Jugendparlament weiht öffentlichen Bücherschrank ein

Egelsbach hat seinen ersten öffentlichen Bücherschrank. Dass es das neue Angebot gibt, ist dem Jugendparlament zu verdanken.
Egelsbach – Die Auswahl könnte bunter nicht sein: Neben Klassikern wie „Der Pferdeflüsterer“ von Nicholas Evans oder „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ von Jonas Jonasson steht eine mehr als 1100 Seiten dicke Romanbiografie über Elisabeth I. Ein Regal darunter reihen sich Astrid Lindgren und Hexe Lilli an Lustige Taschenbücher. Selbst Theologen werden fündig mit „Der Geist der Liturgie“ von Joseph Ratzinger oder „Mehr als Ja und Amen“ von Margot Käßmann. Auch ein paar Hörbücher in CD-Form gibt es.
„Ich bin für die schwere Kost zuständig“, sagt Pilar Peña und lacht, als sie den Roman „Der Zementgarten“ des britischen Schriftstellers Ian McEwan auf ein Regalbrett stellt. Die ehrenamtliche Mitarbeiterin der Gemeindebücherei drängt sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen auf einen Bürgersteig neben der Dr.-Horst-Schmidt-Halle, um den neuen öffentlichen Bücherschrank mit einem Grundstock an Lesematerial zu versorgen. Dazu haben sie gleich mehrere Taschen mit aussortierter Literatur mitgebracht.
Dass es das neue Angebot gibt, ist dem Jugendparlament zu verdanken. Im Februar 2022 hatte das Gremium für das Projekt von seinem Antragsrecht Gebrauch gemacht und in der Gemeindevertretung die Einrichtung eines öffentlichen Bücherschrankes gefordert – alle Fraktionen stimmten zu. Nun, ein knappes Jahr später, ist das kostenlose Selbstbedienungsangebot für Lesestoff Realität. „Die Idee dazu hatten wir schon bei unserer ersten gemeinsamen Fahrt“, sagt Justus Dietsche, Vorsitzender des Jugendparlaments, bei der offiziellen Einweihung am Mittwochnachmittag. „Es ist cool zu sehen, dass der Bücherschrank jetzt wirklich hier steht.“
Hier haben verschiedene Akteure zusammen mit wenigen Mitteln ein schönes Angebot geschaffen.
Währenddessen klebt Robert Hoppe, pädagogischer Betreuer des Jugendparlaments, zwei Zettel an die Scheiben des Bücherschranks, die über das Prozedere informieren. Das Konzept ist so simpel wie bei den meisten anderen öffentlichen Bücherschränken: Jeder darf sich bedienen. Und nach dem Lesen bringt man das Buch entweder zurück, oder stellt ein anderes ins Regal. Wer Literatur hinterlässt, sollte darauf achten, dass er sie selbst ansprechend fand und das Buch noch in einem guten und sauberen Zustand ist. „Der Bücherschrank ist weder Antiquariat noch Entsorgungsstelle“, heißt es. Und dass pornografische, rassistische oder gewaltverherrlichende Inhalte dort nichts zu suchen haben, versteht sich eigentlich von selbst.
Hilfe bei der Instandhaltung des Bücherschranks bekommt das Jugendparlament vom Büchereiteam. „Wir werden ihn ein bisschen pflegen und immer wieder mal aus unserem eigenen Bestand auffüllen“, verspricht Büchereisprecher Steffen Wallach. „Jetzt hoffen wir darauf, dass die Egelsbacher ihn gut annehmen und pfleglich behandeln.“ Am Eröffnungsnachmittag herrscht schon mal einiges an Betrieb rund um den Bücherschrank: Mütter holen ihre Kinder von der Kita ab oder bringen sie zur Sporthalle, immer wieder spazieren Bewohner des Seniorenzentrums vorbei.
Gebaut ist der Bücherschrank aus einer ausrangierten Telefonzelle, die die Abfallservice Langen Egelsbach GmbH (ALEG) gespendet hat. Die Beleuchtung – samt Solarzelle auf dem Dach – stiftete und installierte der Egelsbacher Bauhof. Beim Einbau der Regalbretter half den Jugendlichen ein Kumpel von Hoppe, der Schreiner ist. Das Holz bezahlte das Jugendparlament aus seinem eigenen Budget. „Hier haben verschiedene Akteure zusammen mit wenigen Mitteln ein schönes Angebot geschaffen“, freut sich Bürgermeister Tobias Wilbrand. Da der öffentliche Bücherschrank ein Anliegen der Jugendlichen war, habe er sich gewünscht, dass sie auch selbst Verantwortung übernehmen. Im Gegenzug habe die Gemeinde den jungen Leuten freie Hand gelassen und wenig interveniert. „Sie haben sich um vieles selbst gekümmert und das Ergebnis ist gut gelungen“, findet der Rathauschef. (Manuel Schubert)