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„Ich bring‘ dich um!“: Dubioser Streit zwischen zwei Brüdern

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Ein Mann wirft seinem Bruder eine Messerattacke vor. Doch dem Amtsgericht Langen (Kreis Offenbach) stellt der Angeklagte die Geschichte ganz anders dar.

Langen – Manchmal ist es vor Gericht schier unmöglich, die Wahrheit herauszufinden. So auch im Prozess um einen Streit mit Messereinsatz vor dem Amtsgericht Langen. Wer sich nicht auf eine ausufernde Beweisaufnahme einlassen will, dem bleibt neben Freispruch nur eine Möglichkeit – von der Richter Volker Horn in diesem Fall Gebrauch macht: Er stellt das Verfahren ohne Auflagen ein.

Angeklagt ist ein 40-jähriger Alzeyer Pflegehelfer, den sein vier Jahre älterer Bruder aus Egelsbach angezeigt hat. Der Tat – wenn es sie denn überhaupt gab – vorausgegangen war ein älterer Streit um den elterlichen Trockner. „Ich hörte, wie mein Bruder mit seinem Kumpel telefonierte und ihn bat, wegen mir schnell herzukommen. Ich sagte: ,Was soll das?‘ Da hielt er mir ein paar Sekunden später ein Küchenmesser an den Hals“, erklärt der Egelsbacher, der ein Einzelhandelsgeschäft betreibt.

„Ich bring dich um!“, soll der Angeklagte gesagt haben. Dem Bedrohten soll es gelungen sein, die Messerhand festzuhalten. Dann sei es zum Gerangel gekommen, bei dem er sich eine drei Zentimeter lange Schnittwunde am Arm zugezogen haben will.

Mit seinem Tesla fährt ein Mann fast den eigenen Bruder um – so jedenfalls einer der Vorwürfe, die das Amtsgericht Langen im Prozess verhandelt. (Symbolbild)
Mit seinem Tesla fährt ein Mann fast den eigenen Bruder um – so jedenfalls einer der Vorwürfe, die das Amtsgericht Langen im Prozess verhandelt. (Symbolbild) © Soeren Stache/dpa

Prozess in Langen (Kreis Offenbach): „Er startete seinen Tesla und hat mich fast umgefahren“

„Mein Bruder hat auch Richtung Wohnzimmertür gestochen, die Macken kann man noch sehen.“ Dann sei er geflüchtet, der Egelsbacher hinterher. „Er startete seinen Tesla und hat mich fast umgefahren, der Spiegel hat mich noch erwischt. Da kann man nicht wegspringen, das Ding ist in einer Sekunde auf 60 Stundenkilometern“, konstatiert der 44-Jährige. Das will Richter Horn genauer wissen, notiert den Fahrzeugtyp S 85D. Tatsächlich ist der Sportwagen mit 423 PS gelistet.

Die Geschichte spielt sich am 22. August 2020 im Haus der Eltern ab. Der Einzelhändler wohnt noch dort. Der Angeklagte ist vor einiger Zeit ausgezogen, nutzt sein altes Kinderzimmer aber für einen Erholungsurlaub, während die Eltern verreist sind. Er ist also zu der Zeit mit dem Bruder allein in der Wohnung. Der Pflegehelfer erzählt vor Gericht eine ähnliche Geschichte – allerdings spiegelverkehrt, was die Täterschaft angeht.

Langen (Kreis Offenbach): Angeklagter schiebt Schuld selbst auf Bruder

„Er stand vor meinem Zimmer. Ich wollte wissen, was los ist und ging raus. Schon hatte ich seine Hand an meiner Gurgel. Ich drücke sie mit beiden Händen herunter, da greift er ein Messer – die Küche ist direkt neben meinem Zimmer – und hält mir die Spitze an den Hals“, so der Alzeyer, „und droht: ,Ich stech dich ab‘“ Es sei ihm aber gelungen, die Hand des Angreifers herunterzudrücken, das Messer fiel hin und er habe es gegriffen. „Dann wollte ich nur noch weg.“ Doch auch der Widersacher verlässt das Haus.

Als der Angeklagte mit dem Tesla wegfahren will, soll der Bruder plötzlich auf den Gehweg gesprungen sein, gegen die Autotür getreten und den Seitenspiegel geboxt haben. Das Luxusauto steckt die Gemeinheiten folgenlos weg. „Von der Würgerei konnte ich zwei Tage nicht richtig schlucken. Bei ihm habe ich keine Verletzung gesehen“, endet die wüste Geschichte des Jüngeren.

Angeblich sei er seit seiner Kindheit immer wieder der Gewalttätigkeit des älteren Bruders ausgesetzt gewesen. „Warum haben Sie das nie zur Anzeige gebracht?“, will Horn wissen. „Meine Eltern wollten das nicht. So was wird bei uns in der Familie geregelt“, ist die Antwort.

Langen (Kreis Offenbach): Amtsgericht beendet bizarren Bruder-Streit

Nach eineinhalb Stunden ist klar, dass die zwei weiteren Zeugen außer neuer Indizien nicht wesentlich zur Aufklärung beitragen können. Tatsächlich dabei gewesen ist niemand. Die Schnittwunde ist zwar polizeilich dokumentiert, kann jedoch nicht zweifelsfrei dem Messer zugeordnet werden. So endet der Fall wie das Hornberger Schießen. (Silke Gelhausen)

Endgültig klären, ob bei dem Streit zwischen den Brüdern ein Messer zum Einsatz kam, konnte das Amtsgericht Langen nicht. Klarer ist die Lage bei einem kürzlichen Vorfall im Kreis Offenbach: Auf einer Gartenparty in Langen verletzte ein unangekündigter Gast vier Feiernde mit einem Messer.

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