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Städtepartnerschaften für Egelsbach „wichtiger denn je“

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Von: Manuel Schubert

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Nicht nur die Politiker müssen in Kontakt treten, sondern auch die Bürger, findet der Vereinsvorsitzende Ulrich Hahn.
Nicht nur die Politiker müssen in Kontakt treten, sondern auch die Bürger, findet der Vereinsvorsitzende Ulrich Hahn. © privat

Um Egelsbachs Beziehung nach Frankreich und Polen kümmert sich vergangenem Jahr der neue Städtepartnerschaftsverein. Im Interview erklärt Vorsitzender Ulrich, was seit der Gründung geschah.

Seit Oktober hat Egelsbach wieder einen Städtepartnerschaftsverein, der die Beziehungen nach Pont-Saint-Esprit (Frankreich) und Haynau (Polen) pflegen soll. Zu ihrem ersten Vorsitzenden wählten die Mitglieder Ulrich Hahn. Der 59-Jährige ist im Hauptberuf Rechtsanwalt und dazu als Grünen-Fraktionsvorsitzender in der Gemeindevertretung sowie als Beisitzer in den Vorständen des Geschichtsvereins und von Pro Saalbau-Eigenheim aktiv. Im Interview erklärt er seine Motivation für das neue Ehrenamt und was der Städtepartnerschaftsverein in diesem Jahr plant.

Wie liefen die ersten Monate seit der Gründungsversammlung im Oktober?

Erst einmal stand die Eintragung im Vereinsregister über einen Notar an, das hat relativ schnell und problemlos geklappt. Das war auch Voraussetzung für die Beantragung einer Gläubiger-ID bei der Deutschen Bundesbank, um irgendwann Mitgliedsbeiträge einziehen zu können. Die Abstimmung mit dem Finanzamt zum Thema Gemeinnützigkeit läuft noch. Und wir haben natürlich auch Vorstandssitzungen, immer alle drei bis vier Wochen. Gerade arbeiten wir an unserer Website, wir rechnen damit, dass wir sie Mitte März launchen können. Wenn Sie einen Verein von Null aufbauen, haben Sie unglaublich viel interne Verwaltungsarbeit, das kann man sich gar nicht vorstellen.

Sie sind mit 17 Gründungsmitgliedern gestartet, kamen schon weitere hinzu?

Wir wollten uns relativ schnell der Egelsbacher Öffentlichkeit präsentieren, das hat mit einem eigenen Stand beim Adventsmarkt wunderbar geklappt. Unsere Mitgliederzahl liegt jetzt bei 33. Und da sind einige interessante Kontakte dabei, zum Beispiel Leute aus Egelsbach, die aus der Gegend unserer polnischen Partnerstadt kommen oder Verwandtschaft dort haben. Und wir waren überrascht, dass sich auch einige recht junge Leute sehr für das Thema interessieren.

Sind weitere Aktionen geplant, um für den Verein zu werben?

Im Frühjahr, wenn es ein bisschen wärmer ist, werden wir sicher mal an einem Samstag mit einem Stand auf dem Wochenmarkt vertreten sein. Und am 12. Mai, um 19.30 Uhr, gibt es an der Volkshochschule einen kostenlosen Vortrag über unsere beiden Partnerstädte.

Und welche gemeinsamen Veranstaltungen mit den beiden Partnerstädten stehen dieses Jahr an?

Vom 17. bis 21. Mai kriegen wir Besuch aus Polen, vom 7. bis 9. Juli kommen unsere Freunde aus Frankreich. Die Organisation dieser beiden Besuche nimmt gerade all unsere Zeit und Manpower ein. Wir haben regelmäßig Videokonferenzen mit dem Verein, der die Städtepartnerschaft in Haynau organisiert, und laufenden Kontakt zum Komitee aus Pont-Saint-Esprit, dem Bürger und Mitarbeiter der Stadtverwaltung angehören. Wir werden Ende März vorab mit einer kleinen Delegation zu einem Organisationstreffen nach Haynau reisen. Ich war selbst noch nie dort, mir war es ein Anliegen, als neuer Vorsitzender mal persönlich zu erscheinen und unseren Verein vorzustellen.

Im Januar haben die Arbeitskreise zu den beiden Partnerstädten losgelegt. Wie war der Zuspruch?

Sehr gut. Es sind etwa zehn bis zwölf Leute regelmäßig pro Arbeitskreis dabei. Den Arbeitskreis Pont-Saint-Esprit leitet dankenswerterweise Matthias Reichelt. Der Arbeitskreis Haynau wird zunächst kommissarisch von mir geleitet. Bei den ersten Sitzungen haben wir uns erst mal vorgestellt: Was ist meine Intention? Was kann ich an Spezialwissen oder Erfahrung einbringen? Die zweiten Arbeitskreistreffen haben wir dann schon genutzt, um Ideen für die Besuche aus Haynau und Pont-Saint-Esprit zu sammeln.

Was ist für die Besuche geplant?

Ich kann jetzt schon sagen, dass aus Haynau eine Jugend-Fußballmannschaft und Vertreter des Jugendparlaments mitkommen werden. Auch ein Künstler oder eine Künstlerin aus Haynau wird dabei sein, um den Kontakt mit unserem Kunstverein zu vertiefen und eventuell eine kleine Ausstellung auf die Beine zu stellen. Auf jeden Fall soll es ein Fußballturnier bei der SGE geben und auch eine offizielle Galaveranstaltung. Am Faschingsdienstag ist die nächste Arbeitskreissitzung für Haynau, da werden wir in die Detailplanung einsteigen. Wir haben bestimmt 20 Vorschläge, was man alles machen könnte, da müssen wir jetzt priorisieren. Der nächste Arbeitskreis für Pont-Saint-Esprit ist dann am 7. März.

Eng mit der Gemeinde verzahnt

Die Gemeinde Egelsbach unterhält seit 1991 mit dem französischen Pont-Saint-Esprit und seit 2005 mit dem polnischen Chojnów (Haynau) eine Städtepartnerschaft. Lange Zeit organisierte der Förderverein Städtepartnerschaft die gegenseitigen Besuche, er löste sich 2014 jedoch mangels Vorstandsmitgliedern auf. Die Fahrten nach Chojnów übernahm daraufhin der Egelsbacher Kulturverein, der die Aufgabe 2022 abgab. Im Oktober gründete sich der neue Städtepartnerschaftsverein Egelsbach. Dieser soll eng mit der Gemeinde verzahnt sein, um einen zweiten inaktiven Verein wie in der Vergangenheit zu vermeiden. In den Vorstand wurden neben Ulrich Hahn noch Ernst Gail (stellvertretender Vorsitzender), Hahns Ehefrau Christiane Lassak-Hahn (Kassiererin) und Robert Hoppe (Schriftführer) gewählt. Auch Bürgermeister Tobias Wilbrand und der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Jörg Strobel, sind qua ihres Amtes Teil des Vorstands. Bindeglied zwischen Verein und Rathaus ist die Kulturbeauftragte und VHS-Leiterin Anke Dimitriou. (msc)

Wie wichtig sind die beiden Partnerstädte für Egelsbach – gerade in der heutigen Zeit?

Wichtiger denn je! Wir sehen ja gerade, wie eng Europa zusammenrücken muss, um eigentlich überwunden geglaubte Probleme wie eine kriegerische Konfrontation zu überstehen. Das setzt nicht nur politische Verbindungen voraus, sondern auch persönliche. Und das ist das Hauptanliegen unseres Vereins: dass die Menschen in Kontakt treten, nicht nur die Politiker. Wer mal ein anderes Land hautnah miterlebt hat, der akzeptiert auch, dass manche Dinge dort vielleicht anders laufen – und trotzdem funktionieren. Da kann der Städtepartnerschaftsverein einen wertvollen Beitrag leisten.

Wie wichtig ist Ihnen das Thema persönlich?

Ich komme aus einer klassischen europäischen Familie. Mein Vater war als junger Mann Kriegsteilnehmer, ist 1944 in der sogenannten Ardennen-Schlacht verwundet worden und war dann als Kriegsgefangener lange in England, wo er einige Freunde fand. Als er zurückkam, meinte er: Was ist das für ein Quatsch, den wir hier machen? Wir schießen aufeinander, obwohl wir doch eigentlich gleich ticken, nur eine andere Sprache sprechen und ein paar kulturelle Unterschiede haben. Meine zwei älteren Schwestern waren dann beide jeweils für ein halbes Jahr zum Austausch bei unseren englischen Freunden. Die Tochter aus England war ein halbes Jahr bei uns. Ich war auch oft für mehrere Wochen in England zu Besuch. Eine meiner Schwestern hat einen Holländer geheiratet und ist mit ihm in die Nähe von Amsterdam gezogen, meine Tante ist mit einem Franzosen verheiratet und lebt in Frankreich. Menschen sind keine Feinde, so wurden wir Kinder erzogen. Das alles hat mich bewogen, weiter für diese Idee zu kämpfen.

Sie waren vergangenes Jahr beim Besuch einer Egelsbacher Delegation in Pont-Saint-Esprit dabei. Konnten Sie in der französischen Partnerstadt auch schon persönliche Kontakte knüpfen?

Meine Frau und ich haben tatsächlich Freundschaft geschlossen mit unseren Gastgebern. Als wir im Sommer noch einmal zum Urlaub in Frankreich waren, haben wir sie in ihrem Ferienhaus in den Cevennen besucht. Und im Herbst waren sie dann hier bei uns zu Besuch. Da gibt es schon gefestigte Beziehungen, das ist wirklich schön. (Interview: Manuel Schubert)

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