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Ein Brett spart viel Ärger

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Sind Schwalben im Anflug, gilt es, Naturschutz und Eigentümer-Interessen unter einen Hut zu bringen. Eine gelungene Lösung im Brühl präsentieren (von links) Klaus Kreft (NABU Langen), Eigentümer Klaus Schafsteck, Dietmar Donner (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald), Heinz Kapp (NABU), Wolfgang Höher (Umweltberater der Gemeinde) und Rudolf Lehmann (NABU). © Strohfeldt

Egelsbach/Langen - . Hoch lebe der Naturschutz – aber bitte nicht vor meiner Haustür! Im Egelsbacher Neubaugebiet Brühl nimmt sich die Natur ihren Lebensraum dennoch. Genau gesagt tut das die Mehlschwalbe – zum Beispiel an der Fassade des Hauses „An der Wegscheid 10b“. Von Nico Wagner

Im Sommer vorigen Jahres hatten Vertreter der Spezies „Delichon urbicum“ begonnen, Brutplätze unter einem Dachüberstand zu bauen. Rudolf Lehmann vom Langener Naturschutzbund erinnert sich noch gut, was er zu hören bekam. „Alle abschlagen, schlug es mir entgegen.“

Doch die Flugakrobaten sind durch das Bundesnaturschutzgesetz geschützt, sobald sie mit dem Nestbau beginnen. Das Abreißen der Brutstätten kann Geldbußen von bis zu 50 000 Euro nach sich ziehen. Die Probleme der Anwohner löst das nicht. Eigentümer Klaus Schafsteck kennt den Schaden, den die zehn Brutpaare anrichten: „Gerade die Bewohner unter dem Dach haben sich über die extreme Kotbelastung beschwert.“ Auch eine Wertminderung sei nicht ausgeschlossen. „Klar ist das ein Thema. In Zahlen zu fassen ist das aber schwer.“

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Aus Lehm und Speichel bestehen die Schwalbennester an der Fassade des Mehrfamilienhauses „An der Wegscheid 10b“. Ein im April angebrachtes Kotbrett mäßigt den Ärger der Anwohner. © Strohfeldt

Die Naturschützer um Lehmann installierten deshalb Anfang April ein Kotbrett unterhalb der Schwalbennester. Eine kostengünstige wie effektive Lösung, meint der Sprecher des Naturschutzbundes: „Das Kotbrett muss nur alle zwei bis drei Jahre mit einem Besen abgekehrt werden. So entstehen keine Belastungen.“ Anwohner und Tiere seien nun gleichermaßen zufrieden. Letztere sogar besonders, wie Heinz Kapp von der Staatlichen Vogelschutzwarte beobachtet hat. „Es scheint sich unter den Schwalben regelrecht herumgesprochen zu haben, dass hier tolle Brutbedingungen herrschen. Überall in der Gegend werden jetzt Brutstellen angeflogen.“

Das ist auch nicht überraschend. Die Tiere sind Kulturfolger. Sie haben sich an die Gegenwart des Menschen angepasst, ja sie suchen dessen Nähe regelrecht. „Mehlschwalben nisten an Häusern, Rauchschwalben in Häusern“, erklärt Kapp den Unterschied zwischen den beiden in Deutschland vorkommenden Arten. Wenige Wochen im Jahr sind die Tiere hier. Nämlich dann, wenn Brutsaison ist – von Mai bis August. Die restlichen acht Monate verbringen die Segler in Afrika. Ihre Nester bauen sie mit einer Mischung aus Lehm und Speichel an senkrechten Mauern, Felsvorsprüngen oder Hausfassaden. Die Umweltschützer um Rudolf Lehmann betonen den hohen Wert der Vögel: „Sie sind wichtige Insektenvertilger und schlicht ein Stück vollkommene Natur.“

Wer an seinem Haus „verdächtige“ Flugaktivitäten ausmacht, wird gebeten, sich mit der Langener Gruppe des Naturschutzbundes (NABU) in Verbindung zu setzen. „Wir unterstützen Hausbesitzer und Tiere“, verspricht Lehmann. Kontakt: Tel.: 43380; E-Mail: rudolf@xlehmann.de

Dessen ungeachtet rüstet so mancher Hauseigentümer im Egelsbacher Norden auf. Bunte Flatterbänder und Lederlappen hängen an Häusern, sollen die Tiere fern halten. Lehmann bedauert diese Reaktion auf die Tiere: „Es mangelt oft nur an der Aufklärung. Wir wollen die Anwohner beraten und ihnen helfen. Bislang haben wir noch für jedes Problem eine Lösung gefunden, deren Kosten bislang auch immer von Umweltverbänden beglichen worden sind.“

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