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Weihnachtsausstellung des Dreieich-Museums widmet sich Lametta in allen Facetten

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Von: Nicole Jost

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Der Weihnachtsbaum, wie ihn die Menschen der Gründerzeit liebten: Museumsleiterin Corinna Molitor ist gespannt, ob die Ausstellung Lametta in Dreieich wieder in Mode kommen lässt.
Der Weihnachtsbaum, wie ihn die Menschen der Gründerzeit liebten: Museumsleiterin Corinna Molitor ist gespannt, ob die Ausstellung Lametta in Dreieich wieder in Mode kommen lässt.  © -Jost

Sie sind längst aus der Mode gekommen, aber mehr als hundert Jahre waren die silbernen oder goldenen Metallschnüre an Weihnachten kaum wegzudenken von den festlichen Tannen in den heimischen Wohnzimmern. Mal kühl wie ein Eisregen, mal warm wie goldenes Engelshaar. Lametta hatte zum Fest traditionell seinen glamourösen Auftritt.

Dreieich - Unter dem Titel „Früher war mehr Lametta – Vom Weihnachtsklassiker zum Auslaufmodell“ widmet das Dreieich-Museum im Burggarten dem Christbaumschmuck eine Ausstellung. Natürlich zeigen Leiterin Corinna Molitor und ihr Team nicht einfach nur die Fäden und ihre sehenswerten bunten Verpackungen. Die in Dreieich gut bekannten Weihnachtsfachfrauen aus dem Sauerland, Rita und Judith Breuer, gehen viel tiefer und werfen einen spannenden Blick in die kulturhistorische Entwicklungsgeschichte von Lametta. Der Baumschmuck ist viel mehr als nur ein Metallfaden.

Seinen Ursprung hat er in der „Leonischen Kunst“ in Lyon im 18. Jahrhundert. Damals gab es den Berufsstand der Drahtzieher, die Metallfäden durch immer kleiner werdende Löcher zogen, bis sie feinstes Metallgarn erhielten. „Dieses Garn wurde in der Garderobe für den Adel, den Klerus und das Militär vernäht. In glänzenden Borden oder auch in Troddeln“, erklärt Molitor. 1881 taucht das „Engelshaar“ in Nürnberg auf. Dort werden die Metallfäden erstmals platt gewalzt und zu Baumschmuck verarbeitet. Im Dreieich-Museum sind neben Lametta auch Kugeln, Sterne, Eiszapfen und sogar kleine Luftschiffe zu sehen, die in Heimarbeit am Küchentisch aus den Silberfäden entstanden – vermutlich oftmals gefertigt von Kinderhänden. „Die Verleger kauften das Material ein und verkauften es an die Familien weiter und nahmen später die fertigen Produkte wieder an“, so Molitor.

Im Osten Deutschlands werden Lauscha und Sebnitz zu den Produktionsstätten der Kunst mit den Metallfäden. Dort werden sogar Christbaumspitzen in der leonischen Technik hergestellt. Später gibt es gestanzte Folien, Reste aus der Paillettenproduktion, die zu typisch weihnachtlichen Motiven wie Krippen, aber auch zu kleinsten Schuhen und Handtaschen, die als Christbaumschmuck dienen, verarbeitet werden. Irgendwann haben die Fädenzieher dann aber ausgedient. Staniol kommt ins Spiel.

Die Ware wird nun industriell verarbeitet und damit auch günstiger. Lametta wird massentauglich und ist jetzt vermutlich an Weihnachten in so ziemlich jedem Wohnzimmer in Deutschland zu finden. Die ehemalige DDR muss einen Sonderweg gehen: Staniol ist nicht verfügbar, also müssen die Menschen Aluminium über ihre Tannenzweige hängen. Ein Bild aus der Weihnachtssammlung der Breuers beweist, dass die Alustreifen längst nicht so schön fallen wie das Staniol. Es sieht immer ein bisschen fusselig aus. Und noch eine Besonderheit: Während die Fäden in Westdeutschland waagerecht verpackt sind, werden sie in Ostdeutschland senkrecht verpackt verkauft. So lassen sich die kleinen bunten Päckchen bis heute gut verorten.

Ein Höhepunkt der Ausstellung, die übrigens in Dreichenhain Premiere feiert, ist ein Weihnachtsbaum – geschmückt, wie es in der Gründerzeit zwischen 1870 bis über den Ersten Weltkrieg hinaus groß in Mode war: Ein Traum in Weiß, dicht besetzt mit glänzenden Kugeln und so viel Lametta, wie die Äste tragen können: „Das Lametta wirkt hier fast wie ein Eisregen“, sagt Molitor schmunzelnd. Übrigens: Nach dem Fest wurden die Fäden sorgsam abgehängt, gebügelt und für nächstes Jahr wieder in ihre Verpackung verstaut.

Clou der Schau ist eine Selfie-Station mit Lametta- Baum und Massen von Goldrosé- Folienfäden. Mit diesem Hintergrund kann das weihnachtliche Familienfoto nur gelingen. Das Dreieich-Museum ist mit „Früher war mehr Lametta“ ein spannendes Ausflugsziel in der Weihnachtszeit. Die Geschichte des Weihnachtsschmucks ist überraschend vielseitig. „Die Resonanz der ersten Tage ist großartig. Einige Leute kommen wieder und bringen alte Lametta-Verpackungen mit“, freut sich Molitor über das große Interesse. Die Ausstellung ist bis zum 9. Januar zu sehen, samstags von 14 bis 18 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 18 Uhr.

Von Nicole Jost

Weihnachtsbaumschmuck in Glasschale
Mit den Silberfäden wurde einst auch Christbaumschmuck verziert. Die Kunstschmieden hierfür waren im Osten Deutschlands, in Lauscha und Sebnitz, zu finden. © - Jost

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