Egelsbach: Gemeindevorstand will schneller an Wohnraum für Flüchtlinge kommen

Immer wieder muss Egelsbach kurzfristig Flüchtlinge unterbringen. Der Gemeindevorstand möchte daher in Zukunft selbst Wohnraum anmieten können.
Egelsbach – Wegen der Krise an der belarussisch-polnischen Grenze hatte der Kreis Offenbach seine 13 Kommunen Ende des vergangenen Jahres alarmiert: Sie sollten sich auf die Aufnahme weiterer Flüchtlinge vorbereiten – auch Egelsbach. Freie Kapazitäten hatte die Gemeinde damals eigentlich nicht mehr. „Die Welle sieht aktuell nicht so groß aus wie angekündigt“, kann Bürgermeister Tobias Wilbrand (Grüne) am Mittwochabend im Haupt- und Finanzausschuss beruhigen. „In einem halben oder Dreivierteljahr kann das aber vielleicht schon anders sein.“ Deshalb bittet der Gemeindevorstand das Parlament, einen Grundsatzbeschluss zur Anmietung von Wohnraum für Geflüchtete zu treffen.
Der erarbeitete Vorschlag sieht so aus: Die Gemeindevertretung beauftragt den Gemeindevorstand, nach Bedarf Mietverträge über geeignete Wohnungen für Flüchtlinge abzuschließen, soweit diese der Gemeinde über den sogenannten „Königsteiner Schlüssel“ zugewiesen werden – dieser regelt, ausgerichtet an Steuereinnahmen und Bevölkerungszahl, welches Bundesland wie viele Flüchtlinge aufnimmt. Darüber hinaus soll der Gemeindevorstand weiteren Wohnraum anmieten können, wenn der Kreis zusichert, diese Unterkünfte vorrangig zu belegen.
Einen Mietvertrag auszuverhandeln dauere eine Weile, erläutert Wilbrand. Ihn danach noch einmal durch alle Gremien zu schicken, würde zu weiteren Verzögerungen führen. „Die Erfahrung hat aber gelehrt, dass wir oft kurzfristig reagieren müssen.“ Zurzeit stehe man jedoch nicht unter Druck: Laut Kreisausschuss hat die Gemeinde ihre Aufnahmeverpflichtung, die sich im Verhältnis zur Einwohnerzahl der Kommunen ergibt, aktuell um zwölf Asylbewerber „übererfüllt“. Daher geht der Gemeindevorstand davon aus, dass erst im Laufe der nächsten Monate weiterer Wohnraum für Flüchtlinge in Egelsbach benötigt wird. Gleichwohl wolle man vorbereitet sein und habe daher verschiedene Angebote und Möglichkeiten geprüft.
So hat etwa der Eigentümer eines Gebäudes in der Ernst-Ludwig-Straße der Gemeinde seine Immobilie angeboten. Bisher wurde diese für Monteurswohnungen genutzt. Eine Besichtigung hat bereits stattgefunden, laut Gemeindevorstand würde sich das Gebäude für mindestens 15 Asylbewerber eignen. In den ersten Gesprächen wurden mögliche Eckdaten für eine Vermietung abgeklopft: Die Jahresmiete könnte bei 64 000 Euro inklusive Nebenkosten liegen, der Mietvertrag zunächst über drei Jahre laufen. Generell will sich der Gemeindevorstand zum Ziel setzen, das Anmieten von Wohnungen für Geflüchtete kostenneutral zu gestalten. Die bislang vom Kreis Offenbach gewährten Tagespauschalen pro Kopf in Höhe von 12,50 Euro sollen die Kosten decken.
„Das ist nicht unbedingt günstig“, wirft der Ausschussvorsitzende Manfred Müller (WGE) ein und will wissen, ob es Alternativen zum Gebäude in der Ernst-Ludwig-Straße gibt. Man habe „verschiedene Optionen durchgespielt“, antwortet Wilbrand, darunter zum Beispiel auch das freigewordene Gelände des Vogelschutz- und Zuchtvereins, der sich zum 31. Dezember aufgelöst hat. Auch über einzelne Wohnungen in Miethäusern habe man nachgedacht. „Hier sind erfahrungsgemäß aber Spannungen mit den anderen Mietern vorprogrammiert“, betont Wilbrand. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis sei in der Ernst-Ludwig-Straße noch das beste. Doch der Rathauschef stimmt zu, dass die Immobilie „eigentlich zu teuer dafür ist, dass wir keinen dringenden Handlungsbedarf haben“. Es zeichne sich ab, dass es im Gemeindevorstand – zumindest in der momentan noch entspannten Lage – keine Mehrheit für die vorliegenden Konditionen geben werde. „Wir wollen aber am Ball bleiben und den Markt beobachten, um geeignete Immobilien zur Verfügung stellen zu können“, so Wilbrand.
Ob das Gebäude in der Ernst-Ludwig-Straße zum Einsatz kommt, wird sich also zeigen. Dass der Gemeindevorstand bald autark über solche Fälle entscheiden darf, ist aber wahrscheinlich: Der Ausschuss votiert einstimmig für die Beschlussvorlage. Die finale Entscheidung trifft die Gemeindevertretung am Donnerstag, 17. Februar. (Manuel Schubert)