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Elschbächer Kerb: „Frieda‘s Kerwetreff“ bleibt nach 26 Jahren zu

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Von: Manuel Schubert

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Käthi Frittmann (rechts) und ihre Freundin Monika Pohl waren von Anfang bei „Frieda‘s Kerwetreff“ in Egelsbach dabei.
Ein letzter „Thommy Flip“: Käthi Frittmann (rechts) und ihre Freundin Monika Pohl waren von Anfang an dabei. © Kegler

26 Jahre lang war die Heckenwirtschaft „Frieda‘s Kerwetreff“ fester Bestandteil der Egelsbacher Kerb. Nun hört das Team aus Altersgründen auf – und hofft, dass sich vielleicht jüngere Leute finden, die einen eigenen Kerbhof eröffnen.

Egelsbach – Vom 17. bis 20. September steht ganz Egelsbach wieder Kopf. Nach zwei abgespeckten Corona-Ausgaben soll die Elschbächer Kerb in gewohnter Form zurückkehren – ausgelassenes Feiern in vielen privaten Höfen inklusive. Das Tor zu einer der bekanntesten Heckenwirtschaften bleibt jedoch geschlossen: Das Team von „Frieda’s Kerwetreff“ in der Ernst-Ludwig-Straße 67 hat sich schweren Herzens entschieden, den Zapfhahn zuzudrehen.

„Wir wollen eigentlich nicht aufhören, aber es funktioniert nicht mehr“, sagt Käthi Frittmann, 65, die von Anfang an dabei war. „Deswegen machen wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge Schluss mit unserem Kerbhof – und kommen gerne woanders zum Feiern dazu.“

Vier Tage Kerb-Action, dazu Auf- und Abbau, das war auf Dauer zu viel für die Truppe aus Freunden und Verwandten, die 26 Jahre lang den Kerbhof geschmissen hatte, zuletzt aber immer kleiner wurde. „Wir werden alle nicht jünger“, meint Frittmann. „Wenn man den ganzen Abend an der Theke gestanden hat und nachts um 5 Uhr ins Bett fällt, spürt man seine Beine nicht mehr. Nach drei, vier Stunden Schlaf geht es weiter, denn am Morgen kommen schon die Anlieferungen für den nächsten Tag“, blickt sie zurück. Für das „Frieda“-Team war daher die Zeit gekommen, einen Schlussstrich zu ziehen.

Los ging alles im Herbst 1993, als die spätere Gründungsgruppe in Gerold Wurms „Schoppehof“ zusammen saß und den Entschluss fasste: „Die nächst Kerb feiern mer im Hof von de Frieda.“ Gemeint war Frieda Hickler, Käthi Frittmanns Mutter und ehemalige Wirtin des Egelsbacher Hofs. Auf ihrem Anwesen setzten die 19 Gründungsmitglieder – in den ersten Jahren immer gut zu erkennen an ihren pinken Shirts – ein Jahr später dann auch ihre Idee in die Tat um. Anfangs noch reichlich improvisiert, mit einigen wackeligen, weißen Pavillons und Dixie-Klos, die dem Ansturm nicht gewachsen waren – und irgendwann überliefen.

Doch schnell wurde „Frieda’s Kerwetreff“ zu einer echten Institution und war fast drei Jahrzehnte lang nicht von der Elschbächer Kerb wegzudenken. Das Team legte sich ordentlich ins Zeug, spannte Jahr für Jahr ein Dach aus stabilen Lkw-Planen auf, errichtete eine Sektbar, bald hatte der Hof auch seine eigenen, fest installierten Toiletten. Bekannt und beliebt war die Heckenwirtschaft für ihre ausgelassene Stimmung: Die Bierzeltgarnituren und Stehtische reichten nie aus, es war immer rappelvoll. „Die meisten Leute standen einfach beieinander“, sagt Frittmann.

Und Namensgeberin Frieda stand hinterm Tresen, auch mit 80 Jahren noch, teils bis 5 Uhr morgens, wenn die letzten Gäste aus dem Kerbhof stolperten. „Sie konnte schneller im Kopf rechnen als die Jüngeren“, erinnert sich Käthi Frittmann an ihre Mutter, die 2006 verstarb.

Auch Musik stand im Kerwetreff hoch im Kurs. Zu Beginn lieferte diese noch eine achtköpfige Bigband aus dem Bekanntenkreis, doch der Platz wurde schnell viel zu knapp für so eine große Kapelle. Bald legten Discjockeys auf. Der Iftsche, DJ Quzzini oder DJ Geri standen regelmäßig am Mischpult und heizten den Besuchern ein. „Die haben die Musik aufgeroppt ohne Ende. Manchmal mussten wir ihnen sagen: Macht mal etwas ruhiger“, erinnert sich Frittmann lachend. Und die alte Bigband-Bühne? „Die haben wir einfach zur Tanzfläche umfunktioniert.“

Der Umstieg von Blas- zu Partymusik zog auch eine andere Klientel an. „Das Publikum wurde jünger“, erinnert sich Frittmann. Ein Klassiker blieb jedoch: Der montägliche Frühschoppen, bei dem die Egelsbacher Kerbsänger alte Lieder zum Besten gaben. „Das Schöne war, dass bei uns immer Jung und Alt auf einer Bank gesessen haben“, betont Frittmann.

Kontakt

Wer mit dem Gedanken spielt, einen eigenen Kerbhof zu eröffnen, kann per E-Mail an frittis@t-online.de Kontakt aufnehmen.

Populär war „Frieda’s Kerwetreff“ auch für seine beeindruckende Auswahl an Speis und Trank: Chili con Carne, Schnitzelbrötchen, Rindswurst, Laugenstangen oder Käse- und Schmalzbrote dienten als Grundlage für feucht-fröhliche Abende mit Bier, Ebbelwoi, Jacky Cola, Pfläumchen oder Jägermeister. Beliebt auch das „Elschbächer Weck“, eine Scheibe Wiener Braten im Brötchen. Und weit über die Hofgrenzen hinaus bekannt war der „Thommy Flip“, den es nur bei der Frieda gab: frisch gepresster Most gemischt mit Apfelkorn.

Vermissen wird Käthi Frittmann, die bei einer Hausverwaltung und einer Versicherung arbeitet, vor allem das Gemeinschaftsgefühl rund um den Kerbhof. Nicht nur ihre gesamte Freundesclique packte mit an, auch große Teile ihrer Familie: Ehemann Hans, die beiden Kinder, der Bruder, die Schwägerin. Auch schätzte Frittmann den Zusammenhalt mit den anderen Höfen: „Wenn uns was ausgegangen ist, zum Beispiel Kleingeld oder Gläser, sind wir kurz rüber gegangen und haben uns was geborgt.“ Doch zuletzt fanden sich immer weniger motivierte Helfer, Tochter Kerstin und Sohn Marco haben selbst Kinder, andere fühlten sich nicht mehr imstande. „Die Wehwehchen wurden mehr, und dann kam die blöde Kuh Corona“, sagt Frittmann. Nach 26 Jahren in Folge blieb „Frieda’s Kerwetreff“ 2020 und 2021 zu. „Das war das Zeichen zum Aufhören“, so Frittmann.

Doch damit die Tradition der Heckenwirtschaften weiterlebt, hofft das „Frieda“-Team, dass sich junge Leute finden, die einen eigenen Kerbhof eröffnen. Wer über ein passendes Grundstück verfügt und Lust hat, kann auf die Unterstützung von Käthi Frittmann und Co. zählen. „Wir helfen gerne mit Rat und Equipment. Die Leute, die immer bei uns waren, müssen ja irgendwo untergebracht werden“, meint Frittmann. (Manuel Schubert)

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