Egelsbacher Philipp Kremser ist nicht nur als Kreisschulsprecher aktiv

In einer neuen Serie stellen wir Jugendliche vor, die sich in besonderer Weise in der Gesellschaft einbringen. Den Anfang macht Kreisschulsprecher Philipp Kremser aus Egelsbach, der für Chancengleichheit sorgen will.
Egelsbach/Langen – Vor vier Jahren sei er noch ein „kleiner, eingeschüchterter Junge“ gewesen, sagt Philipp Kremser über sich selbst. Das ist heute kaum vorstellbar. Der mittlerweile 19-Jährige präsentiert sich als aufgeweckter junger Mann mit klarer Meinung. Das liegt auch daran, dass er politisch so engagiert ist wie kaum ein anderer Jugendlicher in Langen und Egelsbach. Erst kürzlich ist Kremser zum Kreisschulsprecher wiedergewählt worden, dazu übernimmt er weitere Aufgaben von Fridays For Future bis Jugendparlament. „Dadurch bin ich viel selbstbewusster geworden“, sagt der Egelsbacher.
Alles beginnt im Sommer 2016, als Kremser auf die Schülervertretung (SV) des Dreieichgymnasiums aufmerksam wird. Der damalige Siebtklässler schreibt einfach eine Mail und fragt, ob er mitmachen dürfe. Er darf, übernimmt erste Aufgaben und steigt zum Beisitzer auf. Doch dann kommt Corona. „Die SV war quasi nicht mehr existent – das fand ich extrem schade. Es wäre eine so wichtige Zeit gewesen, sich einzubringen, zum Beispiel bei den Hygienekonzepten“, sagt Kremser. In ihm wächst der Wunsch, mehr Verantwortung zu übernehmen. 2020 wird er zum Schulsprecher gewählt, baut die Webseite und Social-Media-Kanäle der SV auf und überredet Freunde, sich mit ihm in der Schülervertretung zu engagieren. „Am Ende des Schuljahres hatten wir ein richtiges Standing in der Schulgemeinde. Wir wurden sogar bei der Gesamtkonferenz um Stellungnahmen gebeten, was uns sehr gefreut hat“, erzählt er.
Zeitgleich bringt er sich im Kreisschülerrat ein. „Auch hier ist während der Pandemie alles komplett zusammengefallen, obwohl es unfassbar wichtig gewesen wäre, bei Themen wie Luftfiltern oder der digitalen Ausstattung der Schulen mitzureden“, erklärt Kremser seine Motivation. 2021 wird er erstmals zum Kreisschulsprecher gewählt. Diese Aufgabe mache ihm am meisten Spaß, sagt der Teenager, da die Entscheidungen des Kreises als Schulträger auch die meisten direkten Auswirkungen auf die Kinder und Jugendlichen vor Ort hätten.
Egelsbacher engagiert sich auch bei Fridays for Future
In der Landesschülervertretung wird Kremser ebenfalls aktiv, leitet dort nun die Stabstelle Anti-Diskriminierung. „Das ist eine ganz neue Facette für mich“, sagt er. „Ich bin in Egelsbach behütet aufgewachsen und habe bei dem Thema keine Betroffenen-Perspektive.“ Chancengleichheit bezeichnet er als sein wichtigstes Anliegen. „Nicht jede Familie kann sich Schulbücher für 50 Euro im Jahr leisten. Dabei ist Bildung so ein unfassbarer Schlüssel.“ Auch sonst sieht er einiges an Verbesserungspotenzial im Schulwesen: „Unser Bildungssystem ist kacke aufgebaut. Man hat null Möglichkeiten, sich zu entfalten und Mega-Leistungsdruck“, meint Kremser. „Man verbringt so viel Zeit in der Schule – das soziale Miteinander müsste genauso wichtig sein wie die Bildung“, so sein Wunsch.
Als Egelsbach 2021 zum ersten Mal ein Jugendparlament wählt, lässt sich Kremser aufstellen – und bekommt die meisten Stimmen aller Kandidaten. „Dort kann ich mit meiner eigenen Meinung sprechen“, freut sich Kremser, der ja sonst häufig die Interessen vieler hundert Schülerinnen und Schüler vertreten muss. Bei der Wahl im nächsten Jahr will er erneut kandidieren: „Es macht mir unfassbar viel Spaß.“
Und auch als sich in diesem Jahr eine Ortsgruppe von Fridays for Future gründet, ist Kremser dabei. Der Klimawandel bewegt ihn. „Das Thema ist mittlerweile im Fokus der Öffentlichkeit, aber es wird nichts wirklich umgesetzt“, findet er. Dass der Bannwald am Langener Waldsee großflächig gerodet werden darf, hält er für eine „hirngespinstige Idee“. Im Mai 2023 steht für Kremser, der die Leistungskurse Biologie und Musik belegt, das Abitur an. Danach, wenn alle seine SV-Ämter wegfallen, will er sich noch mehr auf die Arbeit mit Fridays for Future konzentrieren, „weil das Thema so wichtig ist“. An der DSL ist er aktuell noch stellvertretender Schulsprecher und will Jüngere an die Führungsaufgaben heranführen.
Neben all seinen Engagements bleibt dem Egelsbacher kaum Zeit für andere Hobbys. Schwimmen und Leichtathletik hat er aufgegeben, immerhin zum Geige spielen kommt er noch, und seit Kurzem steht er in einer Punk-Band am Bass. Studieren kommt für ihn derweil nicht in Frage. „Ich will freier lernen können, nicht so theoretisch, das ist für mich der größte Horror.“ Eine Ausbildung im sozialen oder grafischen Bereich schwebt ihm vor. Ein späteres politisches Amt schließt Kremser nicht aus. „Aber ich möchte erst mal was vom Leben mitbekommen, bis ich über das Leben anderer entscheide.“ (Manuel Schubert)
Die Serie
Unter dem Motto „Jung und engagiert“ stellen wir in loser Reihe Jugendliche aus Langen und Egelsbach vor, die sich in besonderer Weise in der Gesellschaft einbringen. Die Redaktion greift gerne Anregungen auf. Wer eine Idee hat, kann diese an langen@op-online.de mailen.