Pandemie und Inflation: Gastronomen in der Region leiden massiv

Die Energie- und Lebensmittelpreise in Deutschland steigen drastisch. Die Gastronomen in Dreieich beispielsweise leiden unter der Entwicklung. Ein Überblick.
Dreieich – Die Fahrt an die Tankstelle geht gerade richtig ins Geld. Auch der Einkauf im Supermarkt fällt für den gleichen Betrag deutlich kleiner aus. Wir als Otto Normalverbraucher bekommen die Preissteigerungen im Bereich Energie und Lebensmittel jeden Tag im Portemonnaie zu spüren. Doch welche Folgen hat die ungewöhnlich hohe Teuerungsrate für die Gastronomie? Die Redaktion hat sich im Kreis Offenbach umgehört.
Stergios Kelesis, Chef im Sprendlinger Stadtgeflüster, macht es an einem drastischen Beispiel deutlich: „Am Frittieröl lässt es sich am anschaulichsten erklären. Haben zehn Liter bis vor wenigen Monaten noch zwölf Euro gekostet, bezahle ich jetzt, wenn ich überhaupt welches bekomme, 36 Euro für die gleiche Menge“, sagt der Gastronom. Das sei aber nur die Spitze des Eisbergs. Die Lieferanten nehmen in jüngster Zeit Anfahrpauschalen, weil Dieselkraftstoff so teuer geworden ist. Die Hähnchenbrust ist im Einkauf dreißig Prozent teurer, der Preis für die Eier hat sich verdoppelt und auch die Brauerei habe die Bierpreise angehoben. Diese Kosten ließen sich unmöglich in voller Höhe auf die Kunden umlegen, so Kelesis.
Gastronomie im Kreis Offenbach: Kunden nicht mit hohen Preisen abschrecken
Wie auch die anderen befragten Wirte sagt er, dass die Probleme in der Gastronomie nicht alleine daraus resultierten: „Wir haben ja schon zwei Jahre Krise hinter uns. Wir hatten über Monate wegen Corona geschlossen. Davon haben wir uns längst nicht erholt. Um ein Beispiel zu nennen: Wir hatten Stammgäste, die sich mehrmals in der Woche mit Kollegen bei uns zum Mittagessen getroffen haben. Die habe ich seit zwei Jahren nicht gesehen, weil sie noch immer im Homeoffice arbeiten“, berichtet der Stadtgeflüster-Chef.
Diese Entwicklung bestätigt Boris Jukic, Pächter des Casa Grande am Sprendlinger Bürgerhaus. „Wir haben Sehnsucht nach Kunden, wir wollen sie nicht mit hohen Preisen abschrecken. Es muss endlich mal wieder gefeiert, getrunken, getanzt werden“, wünscht sich Jukic. Er hat den Eindruck, dass die Menschen wegen der Pandemie noch vorsichtig sind. Dazu kommt die höhere finanzielle Belastung der Familien, die es sich dann überlegen, ob sie noch einmal in der Woche essen gehen.
Frust in Dreieich (Kreis Offenbach): „Gastronomie macht gerade keinen Spaß“
Auch der Chef des Casa Grande kämpft mit enormen Preissteigerungen. Seine Lieferanten haben angeregt, ihn nur noch einmal im Monat anzufahren, um die Fahrtkostenpauschale zu sparen. „Damit ist mir kein bisschen geholfen. Mein erstes Ziel ist es, unseren Gästen frische Lebensmittel auf dem Teller zu servieren.“ Das bei seinen Kunden sehr begehrte argentinische Rindfleisch ist doppelt so teuer wie noch vor ein paar Wochen.
In dem Restaurant am Bürgerhaus kommen noch dazu die steigenden Energiepreise unmittelbar zum Tragen: „Wir sind ein großes Haus mit 140 Plätzen. Wenn nur zehn Gäste da sind, läuft hintendran trotzdem die ganze Maschinerie mit den Gasherden, dem Licht, all das verursacht die gleichen Kosten, als wenn alle 140 Plätze besetzt sind.“
Der Gastronom, der seit 2016 in direkter Nachbarschaft zum Bürgerhaus arbeitet, ist frustriert: „Alles was wir in den ersten drei, vier Jahren hier gut gemacht haben, ist in den vergangenen Jahren kaputt gegangen. Gastronomie macht gerade keinen Spaß.“
Dreieich: Gastronomen und ihre Kunden müssen jederzeit flexibel reagieren
Steffi Kurbasa vom Ursprung in Buchschlag sagt, dass sie von Natur aus ein optimistischer und positiver Mensch sei. „Das fällt gerade ein bisschen schwer. Ich bin schon lange in der Gastronomie, aber solch eine extreme Situation habe ich noch nicht erlebt.“ Sie glaubt fest daran, dass sie das Ursprung durchbringen kann, weil sie gute Kunden habe, die derzeit auch flexibel reagieren. „Jetzt ist die Zeit der Feiern und Kommunionen. Ich habe das mit vielen Kunden schon besprochen, wir haben ganze Menüs zusammengestellt, aber uns darauf verständigt, dass wir die Preise erst dann machen, wenn das Fest ansteht, weil sich im Moment einfach nicht kalkulieren lässt, wie es im Juni aussieht“, so Kurbasa.
Die Preissteigerungen in ihrem Restaurant kann sie wie ihre Kollegen nicht voll an die Kunden weitergeben: Ihre Gemüserechnung ist von 600 auf 1200 Euro gestiegen, ein Kalbsschnitzel müsste 32 Euro kosten – das kann man nicht verlangen. Die Leute seien derzeit ohnehin ein bisschen zurückhaltender mit dem Essengehen. Vielleicht müsse das Schnitzel dann ein bisschen kleiner werden. Steffi Kurbasa sagt, sie schaut gerade jeden Tag aufs Neue, wie es klappen kann und ist froh, dass sie so ein engagiertes Team um sich hat, das sie auch während der Pandemie halten konnte.
Steigende Preise und fehlendes Personal: Corona hat in der Gastronomie viel zerstört
Für Thomas Laux, Wirt der Blauen Blume am Lindenplatz in Sprendlingen, sind die steigenden Lebensmittelpreise nur ein Problem. Für ihn fast noch dringlicher ist die Suche nach gutem Personal. „Das gilt für die Mitarbeiter im Service und in der Küche, das ist wirklich schwer. Da ist durch die Pandemie viel verloren gegangen“, berichtet er, dass er mit Blick auf den Sommer bei vollem Garten gerne mit gutem und ausreichend Personal durchstarten möchte. Von den 35 Leuten, die das Arbeitsamt schickte, hat sich kein einziger bei ihm beworben.

Die Stimmung bei seinen Gästen beschreibt er als noch ein „bisschen gedämpft“. Es gibt Tage, da ist die Blaue Blume gut besetzt, an anderen Tagen ist es eher ruhig. Er vermutet, die Leute sind derzeit noch vorsichtig und auch ein bisschen bequem. Durch die hohen Corona-Zahlen im Frühjahr sei seine gute Beurteilung im Journal „Frankfurt geht aus“ – Platz acht bei den Geheimtipps – ein bisschen verpufft, bedauert Thomas Laux.
Was alle befragten Dreieicher Wirte sich in den kommenden Wochen wünschen: Dass die Kunden die Restaurants in der Stadt unterstützen und dabei helfen, dass die gebeutelte Gastronomie auch diese Krise überlebt. (Von Nicole Jost)