Der Verein „FreiLuftKunst“ macht aus tristen Wänden Kunstwerke

Zwölf Graffiti-Künstler haben sich vergangenes Jahr in Hainburg zu einem Verein zusammengetan. Gemeinsam peppen sie das Stadtbild in Seligenstadt und Umgebung auf.
Ostkreis – Eine brodelnde Lava-Höhle und ein Astronaut samt Raumstation in Seligenstadt? Wer genau hinsieht, entdeckt unter anderem diese Motive tatsächlich – und zwar an einst tristen, grauen Wänden in Seligenstadt und Umgebung. Eben diese Flächen nutzen die Künstler des gemeinnützigen Vereins „FreiLuftKunst Main Spessart“ aus Hainburg, um das Stadtbild durch Graffitis bunter zu gestalten.
Ganz nach dem Motto „Wer nicht fragt, hat das Nein schon in der Tasche“, wie es der Vereinsvorsitzende B. Koch ausdrückt, begann der Ende 2021 gegründete Verein, Wandbesitzer nach Gestaltungsflächen zu fragen. Bisher habe es noch niemand bereut, diese Frage bejaht zu haben. „Den Satz ‘Das sah vorher aber schöner aus!’, haben wir zumindest noch nie gehört“, erklärt der Vorsitzende schmunzelnd. Ganz im Gegenteil: Passanten und Wandbesitzer sind meist begeistert.
Graffiti-Verein: Mitglieder lernen sich zufällig beim Sprayen in Seligenstadt kennen
Im Sommer 2021 hatten sich der heutige Vereinsvorsitzende und ein weiteres Mitglied zufällig beim Sprayen an der freigegebenen Wand am Seligenstädter Bauhof kennengelernt und entschieden, gemeinsam ein Bild zu erstellen. Zuvor hatten sie vor allem für sich allein gesprayt, stellten aber schnell fest, dass man sich bei der gemeinsamen Arbeit gut künstlerisch ergänzt. Über die Kontakte zu anderen Künstlern ergab sich mit der Zeit eine Gemeinschaft aus zwölf Personen, die sich zum Verein zusammentaten.
Auf diese Weise sei es einfacher, an größere Flächen zu gelangen, als für eine Privatperson, so der Vorsitzende. Außerdem „braucht das Kind ja einen Namen, wenn man etwas Großes organisieren möchte“.
Steht eine Wand zur Verfügung, beginnen die Künstler zu planen: „Lieber dieses blau oder doch das dunklere?“, „Rot oder blau als Hintergrund?“, „Kommt der Astronaut nach links oder rechts?“ – die Whatsapp-Gruppe der Künstler läuft währenddessen auf Hochtouren. Genau diese detaillierte Planung macht den Verein aus. Durch die verschiedenen Ideen, die die einzelnen Künstler mitbringen, entsteht mit der Zeit ein gemeinsamer Entwurf, den ein Einzelner sich nicht hätte ausdenken und schon gar nicht aber hätte umsetzen können. Schließlich hat jeder der zwölf Künstler einen eigenen Stil.

Hainburger Graffiti-Verein bietet auch Workshops an
Besonders wertvoll sei außerdem, dass die Künstler durch die Zusammenarbeit auch voneinander lernen könnten, betont der Vorsitzende. Verbunden ist die Arbeit des Vereins insbesondere mit einem großen Vertrauensvorschuss seitens der Wandbesitzer. „Bisher haben wir aber immer abgeliefert“, berichtet der Vorsitzende stolz. Wer sich die Wände einmal genau ansieht, entdeckt nämlich Details, die oft zum Wandbesitzer passen oder eine kleine Geschichte erzählen.
Weil der Verein nicht nur im Stillen „vor sich her wurschteln“ möchte, wie der Vorsitzende sagt, bietet er auch öffentliche Aktionen an. So gab es im Karlsteiner Ortsteil Dettingen bereits einen Jam, bei dem rund 700 Quadratmeter Fläche gestaltet wurden, mit anschließendem Graffiti-Spaziergang.
In Hainstadt fand im Sommer 2022 ein Workshop mit ukrainischen Geflüchteten statt, der von der Gemeinde unterstützt wurde und nicht der einzige bleiben soll. Am Festplatz in Hainstadt bekam eine Hauswand ein neues Aussehen, im Januar besprayte der Verein im Auftrag der Stadt das Parkdeck am Seligenstädter Kloster. Wer beim nächsten Spaziergang die Augen offen hält, entdeckt vielleicht schon bald eine weitere bunte Graffiti-Wand. (Von Lucy Gruß)
Graffiti-Künstler suchen große Flächen in Seligenstadt und Umgebung
Wer den Hainburger Verein mit einer Fläche (mindestens zwei mal fünf Meter) für weitere Graffiti unterstützen möchte, kann per Mail an FreiLuftKunstMainSpessart@gmail.com oder über den Instagram-Account @FreiLuftKunstMainSpessart Kontakt aufnehmen. Es gilt: je größer die Fläche, desto besser. Vom 27. bis 29. Mai können Interessierte die Arbeit der Künstler beim Graffiti-Jam an der Wand angrenzend zu Edeka Azevedo in Kahl am Main vom ersten Sprühstoß an einmal genau beobachten. Zuschauer sind bei der Aktion gern gesehen. (zcy)