Ehemalige Thomashüttenbetreiberin feiert 90. Geburtstag

Elisabeth Gruber, die mit ihrem Mann Karl mehr als ein halbes Jahrhundert lang die Thomashütte betrieb, hat ihren 90. Geburtstag gefeiert – natürlich auf dem Gutshof.
Eppertshausen – Vier Kinder, 13 Enkel und sechs Urenkel – das sind „nur“ die familiären Eckdaten im Leben von Elisabeth Gruber. Will man das Bild der Eppertshäuserin mehrschichtig zeichnen, so muss man mindestens die 71 und die 90 ergänzen: Vor 71 Jahren, 1951, lernte sie als gebürtige Elisabeth Willenborg ihren Mann Karl auf der Thomashütte kennen. Der Gutshof an der Kreisstraße zwischen Eppertshausen und Messel sollte fortan ihr Lebensmittelpunkt werden. Am vergangenen Mittwoch hat sie dort ihren 90. Geburtstag gefeiert.
Dabei hatte Gruber die kürzeste „Anreise“: Sie wohnt auch als Witwe noch auf der Thomashütte. Deren Nachkriegsgeschichte prägten ihr Mann und sie wie niemand sonst, auch wenn die Familie Gruber die Gutshof-Immobilien und das drei Hektar große Areal vor einigen Jahren an Peter Possmann verkauften. Seit 2020 sind Jens Kleiner und Ilhan Erdogan die Besitzer und Betreiber der Thomashütte – und zählten am Mittwoch zu den vielen Gratulanten.
Unter denen war auch das Mandolinenorchester des Eppertshäuser Odenwaldklubs (OWK), das im Pavillon der Thomashütte abends einige Lieder zum Besten gab. Elisabeth Gruber gehört dem Odenwaldklub schon lange an, obgleich das harte Arbeitsleben und die vielfältigen Verpflichtungen auf dem Gutshof selten Raum für ausgiebige Freizeitaktivitäten ließen. Noch bis 2006 packte die Jubilarin dort mit an.
Jahrzehnte zuvor hatte das zentrale Kapitel ihrer Vita seinen Anfang genommen. Gruber stammt aus dem Kreis Cloppenburg, war 1951 zu Gast in Hergershausen und besuchte dabei auch die Thomashütte. Dort lernte sie – ein halbes Jahr vor ihrem Abitur – Karl Gruber kennen. Und lieben: Bereits ein Jahr später, 1952, heirateten sie.
Seit dieser Zeit war Elisabeth Gruber fest in die Abläufe der auch damals schon gastronomisch aktiven Thomashütte eingebunden. „Ich habe alles gemacht, was angefallen ist“, sagt die nun 90-Jährige, deren Familie in Norddeutschland einen Viehhandel und Landwirtschaft betrieb und die neben den Bewirtungsaufgaben auch die Kühe auf dem Gutshof molk. „Mit Haushalt und vier Kindern ist da immer genug Arbeit angefallen“, blickt sie zurück. Und kann sich noch exakt an die Thomashütten-Preise der frühen 50er erinnern: „Die Portion Handkees mit Musik hat 95 Pfennig gekostet“, nennt sie ein Beispiel.
Derlei regionale Klassiker führt der Gutshof in Gaststätte und Biergarten auch sieben Jahrzehnte später noch. Trotzdem habe sich natürlich viel getan, weiß Gruber aus eigener Anschauung (aus ihrer Wohnung geht sie öfter die wenigen Schritte ins Lokal, um sich ein Glas Wein zu gönnen). „Die Ansprüche sind gewachsen“, hat sie festgestellt. Nur mit Schnitzel und Schinkenbrot auf der Karte komme man heute nicht mehr weit. Eins gelte aber für einst wie jetzt: „Damit das Geschäft läuft, ist es hier schon immer aufs Wetter angekommen.“
Karl und Elisabeth Gruber verließen sich dennoch nie ausschließlich darauf, dass ihnen Petrus eine schöne Sommersaison bescheren würden. In ihre Ära fielen auf dem Gutshof mehrere markante Investitionen in die Infrastruktur: 1955 renovierten sie und bauten die Gasträume komplett um; 1965 erweiterten sie die Küche und die Gaststätte durch den Anbau mit der „Jägerstube“. 1975 ergänzten sie mit dem „Pavillon“-Anbau das räumliche Portfolio. Lediglich zur Umwidmung der alten Scheune zur Event-Location kam es erst nach ihrer Schaffenszeit. Als unmittelbare Anwohnerin hat Elisabeth Gruber freilich auch diesen Meilenstein der mittlerweile 324-jährigen Thomashütten-Geschichte aus nächster Nähe miterlebt. (Jens Dörr)