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Egelsbacher Traditionsunternehmen nach schwierigen Jahren wieder im Höhenflug

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Von: Manuel Schubert

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Der von der Röder Präzision entwickelte SMA-Motor läuft mit nachhaltigem Kraftstoff und ermöglicht hybrides Fliegen.
Der von der Röder Präzision entwickelte SMA-Motor läuft mit nachhaltigem Kraftstoff und ermöglicht hybrides Fliegen. © Marc Strohfeldt - www.nachelf.de

Das Egelsbacher Traditionsunternehmen Röder Präzision möchte die Zukunft der Luftfahrt mitgestalten. Das soll nach schwierigen Jahren mit einer Insolvenz dank eines einzigartigen Portfolios gelingen.

Als Laie kann man sich in den großen Hallen der Röder Präzision fast verlaufen. Mitten im Wald und direkt neben dem Egelsbacher Flugplatz ist das 55 000 Quadratmeter große Gelände des Traditionsunternehmens gelegen. Und hinter jeder Tür verbirgt sich etwas anderes: In einer Halle hängt ein Mitarbeiter sorgfältig Dutzende kleine Metallröhrchen auf ein Gestell, die gleich darauf in der sogenannten Galvanik ein Chemikalienbad nehmen und verchromt wieder auftauchen. Ein anderer hebt eine Bremse mit fast einem Meter Durchmesser auf den Hydraulik-Prüfstand, während ein Kollege eine aufgeblasene, meterlange Notfallrutsche auf Schäden untersucht und wieder ein anderer mit einem Messgerät die elektronischen Kontakte einer Kaffeemaschine überprüft. Auch an Propellern, Reifen und Motoren wird gearbeitet - oder direkt an ganzen Kleinflugzeugen.

Hat noch viel vor: Geschäftsführer Bastian Heberer übernahm die Röder Präzision 2017 und stellte sie zusammen mit dem Luftfahrtexperten Johann Heitzmann neu auf.
Hat noch viel vor: Geschäftsführer Bastian Heberer übernahm die Röder Präzision 2017 und stellte sie zusammen mit dem Luftfahrtexperten Johann Heitzmann neu auf. © marc strohfeldt

Einzigartiges Portfolio von Entwicklung über Herstellung bis zur Wartung

„Wir haben ein Fähigkeitsspektrum, das es in der deutschen Luftfahrtbranche so sonst nicht mehr oft gibt“, sagt Geschäftsführer Bastian Heberer. Entwicklung, Herstellung und Wartung - das sind die drei großen Säulen der Röder Präzision. Und zwar sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich. Die Kundschaft des einstigen Familienunternehmens reicht daher weit über Privatleute, die ihre Kleinflugzeuge vom Typ Cessna oder Cirrus direkt am benachbarten Flugplatz untergebracht haben, hinaus. „Wir arbeiten für sehr viele weltweit bekannte Luftfahrtunternehmen“, sagt Heberer. Aus ganz Europa werden Flugzeugkomponenten in großen Holzkisten nach Egelsbach geliefert und von den Mitarbeitern der Röder Präzision zerlegt, gereinigt, auf Fehler kontrolliert und wenn nötig auch aufgearbeitet. „Die gehen hier raus wie neu“, sagt Heberer.

Größter Auftraggeber im zivilen Bereich ist die Lufthansa. Und auch die Bundeswehr sei seit vielen Jahrzehnten ein „wichtiger Partner“, so der 47 Jahre alte Chef. Wie der Name schon sagt, wird Präzision bei Röder großgeschrieben. Denn beim Fliegen kann natürlich jeder Fehler potenziell tödlich enden. „Im zivilen Bereich sind die Anforderungen schon hoch, bei Kunden wie der Bundeswehr natürlich noch höher“, betont Heberer. „Qualität und Sicherheit sind unsere Top-Prioritäten.“

Auch meterlange Propeller kommen auf den Prüfstand, eingesandt von Kunden wie der Lufthansa oder der Bundeswehr.
Auch meterlange Propeller kommen auf den Prüfstand, eingesandt von Kunden wie der Lufthansa oder der Bundeswehr. © Marc Strohfeldt - www.nachelf.de

Dritter Standort im Ausland befindet sich bereits im Aufbau

250 Angestellte beschäftigt die Firma am Stammsitz in Egelsbach, wo Röder schon seit den 1950er Jahren zu Hause ist. „Hier sind wir verwurzelt, genauso wie viele unserer Mitarbeiter“, sagt der Geschäftsführer. Die Lage sei ideal: „Wir befinden uns nur unweit des größten deutschen Flughafens und zentral in Europa.“ 120 weitere Mitarbeiter sind seit einigen Jahren an den neuen Niederlassungen in Troisdorf, Stuhr, Leipzig sowie im slowakischen Kosice und in Dubai tätig. Dort repariert die Firma Röder auch Komponenten vieler namhafter Fluggesellschaften aus der ganzen Welt. „Die Kunden schätzen die Nähe. Solch große Flugzeugteile zu transportieren, kostet eine Menge Zeit und Geld“, erklärt Heberer. Ein dritter ausländischer Standort, in der türkischen Hauptstadt Ankara, befindet sich zurzeit im Aufbau. „Wir wollen unsere Fähigkeiten in andere Regionen ausrollen“, meint Heberer.

Dass es bei der Röder Präzision, die 2022 ihren 100. Geburtstag feierte und in ihren Anfangsjahren noch in Frankfurt beheimatet war, heute so gut läuft, ist keine Selbstverständlichkeit. 2015 war das Traditionsunternehmen in Schieflage geraten und musste Insolvenz anmelden. Zwei Jahre später übernahm der eigentlich fachfremde Unternehmer Heberer, Vorstandsvorsitzender der Langener Unternehmensgruppe Infrasolution aus dem Bereich Gebäudetechnik, zusammen mit dem Luftfahrtexperten Johann Heitzmann die Röder Präzision. Sie führten das Unternehmen zurück in die schwarzen Zahlen und bauten es zur Röder-Gruppe aus. Auf diesem Weg halfen vor allem Zukäufe anderer insolventer Firmen, etwa Teile von Air Berlin Technik, die Flugzeug-Instandhaltungsfirma Nayak oder ein Motorenprogramm für Kleinflugzeuge des französischen Herstellers Safran.

Neben Motorenteilen (Bild) warten die Mitarbeiter der Röder Präzision auch Reifen, Bremsen, Notfallrutschen oder gar Kaffeemaschinen.
Neben Motorenteilen (Bild) warten die Mitarbeiter der Röder Präzision auch Reifen, Bremsen, Notfallrutschen oder gar Kaffeemaschinen. © Marc Strohfeldt - www.nachelf.de

Innovativer Hydbridmotor und nachhaltige Kraftstoffe für die Zukunft des Fliegens

Durch diese dazugewonnenen Kompetenzen möchte sich das Unternehmen künftig verstärkt dem Bereich Innovation widmen. So wird die Röder Präzision im April bei der Fachmesse „AERO“ in Friedrichshafen ihren SMA-Motor präsentieren, mit dem ein Partnerunternehmen ein Hybridmodul entwickelt hat, dessen Motor mit nachhaltigem SAF-Kraftstoff betrieben werden soll. Sieht so die Zukunft des Fliegens aus? „Bis es rein elektrische Flugzeuge gibt, wenn denn überhaupt, wird es noch lange dauern. Außerdem ist es nicht die beste Idee, eine riesige, schwere Batterie in die Luft zu heben“, findet Heberer, der studierter Ingenieur ist. Nachhaltige Kraftstoffe seien die bessere Lösung, und daran will die Röder Präzision mitwirken.

Der Bereich zivile Luftfahrt wird für die Egelsbacher ohnehin immer wichtiger. Denn trotz des Ukraine-Krieges würden mittelständische Unternehmen wie die Röder Präzision bei der Auftragsvergabe im militärischen Bereich immer weniger berücksichtigt, beklagt Heberer. „Wir haben den Eindruck: Politisch ist das nicht mehr gewollt. Von den Milliarden-Investitionen in die Bundeswehr merken wir hier zumindest nichts.“ Er finde das schade, sagt der Geschäftsführer: „Hier hängen schließlich viele hoch qualifizierte Arbeitsplätze dran.“

Trotzdem hat das Traditionsunternehmen die Corona-Zeit und die Energiekrise gut gemeistert. „Wir mussten während der Pandemie keine Angestellten entlassen, 2022 haben wir sogar 40 neue eingestellt“, sagt Heberer. Und 2023 erwartet der Geschäftsführer - ohne Zahlen zu nennen - den höchsten Umsatz der Firmengeschichte. „Nach trüben Jahren der Insolvenz und Pandemie“, so Heberer, „sind die Aussichten wieder sehr erfreulich.“

Manuel Schubert

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