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Egelsbacher bereisen Senegal und Gambia

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Von: Julia Radgen

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Wasser für den neuen Obstbaum: Annkatrin Hoeck kümmert sich gemeinsam mit Dorfbewohnern um den Setzling.
Wasser für den neuen Obstbaum: Annkatrin Hoeck kümmert sich gemeinsam mit Dorfbewohnern um den Setzling. © p

Egelsbach - Abermals hat es die Egelsbacher Naturfreunde Bernfried Kleinsorge und Annkatrin Hoeck nach Westafrika verschlagen. Nach Togo besuchten sie diesmal mit einer Delegation aus acht europäischen Staaten die Länder Senegal und Gambia. Von Julia Radgen

Im Fokus standen der Naturschutz und die Frage, wie Ökotourismus dort möglich ist. Während viele Ortsvereine der Naturfreunde in Deutschland Nachwuchssorgen plagen, ist die Lage in Afrika anders: Es sind vor allem junge Menschen, die sich für Naturschutz stark machen. Das haben Bernfried Kleinsorge (62) und Annkatrin Hoeck (60) bei ihrem gut zweiwöchigen Besuch aus erster Hand erfahren. „Alte Europäer trafen auf junge Afrikaner“, scherzt das Ehepaar, das sich bei den Naturfreunden Egelsbach/Erzhausen engagiert. Mit 38 anderen Mitreisenden besuchten sie die westafrikanischen Staaten Senegal und Gambia.

Anlass der Reise war, dass die Naturfreunde International (NFI) diese als „Landschaft des Jahres“ ausgewählt hatte. Alle zwei Jahre wird eine Region bestimmt, die durch schöne Landschaft besticht, aber auch mit strukturellen Problemen zu kämpfen hat. Erstmals liegt diese in Afrika. Auf dem Reiseplan der Naturfreunde stehen vorbildliche Projekte, die sich für das Land, seine Menschen und die Natur starkmachen. Bereits vor vier Jahren waren Kleinsorge und Hoeck mit der Organisation nach Togo gereist.

Diesmal ging es vom Senegal, der sich im Norden von den Ausläufern der Saharawüste bis zum Beginn des tropischen Feuchtwalds im Süden erstreckt, nach Gambia. Das Land ist auf der Karte nur ein schmaler Streifen und fast vollständig von Senegal umschlossen. Zunächst kommen die Naturfreunde am erst im Dezember eröffneten internationalen Flughafen von Dakar an. Das blitzeblanke, moderne Tor zur Welt passt so gar nicht zu dem, was die Reisegruppe in den kommenden Tagen sieht: Sie lernt das dörfliche Leben kennen. Rückblickend sagen die Betreiber des Gästehauses Hoecks Hof: „In Dakar werden überall Riesenhotels gebaut, aber auf dem Land fehlt das Geld für Lehrer und Wasser an Schulen.“

Kleinsorge und Hoeck sind dabei zwar in der großen Gruppe mit Offiziellen unterwegs und nicht als Individual-Touristen. Hinter dem Besuch der Länder steht aber auch die Frage, wie das Gebiet für Ökotourismus – also das verantwortungsvolle Reisen, das auf Umwelt und Bevölkerung Rücksicht nimmt – erschlossen werden kann. „Wir waren gewissermaßen die Versuchstouristen“, sagen die beiden schmunzelnd.

Erste Station der Reise ist Koungheul im Zentrum Senegals. Bei den afrikanischen Naturfreunden, die vor allem im Jugendbereich aktiv sind und sich der Wiederaufforstung verschrieben haben, werden sie groß empfangen. Die Gastfreundschaft der Menschen hat das Paar nachhaltig beeindruckt. „Sie waren unglaublich positiv und freundlich“, sagt Hoeck begeistert. In farbenprächtigen Kleidern, teils eigens für den Anlass geschneidert, bekochten die Afrikaner die Delegation. „Da gab’s ein ganzes Zeburind zum Abendessen.“ Dann geht die Reise weiter nach Gambia. Die schöne Landschaft begeistert die Egelsbacher: Sie schwärmen von einer Fahrt auf dem Fluß Gambia, von dem aus man Schimpansen und Flusspferde sehen kann. Zu Ehren der Gäste wird ein Fest erstmals nach 20 Jahren wieder aufgelegt: Das Kangurang-Festival, bei dem die Afrikaner in prächtigen Kostümen traditionelle Tänze aufführen. „Das sah wahnsinnig toll aus und war echte Akrobatik“, sagt Hoeck.

Doch es geht bei der Reise auch darum, die Probleme der Länder kennenzulernen. Eines offenbart sich den Naturfreunden, sobald sie den Großraum der Hauptstadt Dakar verlassen: Müll. Die Landschaft ist übersäht mit Plastik und Schmutz, Ziegen suchen nach Futterresten, Vögel picken im Dreck. „Es gibt nicht einen Meter frei von Müll und Plastik“, schildert Kleinsorge. Das sei ein großes Problem – es gebe weder ein Sammel- noch ein Verbrennungssystem. „Da muss dringend etwas gemacht werden!“, sagt Hoeck. Das Bewusstsein der Bevölkerung müsse sich ändern, aber vor allem die Regierung sei in der Pflicht, die Plastikflut einzudämmen, glauben die Naturfreunde. Dass das möglich ist, beweist Ruanda, wo die Regierung Plastik seit 2006 verboten hat.

Auch die Auswirkungen des Klimawandels treffen die Bevölkerung hart, wie die Egelsbacher erfahren: Dürre und die zunehmende Verwüstung des Gebiets am Rande der Sahara führen zu Wassermangel und Armut. Die Bevölkerung zieht es zunehmend in die Städte, manche nehmen sogar die gefährliche und – wegen der Asylbestimmungen für Westafrikaner – sinnlose Flucht nach Europa in Kauf. Eine Situation, die die Egelsbacher bestürzt. Es sei daher wichtig, den nachhaltigen Tourismus anzukurbeln, um der Flucht entgegenzuwirken und die Lage der Einwohner zu verbessern – auch wenn zuvor das Müllproblem eingedämmt und die Infrastruktur ausgebaut werden müssten.

Um selbst etwas zu hinterlassen, pflanzten die Naturfreunde jeweils zu zweit Zitronen- und Mangobäume in den Gärten der Afrikaner. „Rund 500 Bäume kamen dabei zusammen – auch wenn das nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist“, sagt Kleinsorge. Wieder zurück in ihrer Heimat sitzen die umtriebigen Egelsbacher aber nicht still. „Es gibt Millionen Ideen, wenn man nur Geld hätte“, sagt Hoeck. Eine wäre es, dass vorhandene Produkte wie Kakao, Mangos oder Erzeugnisse aus dem Moringabaum vor Ort verarbeitet und dann verkauft werden. „Das brächte mehr Geld und mehr Arbeitsplätze“, sagen die Egelsbacher. Es müssten sich aber Investoren finden. Von Deutschland aus wollen sie dem zuständigen Gouverneur einen Brief schreiben, in dem sie ihre Eindrücke schildern und Vorschläge machen.

Das Wichtigste sei aber, dass Afrikaner vor Ort Projekte starten, um die Situation zu verbessern, betont das Paar. So wie die „Womens Initiative Gambia“: Gut 100 Frauen fertigen dort aus Plastikmüll Federmäppchen, Taschen oder Bälle. Das Projekt, eine private Initiative einer Gambierin, schont nicht nur die Umwelt, sondern bietet Afrikanerinnen Arbeit und Zugang zu medizinischer Versorgung. Es sei besonders wichtig, dass Menschen vor Ort sich engagierten, um das Land voranzubringen, betont das Paar. „Sie werden dringend gebraucht!“

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