„Scharfes Eck“ in Egelsbach: Der Favorit heißt rechts vor links

Beim nächsten Egelsbacher Verkehrs-Workshop mit der Hochschule Darmstadt präsentieren die Studierenden Ideen, wie sich das „Scharfe Eck“ entschärfen lässt. Eine der zwei Varianten bekommt besonders viel Zuspruch.
Egelsbach – Jürgen Follmann spricht von zwei Varianten, die „noch nicht ausgegoren und vielleicht auch ein bisschen provokant sind“. Der Professor der Hochschule Darmstadt und seine Studierenden arbeiten gerade für die Gemeinde an einem Verkehrskonzept – und haben im Zuge dessen die Aufgabe bekommen, Lösungen zu erarbeiten, wie sich das „Scharfe Eck“ entschärfen ließe. Genau dieser unübersichtliche Knotenpunkt von Schul-, Luther-, Bahn- und Ernst-Ludwig-Straße steht beim dritten Workshop zur Nahmobilität im Mittelpunkt.
Beim ersten Termin im September war eine Gruppe bei einem Rundgang verschiedene Problemstellen im Ort abgelaufen, beim zweiten Workshop im Dezember durften sich Jugendliche dann an einer Verkehrsplanung für die Wolfsgartenstraße ausprobieren. „Heute lebt der Workshop von Ihren Ideen“, lässt Follmann die rund 30 Anwesenden im Bürgerhaus wissen und fordert sie auf, sich an drei Stationen zu verteilen.
Dort warten auch schon die Studierenden und erläutern an großen Plakaten die zwei erarbeiteten Varianten zum „Scharfen Eck“. Die erste sieht eine Rechts-vor-links-Regelung für die komplette Kreuzung vor, die zweite eine Vorfahrt für die Nord-Süd-Achse. Beide Varianten eint, dass die Ernst-Ludwig-Straße für den Radverkehr in beide Richtungen freigegeben werden soll. Denn die Route wird vor allem von Kindern und Jugendlichen als Schulweg genutzt – in südliche Richtung zur Wilhelm-Leuschner-Schule oder nach Norden zu den weiterführenden Schulen in Langen. „Die Schüler fahren de facto eh schon in beide Richtungen dort durch. Wir müssen schauen, wie wir das sicherer machen können“, meint Bürgermeister Tobias Wilbrand.
SPD-Gemeindevertreter Daniel Görich findet die erste Variante besser – „weil sie Geschwindigkeit rausnimmt“. Auch an einer anderen Station sprechen sich die meisten Teilnehmer für eine Rechts-vor-links-Regelung aus. Student Florian Herget hat fleißig mitgeschrieben: „Die meisten favorisieren die Variante eins, weil sie übersichtlicher ist.“ Auch Herget findet, rechts vor links sei „innerorts das Beste, was man machen kann“. Weitere Anregungen der Bürger, die er auf seinen Karteikarten notiert hat, sind zusätzliche Zebrastreifen oder eine bessere Barrierefreiheit. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Laura Kehrer hat an ihrer Station ebenfalls mitgenommen, „dass rechts vor links eher gewünscht ist, weil es die Geschwindigkeit reduziert, Übersicht gewährleistet und das Miteinander fördert“.

Auch über die Auswirkungen auf die umliegenden Straßen wird diskutiert. Soll etwa auch die Schulstraße für Radfahrer in beide Richtungen freigegeben werden – und die Langener Straße als weitere Nord-Süd-Verbindung gleich mit? Letzteres hatte die Gemeindevertretung vor zwei Jahren abgelehnt. „Ich sehe das kritisch, die Radfahrer müssen jetzt schon oft auf den Gehweg ausweichen“, kommentiert ein Besucher die Öffnung in beide Richtungen. Ein anderer meint: „Ich finde es ein Unding, dass in dieser engen Straße geparkt werden darf. Gibt es ein Recht darauf, dass man sein Auto im öffentlichen Raum abstellen darf?“ – „Absolut nicht“, erwidert Student Sebastian Bruns.
Stefan Ehrhard (Grüne) schlägt vor, für Autos die Einbahnstraße in Richtung Norden zu drehen. Auch Wilbrand ist der Meinung, man müsse die Langener Straße komplett neu denken, etwa durch ein changierendes Parken. „Das würde dafür sorgen, dass die Autos nicht dort durchschießen“, bestätigt Follmann. Eine Zuhörerin kann dem wenig abgewinnen. „Das ist doch Schikane“, findet sie. Man solle lieber an die Vernunft der Leute appellieren, „statt so ein Bohei zu machen“.
Mit den Anregungen aus den drei Workshops im Hinterkopf wollen Follmann und seine Studierenden nun – in Abstimmung mit der Gemeinde – das Verkehrskonzept entwickeln. Dieses soll im Sommer bei einer Bürgerversammlung präsentiert werden. (Manuel Schubert)