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Diesmal nicht ganz so nervös

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Von: Lars Herd

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Mit 21 Jahren ist Jens Murmann wohl einer der jüngsten Kerbvädder.
Mit 21 Jahren ist Jens Murmann wohl einer der jüngsten Kerbvädder. © Just

Zwar ist die Eppertshäuser Kerb in diesem Jahr coronabedingt etwas kleiner ausgefallen, gefeiert wurde sie aber trotzdem gebührend.

Eppertshausen – Ginge es darum, den jüngsten Kerbvadder Hessens ausfindig zu machen, wäre Jens Murmann sicher vorne dabei. Nach seiner Premiere im vergangenen Jahr kletterte der 21-Jährige am Samstagnachmittag zum zweiten Mal auf die Leiter, um die Geschehnisse im Ort mit Humor auf die Schippe zu nehmen. „Die Nervosität ist diesmal nicht ganz so groß“, sagte der Schreiner-Azubi kurz vor dem Verlesen des Kerbspruchs. Für den Zylinderträger war es durch Corona nicht ganz so einfach, heitere Begebenheiten zu finden. Zum Glück bekam er aber doch noch acht erheiternde Geschichten zu Gehör, die er in Reimform zu Papier brachte.

Vor deren Verkündung stand noch der Kerbgottesdienst an. Damit wurde auch in diesem Jahr Wert auf die Erinnerung gelegt, dass Kerb von Kirchweih kommt. Bei strahlendem Sonnenschein fanden Andacht und Kerbspruch im Freien vor der Bürgerhalle statt. Damit fiel allen Beteiligten eine Last von den Schultern, denn das erleichterte den Zugang für die 170 Besucher. Freilich wurde der Kerbgottesdienst ökumenisch von den beiden Pfarrern Johannes Opfermann (evangelisch) und Bernhard Schüpke (katholisch) geleitet. Unter der Überschrift „Sieh doch, wie bunt diese Kerb ist“ sorgten Valerie Kramer, Inka Bourhofer und Patricia Schledt für eine moderne, erfrischende Gestaltung. Die Band „Um Gottes Willen“ sang und spielte auf schwungvolle Art, während sich alte und neue Kerbmädchen und -burschen bei der Lesung, den Fürbitten sowie tief greifenden Gedanken als Ersatz für die Predigt einbrachten. Dabei zogen Moritz Unterleider, Valerie Kramer und Patricia Schledt gleichermaßen Aufmerksamkeit und Anerkennung auf sich. Besonders beeindruckend trat Schledt mit ihrer Interpretation des Mottos „Sieh doch, wie bunt diese Kerb ist“ hervor. Wie sie sagte, hätten sich in der Pandemie viele Leute zurückgezogen und nur noch auf sich konzentriert. Die Kerb biete nun die Möglichkeit, wieder aufeinander zuzugehen und füreinander da zu sein. Schledt forderte, für alle Begegnung offen zu sein und niemanden auszuschließen. „Neue Ideen und Freundschaften bringen Fortschritt für den Ort und die Gesellschaft. Wir können mehr sein, Vielfalt ist Macht“, blickte sie auf einen bekannten Buchtitel.

Das gute Wetter am Samstagnachmittag erleichterte den Zugang für die 170 Besucher, zu denen auch zahlreiche alte Kerbjahrgänge gehörten.
Das gute Wetter am Samstagnachmittag erleichterte den Zugang für die 170 Besucher, zu denen auch zahlreiche alte Kerbjahrgänge gehörten. © Just

Beim Kerbspruch ging Jens Murmann auf unfähige Handwerker ein oder die drei Eppertshäuser Grazien, die nach einem nächtlichen Badeausflug im Urlaub nur mit Mühe zurück auf das bereits verschlossene Campinggelände kamen. Auch die Story über einen E-Scooter-Fahrer, in dessen Radkasten sich eine Hundeleine verfing, weshalb er einen „Fiffi“ mehrere Meter mitzog, fehlte nicht. Die wohl ulkigsten Geschehnisse drehten sich um eine Hanfpflanze auf dem Schulgelände und einen glücklichen Kurzbesuch in der Kirche.

Die Hanfpflanze rief sogar die Polizei auf den Plan, allerdings gab der Biologielehrer Entwarnung. Denn die Cannabis-Pflanze entstand durch ein Korn, das beim Picken der Vögel im Vogelhäuschen runtergefallen war. „Im Meisenknödel, das ist bekannt, gibt‘s auch mal etwas Hanfbestand. So wuchs an besagter Stelle, ein kleines Pflänzchen auf die Schnelle“, klärte der Kerbvadder auf.

Glücklich ging auch die Nacht für einen jungen Eppertshäuser aus, der frühmorgens auf dem Nachhauseweg die offenen Kirchentüren sah und sich zum Ausruhen und zur Geistesbesinnung kurz in die noch leeren Reihen setzte. Zuhause bemerkte er dann, dass Geld, Handy und Brille fehlten. Hatte man ihn am Abend zuvor unbemerkt ausgenommen? Zum Glück nicht, alles fand sich am Kirchenaltar, weshalb die Erleichterung groß war – als auch im Anschluss seine Spende für den Klingelbeutel.

Schneller als sonst haben die Eppertshäuser Kerbborsche und -mädels am Freitag den 11,85 Meter hohen Kerbbaum aufgestellt.
Schneller als sonst haben die Eppertshäuser Kerbborsche und -mädels am Freitag den 11,85 Meter hohen Kerbbaum aufgestellt. © Herd

Bereits am Freitag haben die diesmal nur sieben Eppertshäuser Kerbborsche und -mädels den Kerbbaum aufgestellt. Wozu sie allerdings Hilfe vom mit 21 Mitgliedern ordentlich besetzten Jahrgang 2020 unterstützt wurden, der bei seiner Kerb im vergangenen Jahr coronabedingt den Baum nicht aufstellen durfte. Lange haben sie nicht gebraucht. „Das ging dieses Mal schnell“, sagte Bürgermeister Carsten Helfmann, der die Veranstaltung am frühen Freitagabend moderiert hatte. 11,85 Meter ist der Kerbbaum in diesem Jahr groß – und keinen Zentimeter mehr. Denn wie immer ist der Baum so groß, wie die Gemeinde Eppertshausen alt ist: 1 185 Jahre. (Michael Just / Lars Herd)

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