Von Offenbach nach Kianjogu

Offenbach/Frankfurt - Die Welt ist nicht gerecht. In vielen Ländern führt Armut dazu, dass viele Menschen hungern. Was in reichen Staaten gedankenlos für Nichtigkeiten ausgegeben wird, muss in Ländern der dritten Welt für eine Familie einen ganzen Tag reichen. Von Domenico Sciurti
Doch Ärzte aus der Region kämpfen dagegen an.
Oft leiden die Menschen an Unterernährung und anderen Krankheiten. Vieles bleibt unbehandelt. An eine Operation denken die Betroffenen gar nicht erst. Das wäre für sie unbezahlbar. Ärzte aus Deutschland haben sich Hilfsorganisationen angeschlossen, um gegen diese Ungerechtigkeit zu kämpfen; sodass wenigstens die Situation von ein paar wenigen Hilfebedürftigen verbessert wird. Zwei Beispiele sind der Offenbacher Kinder- und Jugendmediziner Dr. med. Matthias Gründler, der sich beim Lufthansa-Verein Cargo Human Care (CHC) in Nairobi engagiert, und die Dreieicherin Dr. Angelika Trabert, die für den Verein MANGO (Medizinische Aktionen in Guinea) im westafrikanischen Guinea als Anästhesistin hilft. Beide Ärzte arbeiten ehrenamtlich und opfern ihren Urlaub für die Einsätze.
„Es ist zwar ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt Trabert, „aber wenn damit wenigstens ein paar Wenigen geholfen ist, reicht es aus.“ Die Menschen in Guinea seien äußerst dankbar für die Hilfe aus Deutschland. Seit Geburt fehlen Angelika Trabert beide Beine, ihre rechte Hand ist fehlgebildet. Doch das hindert sie nicht, sich in Afrika für andere einzusetzen. Ihr Leben in Deutschland sei privilegiert, sagt sie. Trabert ist Fachärztin an den städtischen Kliniken in Offenbach und an der Tagesklinik Frankfurt-Höchst. Außerdem könne sie sich den Luxus leisten, ihrem Hobby nachzugehen: Pferde. Seit Jahren räumt Trabert Preise bei Wettbewerben ab. Zuletzt holte sie bei den Paralympics 2012 in London zweimal Bronze, einmal Silber und einmal Silber mit der Mannschaft.
Trabert will das Leben der Menschen in Guinea verbessern
Trabert will das Leben der Menschen in Guinea verbessern, „auch wenn das nur heißt, dass jemand nach unserer Hilfe wieder auf dem Feld arbeiten kann“, ergänzt sie. Es sei befriedigend, sich um die Gesundheit der Guineer zu kümmern. Deshalb habe sie doch Medizin studiert. 2009 reiste die Anästhesistin erstmals nach Koolo Hinde, einem kleinen Dorf in der Bergregion Fouta Djallon in Guinea. „Es war ein Kulturschock“, erinnert sie sich. „Alles war fürchterlich dreckig, überall lag Plastik.“ Doch die Menschen würden zurechtkommen, erläutert die Anästhesistin.
Auch Trabert musste lernen zurechtzukommen. Vor allem mit den wenigen Mitteln, die den Ärzten in Koole Hinde zur Verfügung stünden. „Man muss ein bisschen improvisieren“, erläutert sie, dann fügt sie lachend hinzu: „Irgendwie funktioniert alles, aber eben auf afrikanische Weise.“
In Dorf Kianjogu nahe Nairobi leben mehr als hundert Kinder im Mother’s Mercy Home, einem Kinderheim für Waisenkinder, das 2001 von Frauen der Diözese Mount Kenia South der Anglikanischen Kirche ins Leben gerufen wurde. 2009 stellte der Verein Cargo Human Care das Medical Centre fertig, das sich nun direkt neben dem Waisenhaus befindet. „Wir behandeln die Ärmsten der Armen“, erklärt Dr. med. Matthias Gründler.
Zahnärzte, Frauenärzte, Allgemeinmediziner
Der Verein entsende für jeden Einsatz zwei Ärzte - Zahnärzte, Frauenärzte, Allgemeinmediziner. Sie kümmern sich um die Waisenkinder, aber auch um Arme. An den Einsatzort gelangen die Mediziner als Begleiter des medizinischen Equipments mit Lufthansa-Cargo.
Alle zwei Wochen kommt ein neues Team und bleibt etwa eine Woche, um fast alle Krankheiten zu behandeln. Infektionen seien wegen der unzureichenden Hygienebedingungen das häufigste Problem, aber auch mit Krebs oder verschiedenen Behinderungen hätte es das Personal zu tun, und mit „Krankheitsbildern, die wir hier gar nicht kennen“, verdeutlicht Gründler die Herausforderungen in Kenia. „Um Aids kümmern wir uns aber nicht“, ergänzt er. „Darin sind die Kenianer viel besser als wir.“
Pro Aufenthalt bleiben die Ärzte etwa vier bis fünf Tage. Während der Zeit, in der niemand aus Deutschland in Nairobi ist, kümmerten sich sechs „gut ausgebildete Schwestern“ um die Patienten, wie Gründler erklärt.
Ähnlich wie bei MANGO müssen die Patienten von CHC nur so viel zahlen, dass sie sich die Behandlung auch leisten können. Kinder und Ältere erhalten bei CHC die Hilfe gratis. Die MANGO-Mitarbeiter tauschten auch gern Dienstleistungen, erklärt Trabert: „Wenn jemand nicht zahlen kann, dann hilft derjenige uns später vielleicht mal, den Operationssaal zu säubern“, sagt die Anästhesistin. Das Gesetz in Guinea schreibe eine Bezahlung der medizinischen Behandlungen vor.
CHC und MANGO finanzieren sich über Spenden. Möglichst wenig geben beide Organisationen für Bürokratie aus. Wie beide Ärzte sagen, fließen fast 100 Prozent der Gelder in die Hilfsarbeit.