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Wirtin, die nicht auf den Eistrich guckt

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Brigitte Schormann und Dijana Tietz. © Sauda

Sprendlingen ‐ Als Kabarettist Georg Schramm sie kennen lernte freute er sich, als sie ihm und seiner geselligen Runde nach einer Vorstellung im Bürgerhaus Grappa servierte: „Ah, eine Wirtin, die nicht auf den Eistrich schaut.“ Dies gehört zu den vielen schönen Erinnerungen, die Brigitte Schormann, Pächterin des Café Orange, mit ihrem Lokal verbindet. Von Enrico Sauda

21 Jahre lang leitete sie das Café, das bis 2004 „Café an der Stadtbücherei“ hieß. Überhaupt hatte sie viele prominente Gäste - Hape Kerkeling saß auf der Terrasse und auch Fritz Muliar machte ihr Komplimente - für ihren Tee. Der schmeckte dem Schauspieler so gut, dass er sie bat, ihn in der Pause der Vorstellung serviert zu bekommen.

Solche Geschichten wird sie schon vermissen, sagt sie, „aber 21 Jahre in der Gastronomie sind eine lange Zeit“. In diesen Jahren hat sie genug Eindrücke und Erlebnisse gesammelt. „Wer weiß“, sinniert die gelernte Drogistin, „vielleicht schreibe ich mal Buch mit Café-Anekdoten“.

Ihr Vater Karl-Wilhelm Schmidt war ein Konditor, der Café und Konditoreien besuchte. „Ich war immer dabei und fand es damals schon ganz toll“, erinnert sie sich. Als dann Ende der 80er Jahre ein Pächter für das Café neben der Stadtbücherei gesucht wurde, bewarb sie sich.

Brigitte Schormann geht gern

Brigitte Schormann war so voller Tatendrang, dass sie sich Baustellenstiefel kaufte und jeden Tag vor Ort war: „Für die Bauarbeiter war ich schon die Pächterin, obwohl noch nichts entschieden war.“ Schließlich ging die Pächterin in spe den Architekten auch bei der Innengestaltung des Lokals zur Hand und als dann der Tag kam, an dem die Verantwortlichen der Stadt sie dem Architekten-Team vorstellen wollten, waren diese relativ baff, als sie merkten, dass sie dort schon mehr als bekannt war.

Brigitte Schormann geht gern. „Mir wächst momentan alles über den Kopf. Ich müsste einfach mehr Zeit ins Café investieren - und das schaffe ich nicht.“ Jetzt, da ihre Tochter Judith ein Mädchen zur Welt gebracht hat, steht die Konzentration auf die Enkelin im Vordergrund. Ihre turbulenten Zeiten hat sie hinter sich. „Ich habe hier fünf Restaurant-Pächter erlebt.“ Nun herrscht die Freude auf die Zeit nach der Gastronomie vor. „Wenn man in so einem Sektor arbeitet, vernachlässigt man alte Freundschaften und bekommt dafür aber sehr viele neue. Nun werde ich hoffentlich die Zeit haben, diese zu pflege“, freut sich die 63-Jährige. Später einmal könnte ihr ehemaliger Arbeitsplatz zum Stammcafé werden. Auch ihr Mann Jürgen ist zufrieden. „Er freut sich darauf, nach 21 Jahren endlich wieder gemeinsame Wochenenden zu haben.“

Das Café erlebt erneut eine totale Umwandlung

Doch es gab nicht nur schöne Tag. „Dreimal ist bei uns eingebrochen worden, einmal, nach einem Stromausfall im Sommer hatte ich eine 400 Liter große Eissuppe und nicht selten plagten mich Existenzängste“, gibt Birgitt Schormann zu bedenken. „Vor allem, wenn man nicht nur für sich, sondern auch für andere Geld verdienen muss“, sagt die Pächterin, die vor vier Jahren ihren ersten Koch einstellte. Vor sechs Jahren bereits hatte sie dem Lokal eine Frischzellenkur verpasst, Wände gestrichen und den Namen in „Café Orange“ geändert.

Nun erlebt es erneut eine totale Umwandlung. Denn Birgitt Schormann hat sich um eine Nachfolgerin gekümmert: Dijana Tietz wird hinterm Tresen stehen. Die 31-Jährige blickt auf 15 Jahre Erfahrung in der Gastronomie zurück, war in verschiedenen Lokalen Schichtleiterin und arbeitete schon als Kind bei Brigitte Schormann. Die gelernte Groß- und Handelskauffrau wohnt zwar in Dietzenbach, ist aber in Sprendlingen aufgewachsen und hat einen großen Bekanntenkreis. „Das ist sicher von Vorteil“, sagt die Mutter von zwei Kindern, die das Lokal nun von 11 bis 24 Uhr öffnen will. Bisher war es von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

„Ich freue mich schon wahnsinnig auf die neue Aufgabe“, versichert sie. Auch vom ständigen Gerede von Krise und Arbeitslosigkeit lässt sie sich nicht verunsichern. „Wenn jeder deshalb den Kopf in den Sand steckt, täte dies der Wirtschaft sicher auch nicht gut“, philosophiert Dijana Tietz, die im Dezember den Pachtvertrag unterschrieb und Anfang März eröffnen will - dann unter dem neuen Namen - „Stadtcafé - leidenschaftlich genießen“. Die neue Pächterin denkt an einige Änderungen. Dazu gehören eine Sommerterrasse, die auch abends geöffnet ist. Zudem soll es abends warme Speisen geben.

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