Egelsbacher Jugendliche werden bei Workshop zu Verkehrsplanern

Bei einem Workshop der Hochschule Darmstadt können Egelsbacher Jugendliche sich an der Straßenplanung ausprobieren.
Egelsbach – Die komplette Breite von 17,80 Metern ist schnell aufgebraucht. Und schon fährt eine zweispurige Straßenbahn durch die Wolfsgartenstraße, flankiert von einer Autospur, zwei Parkstreifen, Radwegen – und ein paar Bäumen für die Optik. Aber nur in der digitalen Welt. Mit der Webseite streetmix.net werden Jugendliche am Montagabend bei einem Workshop der Hochschule Darmstadt zu Verkehrsplanern. Mit wenigen Klicks lässt sich der Querschnitt der Straße mit allerlei Elementen bestücken, die verschiedenen Spuren können problemlos hin- und her geschoben oder in ihrer Breite verstellt werden.
Aufgrund des schlechten Wetters sind nicht viele Jugendliche ins Rathaus gekommen, doch sie sind mit Eifer bei der Sache. Beim virtuellen Verkehrs-Puzzle stoßen sie aber auch schnell an Grenzen. „Jetzt haben wir eine Einbahnstraße“, stellt Fiona Schmidt fest. Eine Autospur ist zu wenig. „Die Leute wollen ja nicht nur zum Bahnhof hin-, sondern auch vom Bahnhof wegfahren“, meint Matthias Mauro. Ein Element muss also einer zweiten Autospur weichen. „Die Idee einer Straßenbahn ist erst einmal gut. Aber sie muss ja auch ans Netz angeknüpft sein“, regt Professor Jürgen Follmann an. Somit fliegt die Tram wieder runter.
Follmann erinnert zudem daran, dass die Wolfsgartenstraße ja durchs Wohngebiet führe. „Was wünscht ihr euch dort?“, fragt er die Jugendlichen. Viel Grün, genügend Parkplätze und Fahrradabstellmöglichkeiten lauten die Antworten. „Denkt auch an die Kinder und die älteren Menschen“, betont Follmann. Und so einigen sich die Jugendlichen darauf, den Gehweg zu verbreitern, damit er mit Kinderwagen und Rollator gut passierbar ist.
Student Sebastian Bruns hat noch eine Anmerkung: „Dort ist Tempo 30, ihr braucht den Radstreifen gar nicht. Die Radfahrer können einfach die Straße nutzen.“ Somit verschwindet auch die rote Spur wieder vom Bildschirm. Am Ende einigen sich die Jugendlichen auf eine simple Lösung: zwei Autospuren, zwei Parkstreifen und Grünstreifen für Bäume. Die größte Erkenntnis an diesem Abend: Eine Verkehrsplanung, die alle verschiedenen Interessen berücksichtigt, ist gar nicht so leicht.

„Ich finde es spannend, dass ihr zuerst über Kfz und Straßenbahn nachgedacht habt, und dann gemerkt habt, dass nicht mehr genug Platz für Gehwege ist“, sagt Follmann. „Am Ende habt ihr gemerkt, dass die Straßenbahn hier nicht geht. Aber die hohe Wertigkeit hat mich überrascht.“ Follmann und seine Studierenden erarbeiten derzeit ein Verkehrskonzept für die Gemeinde. Der Professor findet es wichtig, die jungen Leute einzubeziehen. „Nur noch zehn Prozent der Studierenden fahren heutzutage Auto, das war damals bei uns ganz anders – über Klimaschutz, Lärm oder Schadstoffe hat keiner nachgedacht“, erinnert sich der Rodgauer. „Seit fünf bis zehn Jahren gibt es aber ein großes Umdenken – auch wegen Fridays For Future, Radentscheiden und anderen Initiativen aus der Bürgerschaft.“
Der angehende Umweltingenieur Sebastian Bruns findet es faszinierend, „wie unterschiedlich die Jugendlichen es sehen und wie viel sie sich ohne großes Vorwissen einbringen“. Überrascht hat ihn, dass bei ihnen das Auto doch noch so präsent ist. „Wahrscheinlich ist das einfach Gewohnheit, Prägung durch die Gesellschaft“, glaubt Bruns.
Auch die Teilnehmer haben einiges gelernt. „Ich fand es sehr interessant, was man alles bedenken muss, wenn man eine Straße baut“, sagt Fiona Schmidt. Und Matthias Mauro meint: „Ich fand es überraschend cool. Das war ein guter Einblick, wie Verkehrsplanung funktioniert. Man meckert oft über vieles, weiß aber gar nicht, was alles dahinter steckt.“
Der nächste Workshop zum Verkehrskonzept findet am Mittwoch, 25. Januar, statt. Dann dürfen sich auch die Erwachsenen am Computer als Verkehrsplaner probieren. (Manuel Schubert)