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„Kleiner Lebenshof“ bei Eppertshausen

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Von: Jens Dörr

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Ein saugutes Leben auf dem Hof bei Eppertshausen führen die Göttinger Minischweine Lucky und Lucie. Sie wurden von einer mit der Pflege überforderten Familie gerettet.
Ein saugutes Leben auf dem Hof bei Eppertshausen führen die Göttinger Minischweine Lucky und Lucie. Sie wurden von einer mit der Pflege überforderten Familie gerettet. © Dörr, Jens

Drei Frauen betreiben den „kleinen Lebenshof“ Anam Cara bei Eppertshausen. Für Samstag laden sie zum Tag der offenen Tür.

Eppertshausen – Vor den Namen ihres Projekts setzen Meike Belz (34), Hanna Barth (34) und Inka Keller (33) das Wort „klein“: der „kleine Lebenshof Anam Cara“. Am Rande von Eppertshausen betreiben die drei Frauen ein Tierschutz-Projekt, das Haus- und Nutztiere mit oft schwerer Geschichte rettet und ihnen einen schönen Lebensabend ermöglicht. Paten und Spender finanzieren die gute Sache, von der sich an diesem Samstag, 27. Mai, jeder ein Bild machen darf.

Dann lädt das Trio von 14 bis 17 Uhr zum Tag der offenen Tür ein. Den genauen Standort des Lebenshofs nahe dem Eppertshäuser Gewerbegebiet Ost II erfahren Interessierte vorab nach Kontaktaufnahme zu den Macherinnen über die Website des Lebenshofs. Offensiv publizieren sie den Standort bei Eppertshausen nicht, um den Tieren unterjährig zu viel Trubel und manch unerwünscht aufs Gelände geworfene Futtergabe zu ersparen. Ein Spagat, schließlich sind sie in Sachen Unterhalt ihrer Zwei- und Vierbeiner auf eine gewisse Öffentlichkeit angewiesen.

Denn den Lebenshof Anam Cara - keltisch für „Seelenfreund“ - führen Belz, Barth und Keller rein ehrenamtlich. Meike Belz ist seine Gründerin. Seit sie Ende 2014 drei Kaninchen vor dem Schlachttod bewahrte, nahm das Projekt Fahrt auf. Zunächst dockte es räumlich an die frühere „Beckmann-Ranch“ bei Eppertshausen an. Seit 2019 steht dem Lebenshof für Weiden, Holzstall und Futterkammer rund ein Hektar Gelände zur Verfügung, den ihm die Gemeinde günstig verpachtet.

Fast 30 Tiere leben hier

Dieses Wachstum war auch nötig, um der steigenden Zahl aufgenommener Tiere gerecht zu werden. Derzeit leben auf dem Areal fünf Ponys, zwei Rinder, zwei Göttinger Minischweine, zwei Zwergziegen, fünf Hähne und eine Katze. „Hinzu kommen neun Hühner, zwei Kaninchen und ein Hund, die wir in Pflegestellen untergebracht haben“, sagt Belz. Fast 30 Tiere also, denen ansonsten traurige Schicksale – vom frühen Tod bis zu Vernachlässigung und Verwahrlosung – gedroht hätten.

„Mit dieser Zahl sind wir ein kleiner Lebenshof“, vergleicht Belz die Eppertshäuser Einrichtung mit ähnlichen ihrer Art. „Genau das wollen wir auch sein, weil wir so jedem Tier eine individuelle und intensive Fürsorge entgegenbringen können.“ Mit „wir“ meint die Gründerin neben Barth und Keller als wichtigsten Mitstreiterinnen auch acht weitere Frauen und einen Mann, die auf dem Hof ihrerseits ehrenamtlich anpacken.

Das gezielte Eingehen auf die Tiere ist in vielen Fällen nötig und mitunter kompliziert. Beispiel Hühner: „Wir kriegen immer wieder Legehennen aus der Industrie“, erzählt Meike Belz. „Die haben oft einen entzündeten Legedarm.“ Häufig müsse der operiert werden, damit die Vögel noch einige Zeit und vor allem schmerzfrei weiterleben können. Was ins Geld geht: „Da haben wir für eine Henne schon mal 500 Euro bezahlt.“

Trotzdem gewichten die Frauen jedes Tierleben so hoch, dass sie, die medizinische Sinnhaftigkeit vorausgesetzt, auch hohe Summen ausgeben, sofern sie aus den eigenen Mitteln irgendwie leistbar sind. Gerade haben die Tierschützerinnen 2 000 Euro für die Augen-OP eines Ponys angezahlt. Der Gedanke, dass Tiere einer bestimmten Art mehr „wert“ sein könnten als andere, ist dem Trio fremd: „Es zählt das Individuum!“

Patenschaft ab 5 Euro im Monat

Insofern haben die geretteten Tiere mit dem Lebenshof den Jackpot gewonnen. Auch wegen des nimmermüden Einsatzes der drei Leiterinnen, die ihr Engagement nicht nur neben Job und Familie stemmen, sondern auch weite Anfahrten aus Aschaffenburg, Eberstadt und Griesheim in Kauf nehmen. „Man ist 24 Stunden erreichbar oder muss zumindest dafür sorgen, dass jemand erreichbar ist“, schildert Belz die zeitliche Herausforderung. Neben der körperlichen Arbeit auf dem Hof und der medizinischen Versorgung in Zusammenarbeit mit Tierärzten nehmen auch Öffentlichkeitsarbeit und Einwerben von Betriebsmitteln viele Stunden in Anspruch.

Neben jenen, die mit Futterspenden ihren Beitrag zum Fortbestand des seit vier Jahren expandierten Lebenshofs leisten, tragen dazu die Paten ihr Scherflein bei. Schon ab einem Euro pro Monat kann man das Projekt unterstützen, ab fünf Euro monatlich die (Teil-)Patenschaft für sein Lieblingstier übernehmen. Die Göttinger Minischweine Lucky und Lucie, vor Vernachlässigung gerettet von einer mit der Pflege überforderten Familie, und der auf dem Hof frech die Gäste begrüßende Hahn Ferdinand dürften neben den Ponys besonders viele Herzen erobern.

50 Paten gibt es derzeit. Seit April 2022 ist der Lebenshof Anam Cara ein eingetragener Verein mit Belz und Barth als Vorsitzende. Seit wenigen Monaten ist er zudem als gemeinnützig anerkannt und kann Spendenbescheinigungen ausstellen. Freilich sind auch jederzeit neue Helfer willkommen, die auf dem Hof anpacken wollen.

Infos im Internet

lebenshof-anamcara.de

Zwei der fünf Ponys auf dem Hof tragen nach Augen-Operationen derzeit einen Fliegenschutz über ihren Köpfen.
Zwei der fünf Ponys auf dem Hof tragen nach Augen-Operationen derzeit einen Fliegenschutz über ihren Köpfen. © Dörr
Hahn im Korb: Gockel Ferdinand mit (von links) Hanna Barth, Meike Belz und Inka Keller.
Hahn im Korb: Gockel Ferdinand mit (von links) Hanna Barth, Meike Belz und Inka Keller. © Dörr, Jens

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