für den Nachwuchs erreicht

Sie ist die Ansprechpartnerin für den Dreieicher Nachwuchs, sie hat das Kinderbüro erschaffen, sie verbreitet seit vielen Jahren die so wichtigen Kinderrechte und hat den Dreieicher Kinderstadtplan entworfen: Nach 43 Jahren als Mitarbeiterin bei der Stadt Dreieich geht Andrea Walter Mitte März in den Ruhestand.
Dreieich - Als junge Frau steigt sie als Erzieherin im Team der Kita Erich-Kästner-Straße bei der Stadt ein. Sie wird stellvertretende Leiterin und Leiterin. „Ich habe diesen Beruf mit großer Leidenschaft und einem tollen Team ausgeübt“, erinnert sie sich gerne zurück. Als sie wegen eines familiären Notfalls ihre Stelle reduzieren will, wird ihr das als Einrichtungsleiterin nicht gestattet.
„Mir wurde dann die Koordinationsstelle kindgerechte Stadt im Rathaus angeboten. Damals hatte die Stadt gerade die Auszeichnung verliehen bekommen und die Stadtverordnetenversammlung wollte diese Arbeit mit der Stelle verstetigt wissen“, berichtet Andrea Walter. Sie ist zunächst gar nicht glücklich: Sie sitzt in ihrem Büro, inmitten von Aktenbergen und ihr fehlen die Kinder. So wird die Idee zum Kinderbüro geboren. Sie schreibt ein Konzept, stellt es dem damaligen Bürgermeister Berthold Olschewsky vor – und stößt damit auf offene Ohren. Die Kindersprechstunde ist aus der Taufe gehoben. „Die erste Protagonistin war ein kleines Mädchen aus Offenthal, die sich eine Reckstange auf dem Spielplatz im Borngarten wünschte“, erinnert sich Andrea Walter mit einem Lächeln. Sie ist natürlich keine „Wunscherfüllungsbörse“. Aber mit der Kooperation der Verwaltung, vielen Unterschriften von anderen Kindern und Eltern gelingt es doch, die ersehnte Reckstange anzuschaffen und sie mit einem Fest einzuweihen.
Der Kinderstadtplan entsteht in der Zusammenarbeit mit zweimal 180 Mädchen und Jungen bei den Sommerferienspielen, bei denen Spielplätze besucht und bewertet wurden. Der Plan erscheint mit der Kennzeichnung von vielen anderen wichtigen Orten im Jahr 2009. „Und plötzlich ist das Thema Kinderrechte aufgeploppt“, erzählt Andrea Walter – ein echtes Herzensprojekt für die Chefin des Kinderbüros. Sie reist nach Berlin, zur damaligen Familienministerin Manuela Schwesig und einer Veranstaltung zu Kinderrechten von der Bundes-SPD. In einer großen Runde ist sie die einzige Frau aus der Praxis. Andrea Walter entwickelt ein Konzept mit Material von Unicef und dem Institut für Menschenrechte, um die Vermittlung von Kinderrechten einzubinden.
Es entstehen Unterrichtseinheiten, die sie an Grundschulen in Dreieich hält und bei denen sie die 42 Artikel der Konvention in zehn Kinderrechten vermittelt. „Die Kinder haben so viel davon. Es entstehen emotionale Momente. Sehr schöne, aber es wird auch die Not von Kindern deutlich“, berichtet Walter, dass es eine gute Vor- und Nachbereitung mit den Pädagogen und manchmal mit Eltern bedarf. „Ich möchte Kinder sensibel machen: Wie geht es anderen Kindern auf dieser Welt“, erklärt Andrea Walter und betont: „Das Gegenteil von Recht ist nicht Pflicht – es ist Unrecht!“
Die Corona-Pandemie bringt eine Bildersammlung von rund 200 Zeichnungen des Nachwuchses unter dem Titel „Corona + ich“ hervor. Die Banner zu den Kinderrechten, die im vergangenen Winter an den Ortseingängen hängen, sind die zunächst letzte große Aktion des Kinderbüros. „Es gibt noch Projekte, die in Arbeit sind. Ein wichtiges Anliegen von mir ist es, Spielräume für die Kinder in der Gegend rund um die Gravenbruchstraße zu schaffen, auch im Neubaugebiet der Ilse-Pohl-Straße in Götzenhain besteht ein Bedarf“, sagt sie. Das wird jetzt die Aufgabe ihrer Nachfolgerin Andrea Ludl sein.
Andrea Walter hat Mitte März ihren letzten Arbeitstag. Dann will sie erst mal ausschlafen, an den Gardasee zum Wandern reisen. „Aber ich bin viel zu umtriebig, um daheim im Garten zu häkeln. Ich werde mir eine schöne Aufgabe suchen“, will sie auch künftig mit Kindern arbeiten.
Von Nicole Jost
