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Am Ende reichen die Indizien nicht für eine Verurteilung

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Von: Stefan Mangold

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Einbruch in Hainstadt im Sommer 2018: Trotz einiger Verdachtsmomente entging der 44-jährige Verdächtige einer Verurteilung. symbo
Einbruch in Hainstadt im Sommer 2018: Trotz einiger Verdachtsmomente entging der 44-jährige Verdächtige einer Verurteilung. symbo © dpa

Der Angeklagte wurde schon in einem Verfahren wegen Einbruchs im Domizil von Oliver Kahn nicht verurteilt. Nun saß er vor dem Schöffengericht in Offenbach, ebenfalls wegen Einbruchs. Der Prozess endete „im Zweifel für den Angeklagten“. Aber wohl kaum einer der Beteiligten würde auf die Unschuld des Mannes wetten.

Hainburg – Staatsanwalt Dirk Schillhahn wirft dem Angeklagten vor, am 10. Juni 2018 in ein Haus in Hainstadt eingestiegen zu sein. Dort soll er mit einem gesondert verfolgten Kompagnon ein Zehn-Gramm-Goldblättchen, zwei Sparbücher, einen Fahrzeugbrief und eine Uhr der Marke „Audemars Piguet“ im Wert von 14 500 Euro gestohlen haben.

Der Geschädigte erzählt, er sei vom 8. bis 12. Juni 2018 nicht zu Hause gewesen. Wieder nach Hainstadt zurückgekehrt, habe er die aufgehebelte Schiebetüre und ein Durcheinander im zweiten Obergeschoss vorgefunden. Das verschwundene Goldblättchen bedeute zwar keinen herben finanziellen, aber einen ideellen Verlust. Der Tresor, in dem die Uhr lag, sei unverschlossen gewesen, „deshalb zahlte die Versicherung dafür nichts“.

Eine Polizistin berichtet, der Geschädigte habe damals einen Nachbarn benannt, der von seiner Abwesenheit gewusst habe und das Hausinnere kannte. Den Nachbarn handelte die Polizei als möglichen Tippgeber, weil in dessen Vita einige Jahre Gefängnisaufenthalt stehen. Mittlerweile gilt der Nachbar als abgetaucht.

Ein weiterer Polizist erzählt, die Münchner Kollegen hätten den Angeklagten damals telefonisch wegen des Einbruchs in der Landeshauptstadt überwacht. Mit einem Kumpel habe er kryptische Gespräche über einen Audi auf der Straße vor einer bestimmten Hausnummer in Hainstadt geführt. Auf die Bitte aus Bayern, den 44-Jährigen im Rhein-Mai-Gebiet zu observieren, verfolgte die Polizei den Mann und seinen Kompagnon.

Der Beamte erklärte, im Hainburger Ortsteil Hainstadt habe das Duo das Auto abgestellt, dann habe man die beiden vorerst verloren. In der Entfernung habe man ein unbestimmtes Geräusch gehört, das man später dem Einbruch zuordnete.

Die Polizei verfolgte und stoppte das Auto, nachdem die beiden wieder weggefahren waren. Auszuschließen sei nicht, „dass sie uns bemerkten und Diebesgut aus dem Fenster warfen“. In der Hosentasche des Angeklagten fand sich ein Goldblättchen. Außerdem steckte in einer Sporttasche ein schwarzes, festes Stoffband, dem die Ermittler erst keine Beachtung geschenkt hatten.

Weil sich niemand wegen eines Einbruchs gemeldet hatte, ließ man beide am nächsten Tag frei. Nach einem weiteren Tag rief der Geschädigte an. Ein Polizist, der auch das gestoppte Auto inspiziert hatte, erkannte das gleiche Stoffband in der Wohnung wieder, das dazu dient, hochwertige Uhren aufzuspannen. Eine Seriennummer des Goldblättchens konnte der Geschädigte nicht vorweisen. Aber dessen Bruder hatte ebenfalls vom Vater ein Zehn-Gramm-Stück geschenkt bekommen, dessen Seriennummer bis auf die letzte Ziffer der Nummer auf dem Gold glich, das in der Hosentasche des Angeklagten gesteckt hatte.

Staatsanwalt Schillhahn stellt in den Raum, bei dem in Bayern lebenden Vater anzufragen, ob er den Kaufvertrag der insgesamt drei Goldblättchen noch habe. Richter Manfred Beck begeistert sich für die Idee nur minder, „danach wird die bayerische Polizei damals ganz sicher gefragt haben“.

Rechtsanwalt Nikolaus Krebsbach-Noske deutet an, noch ein Ass im Ärmel zu haben, falls die Staatsanwaltschaft auf weiterer Beweiserhebung bestehe. Er habe den Angeklagten schon beim Münchner Verfahren wegen des Einbruchs beim ehemaligen Nationaltorhüter Oliver Kahn vertreten. Die Genehmigung zum damaligen Abhören hätte die Behörde wegen des Datenschutzes löschen müssen, „das heißt, die Protokolle sind nicht mehr verwertbar“.

Schillhahn erklärt in seinem Plädoyer, es gebe einige Indizien, die dafür sprächen, dass der Angeklagte die Tat begangen habe. Er habe das Areal um den Tatort ausbaldowert, „man weiß nicht, was er sonst dort wollte“. Schillhahn plädiert schließlich dennoch lustlos auf Freispruch, „am Ende reichen die Indizien nicht für eine Verurteilung“.

Anwalt Krebsbach-Noske konstatiert: „Es macht keinen Sinn, zu spekulieren. Im Zweifel für den Angeklagten“. Wenig überraschend folgen dem Grundsatz auch Richter Beck und die Schöffen, „auch wenn der Staatsanwalt Recht hat: Es gab etliche Verdachtsmomente“.  (Stefan Mangold)

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