Geschichtsverein Egelsbach nimmt an Digitalisierungsprojekt teil

Auf dem Weg in die digitale Zukunft: Der Geschichtsverein Egelsbach wurde ausgewählt, um an einem Modellprojekt von Kreis und Land teilzunehmen. Der Vorstand hat bereits einige Ideen.
Egelsbach – Hans-Jürgen Rüster steht mit einem Laptop zwischen Tonkrügen und Pfeilspitzen, Bildern vom Abriss des historischen Egelsbacher Bahnhofs und alten Dachziegeln. Er will die Webseite des Geschichtsvereins öffnen, doch sie lädt nicht richtig. Das WLAN im Museum zur Ortsgeschichte im alten Arresthaus ist ausbaufähig. „Das Internet reicht nicht ganz bis hier runter“, stellt der Vorsitzende fest. „Auch das ist ein Digitalisierungsprojekt, das wir mal angehen könnten.“
Dazu hat der Geschichtsverein in den kommenden Monaten ausreichend Gelegenheit. Denn er wurde für das Modellprojekt „Unser Verein: Regional und digital“ von Kreis und Land ausgewählt. Zusammen mit der Turngemeinde Dietzenbach und dem Mühlheimer Karneval-Verein erhält der Geschichtsverein bis zum Sommer individuelle Coachings, die Möglichkeit zur Teilnahme an Workshops und eine intensive Betreuung durch die Innovationsplattform Futury – alles mit dem Ziel, die Vereine auf dem Weg zur Digitalisierung voranzubringen. Nach Abschluss des Projekts soll ein Leitfaden entstehen, von dem dann in Zukunft auch andere Vereine im Kreis Offenbach profitieren können.
Kassenwart Mark Grinsted hatte durch Zufall von dem Projekt erfahren und den Geschichtsverein angemeldet. „Ich war ganz überrascht, als dann der Anruf kam, dass wir wirklich dabei sind“, erzählt er, „vor allem weil die anderen beiden ja zwei richtig große Vereine sind. Sie brauchen ganz andere IT-Kenntnisse als wir.“ Bisher haben drei Treffen im Dietzenbacher Kreishaus stattgefunden. Gemeinsam mit Vertretern von Land und Kreis sowie Mitarbeitern von Futury besprachen die drei Vereine, welche Probleme sie haben und welche Digitalisierungsprojekte sie nun angehen wollen. Im 14-tägigen Takt gehen die Meetings noch bis Mitte des Jahres weiter.
„Ich denke, wir tun schon einiges für die Digitalisierung, ohne es richtig zu merken“, sagt Grinsted. So pflegt der 80 Mitglieder zählende Verein etwa eine umfangreiche Webseite und hat dort auch seine große Bibliothek katalogisiert. Auch die Mitglieder- und Finanzverwaltung läuft zum Teil schon digital ab. Im Zuge des Projekts hat sich der Geschichtsverein jedoch das Ziel gesetzt, ein besseres Programm für die digitale Mitgliederverwaltung zu finden. „Beim Abbuchen der Mitgliedsbeiträge läuft bei uns noch vieles von Hand“, erläutert Grinsted. „Und wenn wir zu unserer Weihnachtsfeier einladen, drucken wir Briefe und laufen durch den Ort, um sie einzuwerfen.“ Laut Beisitzerin Eleonore Thomin wollen viele Mitglieder nur ungern ihre Mailadressen herausgeben. „Aber eigentlich kann die Kommunikation nur noch digital stattfinden.“
Der Verein hat viele weitere Ideen: So arbeiten die Mitglieder zurzeit auch an einem digitalen Ortsrundgang. An diversen geschichtsträchtigen Plätzen – vom Arresthaus über die evangelische Kirche bis hin zum Friedhof – wollen sie Stelen mit QR-Codes platzieren. Wer diese scannt, landet auf der Webseite des Geschichtsvereins, wo er via Audiodateien Informationen zu den Orten abrufen kann. So zumindest die Vision. „Das ist ein sehr zeitaufwendiges Unterfangen“, sagt Rüster. „Aber es würde den Bekanntheitsgrad unseres Vereins sicher steigern.“
Auch das ist ein Ziel, das der Geschichtsverein bei seinen Bemühungen um die Digitalisierung verfolgt. „Viele Leute kommen nach Konzerten in der evangelischen Kirche zum Aufwärmen in unser Museum und sind dann ganz erstaunt, dass es so etwas hier überhaupt gibt“, berichtet Rüster. Um mehr Werbung für sich zu machen, will der Verein seine Präsenz in den sozialen Netzwerken ausbauen – auch um für jüngere Mitglieder interessanter zu werden. „Unser Durchschnittsalter liegt bei 75“, so Rüster. Bei Facebook ist der Geschichtsverein schon aktiv. „Bei TikTok werden wir aber eher nicht erscheinen“, sagt Rüster und lacht.
Insgesamt hoffe er, dass es durch das Digitalisierungsprojekt attraktiver werde, im Verein ehrenamtlich mitzuarbeiten, meint der Vorsitzende. „Denn wenn man zu Hause alle technischen Möglichkeiten nutzen kann, hier im Verein aber nicht, frustriert das einfach.“ (Manuel Schubert)