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Wegen Verjährung: Keine Ermittlungen gegen Pfarrer nach Missbrauchsvorwürfen

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Von: Ralf Enders

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Stephanie Rieth, Bevollmächtigte des Generalvikars im Bistum Mainz (vor dem Altar), sah sich am Sonntagabend in der Eppertshäuser Kirche einer Gemeinde gegenüber, die ihren Pfarrer leidenschaftlich gegen die Missbrauchsvorwürfe verteidigte.
Stephanie Rieth, Bevollmächtigte des Generalvikars im Bistum Mainz (vor dem Altar), sah sich am Sonntagabend in der Eppertshäuser Kirche einer Gemeinde gegenüber, die ihren Pfarrer leidenschaftlich gegen die Missbrauchsvorwürfe verteidigte. © Enders

Die Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Pfarrer von Eppertshausen werden zumindest von staatlicher Seite nicht untersucht. Seine Gemeinde steht derweil entschieden hinter ihm.

Eppertshausen – Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hat das Ermittlungsverfahren wegen Missbrauchsvorwürfen gegen einen Pfarrer aus dem Kreis Darmstadt-Dieburg wegen Verjährung eingestellt. Dies bestätigte der Oberstaatsanwalt Robert Hartmann am Montag auf Anfrage unserer Mediengruppe. Einen Namen nannte Hartmann nicht, aber es gibt nach menschlichem Ermessen keine Zweifel, dass es sich um den Eppertshäuser Pfarrer im Ruhestand, Harald Christian Röper, handelt.

Weltliche Ermittlungen wird es also nicht geben. Ob das Bistum Mainz intern nach Kirchenrecht weiter gegen Röper ermittelt, ist noch unklar. Die Bevollmächtigte des Generalvikars im Bistum, Stephanie Rieth, hatte dies auf einer äußerst emotionalen und bisweilen auch turbulenten Pfarrversammlung am Sonntagabend in der Eppertshäuser Kirche nicht ausgeschlossen. Eine entsprechende Anfrage bei der Pressestelle des Bistums blieb bis Montagabend unbeantwortet. Auch die Frage, ob Röper nun in seine Wohnung nach Eppertshausen zurückkehren kann, beantwortete das Bistum am Montag nicht. Die Kirchenleitung hatte ihm nach Veröffentlichung der Vorwürfe Anfang Februar untersagt, in Eppertshausen oder Münster als Pfarrer tätig zu sein und sich in den beiden Gemeinden aufzuhalten. Er wohnt seitdem offenbar bei seinem Bruder in Mainz.

Eppertshausen (Darmstadt-Dieburg): Ermittlungen gegen Pfarrer wegen Verfolgungsverjährung eingestellt

„Das Ermittlungsverfahren wurde wegen Verfolgungsverjährung eingestellt. Es soll sich um Vorfälle aus den Jahren 1971 bis 1973 handeln. Wegen dem Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung steht abschließend auch nicht fest, ob die Taten überhaupt begangen wurden“, teilte Oberstaatsanwalt Hartmann mit.

Verjährung

Welche Form des Missbrauchs Pfarrer Röper vorgeworfen wird, sagte die Bistumsvertreterin Stephanie Rieth nicht. Generell sieht das deutsche Strafrecht für den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen Verjährungsfristen zwischen 5 und 30 Jahren vor. In den meisten Fällen verjährt die Tat zwischen 10 oder 20 Jahren.

Die Vorwürfe betreffen also Taten, die mehr als 50 Jahre zurückliegen. Wenn sie überhaupt begangen wurden. Diese Frage wird die Staatsanwaltschaft nun nicht mehr klären. Röper, das hatte Rieth in zwei öffentlichen Gottesdiensten in Münster und Eppertshausen Anfang Februar mitgeteilt und ihn dabei namentlich genannt, werde Missbrauch vorgeworfen. Um welche Form des Missbrauchs es sich handelt, sagte sie bislang nicht. Auf der Pfarrversammlung am Sonntagabend erklärte sie mehrfach, dass es auch kircheninterne Ermittlungen geben könne, wenn die Staatsanwaltschaft nicht ermittele. Sehr zum Unmut der etwa 200 Besucher, die, so schien es, geschlossen hinter „ihrem“ Pfarrer stehen und die Bistumsleitung für den Umgang mit dem 81-Jährigen in zahlreichen Wortmeldungen äußerst scharf kritisierten. Mehrfach gab es starken Applaus für Redner, etwa wenn das Mainzer Vorgehen als „bodenlose Frechheit“ bezeichnet wurde oder angeregt wurde, ein Disziplinarverfahren gegen Rieth anzustrengen.

Forderung in Eppertshausen (Darmstadt-Dieburg): „Wir sollten Ungehorsam zeigen“

Die hochrangige Bistumsvertreterin wurde also „gegrillt“ von der Gemeinde des nicht nur in Eppertshausen äußerst beliebten Pfarrers. Dennoch verteidigte sie das Vorgehen: „Die katholische Kirche hat das Eingreifen seit Jahrzehnten viel zu oft unterlassen.“ Im konkreten Fall habe es eine „Plausibilitätsprüfung“ der Vorwürfe gegeben, und eine Person habe bereits einen Antrag auf eine sogenannte Anerkennungsleistung gestellt. Seit etwa zwei Jahren gibt es die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), die dafür sorgen soll dass Betroffene sexuellen Missbrauchs Geld von der katholischen Kirche erhalten. „Ich gehe aber fest von der Unschuldsvermutung aus“, sagte Rieth – was ihr viel Gelächter einbrachte. Begleitet wurde sie von Pfarrer Winfried Hommel, Leiter des Instituts für Spiritualität im Bistum, der sich in der turbulenten Debatte jedoch auffallend zurückhielt.

Erst gegen Ende der Versammlung war Hommel um Ausgleich bemüht und bat die Gemeinde, „eine halbe Minute runterzukommen und zu schweigen“. Vergebens: „Wir sollten Ungehorsam zeigen“, rief ein Gemeindemitglied und verließ mit einigen anderen unter Protest die Kirche. (Ralf Enders)

Bescheid vom 13. April

Eppertshausen – Die Nachricht von der Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft hatte ein Vertrauter Pfarrer Röpers am Sonntagabend auf der Pfarrversammlung bereits verlesen. Dies konnte auf die Schnelle freilich nicht verifiziert werden, war aber doch überraschend, denn weder die Bistumsvertreter, noch der Leiter des Pastoralraums Bachgau, Pfarrer Alexander Vogl, wussten davon. Auch eine entsprechende Anfrage unserer Mediengruppe bei der Staatsanwaltschaft blieb in der vergangenen Woche unbeantwortet. Was war da los?

„Das Ermittlungsverfahren wurde mit Bescheid vom 13.04.2023 eingestellt. Wir haben wie gesetzlich vorgesehen sowohl den Beschuldigten, als auch das Bischöfliche Ordinariat beschieden. An wen der Bescheid weitergegeben wird, liegt nicht in unseren Händen“, sagte Oberstaatsanwalt Robert Hartmann am Montag auf Anfrage. Und: „Je nach Dauer der Postlaufzeit dürfte die Mitteilung in den folgenden Tagen übersandt worden sein.“ Er selbst sei in der vergangenen Woche in Urlaub gewesen und habe deshalb keine Anfragen beantworten können.

Zwischen dem Bescheid und der Pfarrversammlung am Sonntagabend liegen also zehn Tage. Bistumsvertreterin Stephanie Rieth wusste noch nichts von der Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft, obwohl ihre Aussagen vor der Gemeinde eigenen Angaben zufolge „mit den Behörden abgestimmt“ waren. re

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