Organist Rochus Paul verlässt Eppertshausen

Wenn Rochus Paul in der evangelischen Friedensgemeinde Eppertshausen die Orgel gespielt hat, dann war regelmäßig Applaus zu hören gewesen am Ende des Gottesdienstes.
Eppertshausen -Manchmal war es ein sehr langer Applaus, manchmal gar begleitet von Rufen wie „Den kamma was hoase!“ oder einfach nur „Klasse!“. Nun hat die Gemeinde ihren langjährigen Organisten und früheren Chorleiter dennoch ziehen lassen müssen.
Der Kirchenvorstand überreichte ihm als Dankeschön symbolisch das Eppertshäuser Kirchtürmchen – höher noch als eine große Taufkerze und ganz und gar in Schokolade gegossen. Auf diese Weise sollte der für beide Seiten bittere Abschied zumindest ein wenig versüßt werden.
Eigentlich wollten ihn die Eppertshäuser gar nicht ziehen lassen. Denn mit Rochus Paul ist die Friedensgemeinde seit 2007 eng verbunden gewesen. So manche in der Gemeinde kennen ihn noch als Chorleiter des evangelischen Kirchenchors Eppertshausen/Ober-Roden, der sich 2014 – im 41. Jahr seines Bestehens – aufgelöst hat. Ein Grund war damals das fortgeschrittene Alter der Sänger. Ein anderer Grund aber war damals auch der Abschied von Dirigent Rochus Paul, der sich künftig verstärkt andernorts als Chorleiter und Probenbegleiter betätigte. Die Worte, mit denen Pfarrer Johannes Opfermann bei der Auflösung des Chores vor acht Jahren den Gottesdienst eröffnete, passten nun auch bei Pauls Verabschiedung als Organist: Traurig dürfe man über den Verlust und den Abschied sein, freudig und dankbar aber auch über die Musik, die man über so viele Jahre geschenkt bekam.
Gleichwohl überwiegt das Verständnis, dass sich für RPaul der Weg von seinem Wohnort Frankfurt nach Eppertshausen mit Blick auf das Honorar, das für die kleine, nur rund 1 000 Mitglieder starke Gemeinde, möglich war, schon lange nicht mehr gelohnt hat. Und seit Paul aus gesundheitlichen Gründen mit der Bahn statt dem Auto anreisen muss, war es auch zeitlich ein deutlich höherer Aufwand für ihn geworden, am Sonntagmorgen bei den Eppertshäusern im Gottesdienst die Orgel zu spielen.
Stolz kann die Friedensgemeinde darauf sein, über viele Jahre einen solchen Profi-Musiker an ihrer Seite gehabt zu haben: Paul studierte Orchesterdirigieren in Frankfurt. Er profiliert sich freischaffend als Dirigent, Komponist/Arrangeur, Tastenspieler und Sänger. Auch ließ er sich an der Bundesakademie Trossingen zum Chorleiter weiterbilden. Als Dirigent arbeitete er mit der polnischen Kammerphilharmonie, der Philharmonie Südwestfalen und dem Main-Kammerorchester; Engagements führten ihn in die Alte Oper Frankfurt, das Konzerthaus Detmold, das Orpheum Graz oder den HR-Sendesaal, Konzertreisen unter anderem nach Finnland, Frankreich und Italien; Rundfunkaufnahmen wurden im HR, im BR sowie im SWR ausgestrahlt. Seit 2022 baut er unter dem Label „aberSOWASvon!“ einen Selbstverlag auf als Komponist und Arrangeur. 2020/21 hat sich für ihn die Studioarbeit als neues Standbein etabliert.
„Wir wünschen ihm weiter alles Gute, viel Erfolg und Gottes Segen“, heißt es aus dem Kirchenvorstand. (nkö)