Erfolgreicher Unternehmer: Lothar Jost lässt es jetzt ruhiger angehen

Lothar Jost ist ein Tausendsassa, ein Hansdampf in allen Gassen. Jetzt, mit 80 Jahren, wird der Unternehmer langsam ein bisschen ruhiger. Erst vor ein paar Monaten, im Februar, verabschiedet er sich aus seiner Firma Werkmann Jost und Gärtner in den Ruhestand. Die eigentliche Übergabe an Michael Lama war schon 2019. Lothar Jost blickt mit einem positiven Gefühl zurück.
Egelsbach - Er hat ein gut laufendes Unternehmen aufgebaut, Niederlagen überlebt und seine Fenster bis nach Tokio verkauft. Dabei war es nicht ganz klar, dass aus dem Egelsbacher Bub etwas wird: „Ich komme von Null. Mein Vater ist im Krieg gefallen. Mit zwölf Jahren war es schon die Frage: Gerate ich auf die schiefe Bahn oder schaffe ich es?“, erinnert er sich.
Nach dem Volksschulabschluss beginnt er mit 13 Jahren eine Lehre als Bauschlosser. „Danach bin ich zehn Jahre lang einer echten Knochenarbeit nachgegangen und habe für die Firma Öltev in Egelsbach Öltanks geschweißt“, erzählt Jost. Er ist ehrgeizig, absolviert bei der IHK die kaufmännische Prüfung, ist zwei Jahre lang Angestellter der Volksbank Dreieich, dann wechselt er ins Egelsbacher Rathaus.
Doch das Handwerk lässt ihn nicht los. „Während ich im Rathaus gearbeitet habe, habe ich nach Feierabend mit dem Fensterbau angefangen“, so Jost. Dafür nutzt er die Schreinerei seines Schwiegervaters in Langen. Ein bisschen kühn ist der Verwaltungsmitarbeiter schon, als das Unternehmen Chemische Werke Albert in Wiesbaden neue Fenster braucht, und er in den 60ern ein Angebot mit einem Volumen von 120 000 D-Mark abgibt. „Mein Schwiegervater erklärte mich für verrückt. Also bin ich an die Zonengrenze gefahren, habe den Auftrag vergeben und mit Kollegen abgewickelt“, schmunzelt er heute noch verschmitzt über seine Geschäftstüchtigkeit.
Der Gewinn geht an den Schwiegervater, aber es ist der Startschuss für das eigene Unternehmen, zunächst in Langen. Seit 1970 ist er alleiniger Inhaber. Seine Frau Inge verantwortet den kaufmännischen Ablauf und ist ihm eine große Unterstützung. 1977 wird das Geschäft eine GmbH mit Schwager und Schwiegervater. Anfangs ist es noch viel Handwerk, nach und nach investiert Lothar Jost in Maschinen für die Herstellung von Kunststofffenstern. Erst arbeitet er mit den Profilherstellern thealit zusammen, später mit Weka. Als die Stadtwerke Langen an dem Grundstück in der Weserstraße Interesse bekunden, verkauft die GmbH das Land und zieht in die Heimatstadt Egelsbach.
Ende der 80er Jahre kommt die Wende, Lothar Jost investiert, wie so viele damals, im Osten. Er kauft ein Grundstück in Menteroda und will seine Produktion dorthin verlegen. „Das Ding ist in die Hose gegangen“, gibt er zu und schiebt nach: „Wer nichts unternimmt, ist kein Unternehmer.“ Es ist ein großer Verlust, aber er erholt sich, zieht innerhalb Egelsbachs um in die Dieselstraße. Seit 1993 wird dort produziert. Das Geschäft läuft, unterstützt von 25 Mitarbeitern, gut. Er baut die Fenster für das Sankt Katharinen-Krankenhaus in Frankfurt, für ein Erholungsheim in Warschau und der weiteste Auftrag ist der eines in Erzhausen lebenden Japaners, der die Fenster im Container nach Tokio verschifft und acht Tage lang vor Ort von der Jost-Mannschaft verbauen lässt. „Das sind natürlich die Aufträge, die in Erinnerung bleiben“, zieht Lothar Jost insgesamt eine positive Bilanz. Der Unternehmer kennt aber auch Existenzängste: „Ich habe oft gedacht: Ja, heute ist es gut, aber es könnte morgen anders sein. Dieses Gefühl hat mich angetrieben“, erinnert er sich. Das sei heute glücklicherweise nicht mehr so.

Man sollte meinen, ein eigener Betrieb reiche aus, um den Tag zu füllen. Lothar Jost ist dazu im Gemeindeleben überaus präsent. Mit ganzem Einsatz ist er seit seiner Jugend in der Handballabteilung der SGE aktiv, übernimmt mehr als 50 Jahre lang dort Verantwortung. Er spielt auch selbst, bis er 50 wird. Mit Mitte 30 findet er zudem Gefallen am Tennis – und ist mit der Filzkugel erfolgreich bis in die Hessenliga.
Jost ist Mitbegründer der Partnerschaft mit der französischen Gemeinde Pont-Saint-Esprit und hat das Gesangsensemble „Die Parrebachstelze“ der KGE mitbegründet. 50 Jahre lang machen die Männer gemeinsam Musik, bevor sie sich aus Altersgründen im Jahr 2008 mit einem großen Konzert im Eigenheim von der Bühne verabschieden. „Hätte ich es mir aussuchen können, wäre die Musik mein Lebensinhalt geworden“, sagt Jost, der auch heute noch gern zur Gitarre greift.
Nach dem Tod seiner Frau ist er froh, dass er seine zwei Töchter Rita und Beate sowie die beiden Enkelkinder Niko und Emily hat. „Ich habe vielen Menschen in meinem Leben geholfen, mich in meiner Gemeinde engagiert“, sagt Lothar Jost, und ist froh, dass auch er selbst viele Unterstützer hatte. Jetzt sieht er sich mit seinen 80 Jahren vor der Aufgabe, den Rest seines Lebens sinnvoll zu gestalten. (Nicole Jost)