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„Philosophie im Garten“: Egelsbacher gibt 30.000 Followern Gartentipps

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Niko Becker pflegt seinen Obst- und Gemüsegarten in Egelsbach, auf Instagram gibt er Einblicke. Vor ein paar Tagen ist sein erstes Buch erschienen.

Egelsbach – Alles ist auf Wachstum programmiert. Ansäen, umpflanzen, pflegen, ernten. Der immer währende Kreislauf der Natur bestimmt den Alltag von Niko Becker. Der Garten im Norden des Egelsbacher Brühls kennt keine Sonn- und Feiertage. Wer beim Obst- und Gemüseanbau auf einen grünen Zweig kommen will, muss auch bei Wind und Wetter raus und wie Niko Becker in manchen Wochen locker 60 Stunden arbeiten. Für den Egelsbacher ist das aber eher Vergnügen als Schufterei.

Becker hat schon früh eine Leidenschaft für die Pflege der Beete entwickelt. „Ich habe von meinem Opa viel gelernt. Wir haben Bohnen gesät und auch Kartoffeln geerntet. Mit zwölf Jahren durfte ich dann mein eigenes Gemüse auf einem kleinen Stück in unserem Garten anbauen“, erzählt er. Den Kalender hat er immer fest im Blick. Für Mai haben sich Pankratius, Servatius und Sophie und andere Priester sowie Märtyrer angekündigt. Die Eisheiligen lassen den Gärtner nicht kalt.

Egelsbach: auch die Reichweite auf Instagram wächst

Seit rund sechs Jahren sammelt er Erfahrungen bei der Bewirtschaftung der knapp 500 Quadratmeter großen Beetfläche und bei der Arbeit im selbstgezimmerten Gewächshaus in Egelsbach. Die helle Hütte ist fünf mal zwei Meter groß, 1,89 bis 2,07 Meter hoch und besteht aus neun Zentimeter dicken Holzbalken sowie aus Hohlkammerplatten an den Seiten und auf dem Dach. Auch eine Streuobstwiese und ein paar Hühner und Kaninchen gehören zu seinem Garten.

Volle Kanne bei der Sache: Mit Erfahrung und Leidenschaft versucht Gartenexperte Niko Becker – hier im selbstgebauten Gewächshaus – möglichst viel zu ernten. Wie das gelingt, erklärt er auch in seinem Buch (links).
Mit Erfahrung und Leidenschaft versucht Gartenexperte Niko Becker möglichst viel zu ernten. © AIR

All diese Details und Tipps zum Selberbauen erfahren Interessierte auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen, die Becker seit Jahren bespielt. Auf seinem Instagram-Kanal verfolgen den 25-Jährigen mittlerweile fast 30. 000 Follower. Anders als bei anderen sogenannten Influencern berichtet er aber auch von Misserfolgen und rückt nicht sich selbst ins Rampenlicht, sondern es geht ihm von A bis Z um die Sache, von Aubergine bis Zwiebel.

„Mehr Früchte als an der Uni“: Garten in Egelsbach bringt jährlich 2.000 Kilogramm Obst und Gemüse

Das Gewächshaus ist für die Anzucht im Frühjahr wichtig, denn bereits von Februar an entwickeln sich hinter den transparenten Wänden und mitunter schon bei 20 Grad Zwiebelgewächse, Dicke Bohnen oder Erbsen. Zwei Monate später würden dann dort andere Jungpflanzen wie Tomaten, Kürbisgewächse, Salate und Kohlarten gedeihen, so der Hobbygärtner, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat.

Der Garten ernährt ihn – im Wortsinn und auch was den Lebensunterhalt angeht. Nach dem Abitur versuchte er sich ein paar Semester in einem Philosophiestudium, doch dann spürte er, dass seine Philosophie im Garten liegt und die lautet: „Ganzjährig viel ernten mit dem perfekten Planungsprinzip“. Bei der bodenständigen Arbeit erntet er mehr Früchte als an der Uni, sagt Becker.

Ein Gärtner, der eine grüne Kiste mit Gemüse trägt.
Niko Becker kann mit seinem Garten nicht nur sich selbst versorgen. © 27exp/Imago

Pro Jahr kommen bis zu 2 000 Kilogramm Obst und Gemüse zusammen. Das reiche für ihn, seine Freundin, seine Mutter, seinen Vater und die Eltern seiner Freundin. Niko Becker spricht von seinem „Selbstversorger-Garten“, doch der Begriff sei nicht eindeutig definiert, meint er. „Manche Leute bezeichnen sich schon als Selbstversorger, wenn sie auf der Fensterbank in einem Schälchen Kresse haben, andere sagen, Selbstversorger ist nur jemand, der Getreide anbaut.“

Egelsbacher schreibt auch für Judith Rakers‘ Gartenmagazin

Mit viel Expertise im Gepäck hat Becker sich fortgebildet und an der Fernschule der Studiengemeinschaft Darmstadt Kurse besucht. Seit Oktober 2021 darf er sich zertifizierter Gartengestalter nennen. Mit dem Obst- und Gemüse ist auch seine Community im Internet gewachsen. Auf seinem Instagram-Account erläutert der sympathische Egelsbacher mit dem Schlapphut die Grundlagen des Gärtnerns und zeigt, wie in den Parzellen die größtmögliche Vielfalt und die beste Ernte erzielt werden kann. Da spricht kein Oberlehrer, seine Videos sind fachlich genau und mit einer Portion Humor garniert. Seine jahrelangen Versuchsreihen hätten andere Ergebnisse gebracht als das Schulgartenwissen, sagt er.

Auch die Journalistin und Autorin Judith Rakers wurde auf Becker aufmerksam. Die Tagesschau-Sprecherin gab ihm einen festen Platz in ihrem Online-Gartenmagazin „Homefarming“, in dem der Egelsbacher Experte regelmäßig wie in seinem Buch Gemüseporträts veröffentlicht, Tipps zu Anzucht-, Pflanz- und Erntezeiten gibt und von seinen Erfahrungen mit Rosenkohl, Rettich, Radieschen und Co. berichtet.

Apropos Vielfalt: Die Reichhaltigkeit von Obst und Gemüse wächst bei Niko Becker auf dem Fundament des Baukastenprinzips. Er hat sich für einen gestaffelten Anbau entschieden, um zu demonstrieren, wie man ein Beet besser nutzen und auf der gleichen Fläche mehr anbauen kann. Sein Erfolgsrezept basiert auf dem Faktor Zeit und der genauen Produktauswahl. Konkret geht es Niko Becker um eine exakte Planung und die richtigen Sorten. In dieser Kombination gelingt es ihm, die Erntezeit zu verlängern und somit die Erträge zu steigern. Wenn er beispielsweise viermal im Jahr Buschbohnen oder bis zu 20 Mal Salate sät und sich alles gut entwickelt, dann wächst auch die Freude. (Achim Ritz)

Weitere Informationen zu Niko Beckers Arbeit, seinem Buch und seinen Social-Media-Kanälen gibt es hier.

Ein Bauprojekt wie das von Niko Becker wird in und um Egelsdorf immer schwieriger, denn die mit dem Ukraine-Krieg gestiegenen Energiekosten wirken sich auch auf die Materialkosten aus.

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