Große Sause in Eppertshausen

Vier Tage Kerb feierte Eppertshausen am verlängerten Wochenende: eine riesige Kerb-Sause. Nach dem Fest wollen die Aktiven um Kerbvadder Jens Murmann (22) einen neuen Anlauf zur Gründung eines Kerbvereins wagen.
Eppertshausen – „Wer wird denn hier chauffiert?“ Diese Frage war am Wochenende beim Kerbumzug gleich mehrfach zu hören. Angeführt wurde der von einer Rikscha, die Bürgermeister Carsten Helfmann mit Muskelkraft antrieb. Auf der Rückbank saß kein Geringerer als Pfarrer Harald Christian Röper. Da der Ehrenbürger mit seinen über 80 Jahren nicht mehr ganz so gut zu Fuß ist, griff man auf die außergewöhnliche Beförderungsmöglichkeit zurück.
Kerbspruch mit Anekdoten aus Eppertshausen gespickt
Insgesamt besaß der Kerbumzug 17 Nummern. Neben den verschiedenen Jahrgängen mit den Kerbburschen und Kerbmädels liefen auch fünf Gruppen als Repräsentanten der lokalen Vereine mit. Von der Schulstraße ging es Richtung Bürgerhalle. Zuvor hielt Kerbvadder Jens Murmann seinen Kerbspruch im Zelt des Pfarrgartens. Zu den Begebenheiten im Ort gehörte ein Angler, dessen Wagen durch eine vergessene Handbremse in den Aje-See rollte oder ein junger Mann, der fürs Camping nicht das Zelt mitnahm, sondern aus Versehen die halbseitig geöffnete Strandmuschel. Nicht minder heiter war die Anekdote über jenen Eppertshäuser, der nach dem Kauf eines Kastens Bockbier in seinem Vorgarten tatsächlich einen Rehbock sah, der aber umgehend die Flucht antrat.
Nicht immer muss der Kerbspruch jemand auf die Schippe nehmen, was Murmann anhand der Feuerwehr und dem Getränkehandel Braunwarth demonstrierte. Für beide gab es ein Dankeschön, im ersten Fall für den tagelangen Einsatz beim Munabrand, im zweiten für eine 300-jährige Familientradition, die vor wenigen Monaten mit großem Bedauern endete.
Eppertshausen: Kritik am Wagen-Verbot im Kerbumzug
Ein dickes Kompliment heimste der 22-jährige Kerbvadder dafür ein, dass er vor Kritik an der lokalen Obrigkeit nicht zurückschreckte. Denn traditionsgemäß findet im Kerbspruch oder der Fasnacht stets eine Abrechnung mit der Politik statt. So kritisierte Murmann die Entscheidung aus dem Rathaus, den Einsatz von Wagen im Umzug zu verbieten. Der Grund: Auf ihnen sei kein Corona-Abstand gewährleistet. Später wurde die Begründung dann in eine Energiesparmaßnahme umgewandelt. Das führte der Kerbvadder ad absurdum: „Von der Stund’, die mir da fahr’n, wird kein Eppertshäuser arm“, meinte der Zylinderträger. Er bekräftigte die Notwendigkeit der Gründung eines Kerbvereins, der in vielen Dingen mehr Spielraum hätte.

Eppertshausen feierte eine riesige Kerb-Sause. Die begann am Freitag mit dem Aufstellen des Kerbbaums, den 13 Kerbburschen und 14 Kerbmädels aufrichteten. Sogar vier junge Ukrainer gehörten dazu. Der geschmückte Kerbbaum maß exakt 11,86 Meter. Die Zahl symbolisierte die Jahre zwischen der Ersterwähnung Eppertshausens im Jahr 836 bis heute. Nach dem Bieranstich folgte bis spät in die Nacht das Kerb-Warm-up vor der Bürgerhalle.
Wie gewohnt war der Samstag der wichtigste Tag. Den Anfang machte ein ökumenischer Zeltgottesdienst mit den Pfarrern Opfermann und Schüpke. Statt einer Predigt gab es einen berührenden Denkanstoß von Patricia Schledt. Nach der Kerbrede und dem Umzug stand der zweite große Party-Abend an: DJ Mike 808 legte in der Bürgerhalle „bis in die Puppen“ auf. Am Montag ging das Feiern auf die Zielgerade und in den Kneipen wurde noch mal richtig Gas gegeben.
Gibt es bald einen Kerbverein in Eppertshausen?
Die Organisation zahlreicher Programmpunkte lag in den Händen der Rathausmitarbeiter Lutz Murmann und Armin Ouaajoura. Auch sie würden sich freuen, wenn es zukünftig einen Kerbverein gäbe, da die Weichenstellung für den Ausnahmezustand im Herbst eigentlich nicht zu ihren Verwaltungsaufgaben zählt. Vor fünf Jahren nahm Eppertshausen schon einmal Anlauf für einen solchen Verein, was aber misslang. Hauptproblem ist es, einen Vorstand zu finden. In den nächsten Wochen soll das erneut versucht werden. Wie erfolgreich die Bestrebungen sind, dürfte sich schon bald zeigen: Denn führt die Euphorie nach den Festtagen nicht zum Ziel, dürfte die Gründung erneut schwierig werden.
