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In der Bäckerei bleiben die Lichter aus

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Um auf die Preisexplosion im Energiesektor hinzuweisen ist am Mittwoch in der Bäckerei von Jürgen Kreher in Eppertshausen das Licht ausgeblieben.
Um auf die Preisexplosion im Energiesektor hinzuweisen ist am Mittwoch in der Bäckerei von Jürgen Kreher in Eppertshausen das Licht ausgeblieben. © zeta

Der Münsterer Bäckermeister Jürgen Kreher, der seine Bäckerei in Eppertshausen hat, nimmt an einer Aktion des Bäckerhandwerks in und um Düsseldorf teil, um auf die extremen Energiepreissteigerungen hinzuweisen.

Eppertshausen – „Uns geht das Licht aus“, steht in gelben Buchstaben auf einem Plakat, das in der Warentheke von Bäckermeister Jürgen Kreher hängt. Vom dunklen Hintergrund hebt es sich gut ab, während die Brötchen, Stückchen und Kuchen dahinter kaum wahrnehmbar sind. Denn in der Eppertshäuser Bäckerei bleibt an diesem Mittwoch tatsächlich das Licht aus.

Manche Kunden fragen sich, ob die Bäckerei überhaupt geöffnet ist, oder vermuten einen Stromausfall. Aufmerksamkeit ist Jürgen Kreher garantiert – und das ist auch so gewollt. Denn er hat sich an einer Aktion beteiligt, die vom Bäckerhandwerk in und um Düsseldorf initiiert wurde und mit der auf die extremen Energiepreissteigerungen hingewiesen werden soll. „Wir handwerklich arbeitenden Bäcker wissen nicht, wie wir mit diesen Kostenexplosionen weiter existieren sollen“, sagt Kreher.

Ab Dezember werde seine Gasrechnung zweieinhalb Mal so hoch sein wie bisher. Auch die Stromkosten steigen und ebenso die Rohstoffpreise. An die Kunden könne er diese Ausgaben nicht komplett weiterreichen. „Solche Preissteigerungen würde niemand mitmachen. Verständlich, da viele Menschen selbst immer weniger Geld zur Verfügung haben.“ Die explodierenden Energiekosten hätten einige Bäckereien bereits zum Aufgeben gezwungen. Zumal die Branche nicht unter das Energiekostendämpfungsprogramm falle und Bäckereien keine Unterstützung erhielten. „Ich bin seit 1996 im Bäckerhandwerk selbstständig und habe etwas vergleichbares noch nicht erlebt.“

Sechs Mitarbeiterinnen beschäftigt Kreher, der von Filialen stets abgesehen hat. Er will Klasse statt Masse produzieren, legt seit jeher großen Wert auf eine fundierte Ausbildung seiner Lehrlinge und arbeitet überwiegend mit Zulieferern aus der Region zusammen, von denen er Eier, Äpfel und Salat für Gebäck und belegte Brötchen bezieht. Preissteigerungen habe er nicht zuletzt durch die Zusammenarbeit mit umliegenden Erzeugern moderat halten können. Doch nun habe er auf viele Faktoren keinen Einfluss mehr.

Der Bäckermeister hat bereits einige Einsparmaßnahmen vorgenommen, sein Sortiment verkleinert und beispielsweise seine Spezialbrote aus dem Angebot genommen, da er für diese den Backofen noch einmal hochheizen muss. Laugenbrezeln gibt es bei ihm nicht mehr, da die Vorbereitung zu viel Zeit beansprucht. Zwar seien gerade diese Produkte bei den Kunden beliebt. Doch da überall in Deutschland Gewerbetreibende und Kommunen aufgefordert seien, sich über eine mögliche Gasmangellage Gedanken zu machen, habe er dies ebenfalls getan.

Alle Kommunen sollten überlegen, was für die Versorgung der Menschen wirklich wichtig und unverzichtbar ist. Eine entsprechende Aufforderung des Städte- und Gemeindebunds wird vom Eppertshäuser Rathaus bestätigt, das mit den örtlichen Betrieben in Kontakt steht.

Neben den rasant steigenden Energiepreisen und der Konkurrenz durch die großen Ketten hätten er und seine Kollegen aus dem Bäckerhandwerk mit hohen Rohstoffpreisen zu kämpfen, sagt Kreher. „In den vergangenen Monaten ist der Weizenpreis enorm gestiegen, obwohl es keinen extremen Getreidemangel gibt. Der Grund liegt vielmehr darin, dass auf Lebensmittel an der Börse spekuliert wird“, sagt Jürgen Kreher. „Die Politik müsste Spekulationen auf Lebensmittel verbieten, sonst wird es immer Menschen geben, die darauf wetten, sodass die Preise unbezahlbar werden und wir unsere Existenz verlieren.“

Über solche Themen sprechen auch einige Kunden im dunklen Verkaufsraum. Viele befürchten Unruhen im Land, wenn der noch relativ unbeschwerte Sommer vorbei ist, Vergünstigungen des Staates wegfallen und vieles nicht mehr zu bezahlen ist, Unternehmen schließen und Menschen arbeitslos werden. Auch im Fall Kreher würden neben der Familie des Inhabers sechs Mitarbeiterinnen ihren Arbeitsplatz verlieren.

„Ein traditioneller Bäcker gehört zur Grundversorgung in einem Ort wie Eppertshausen“, meint eine Kundin. Sie werde weiterhin hier einkaufen, auch wenn Jürgen Kreher die Preise noch einmal anheben müsse. Dennoch spüre auch sie inzwischen die Kostensteigerungen in vielen Bereichen. „Ich hoffe, dass ich mich nicht eines Tages entscheiden muss, ob ich beim Essen spare oder beim Heizen.“ (zeta)

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