Doku-Film über Klein-Krotzenburger Fährunglück 1917 vorgestellt

„Und plötzlich kam der Tod“: Unter diesem Titel ist nun ein Dokumentarfilm über das Klein-Krotzenburger Fährunglück von 1917 entstanden. Der Klein-Auheimer Thomas Kempf hat mit Laienschauspielern das Projekt im Ortsteil gedreht und nun bei einem Helferabend vorgestellt.
Hainburg – 28 Menschen kämpfen im eiskalten Wasser des Mains um ihr Leben, nur 13 erreichen das rettende Land. 15 Männer aus Klein-Krotzenburg, darunter auch der Fährmann und viele junge Familienväter, verlieren an einem frühen Wintermorgen 1917 – nur 15 Meter vor dem rettenden Ufer – in den Fluten ihr Leben. Eine Tragödie, die eine Zeit lang im damals 2 500 Seelen zählenden Ort am Main selbst die Schrecken des Ersten Weltkriegs überdecken sollte. Filmautor Thomas Kempf aus Klein-Auheim hat mit der Hilfe von Laienschauspielern eine 20-minütige Filmdokumentation über das tragische Fährunglück vom 13. Januar 1917 bei Klein-Krotzenburg gedreht. Mit viel Applaus wurde die Premiere des Filmprojekts bei einem Helferabend für Mitwirkende und Laienschauspieler im Pfarrsaal der St. Nikolaus-Gemeinde bedacht.

Der Dokumentarfilm „Und plötzlich kam der Tod“ lief am 13. Februar in Wiesbaden auf dem Hessischen Landesfilmfestival. Dort belegte der Schwarzweißfilm Kempfs, der Mitglied im Bundesverband Deutscher Film-Autoren (BDFA) ist und dem Filmclub Neu-Isenburg angehört, einen ersten Platz und wurde von der Jury weitergemeldet zur Bundesfilmfestival-Dokumentation in Fuldabrück. „Auf Bundesebene des nichtkommerziellen Films vergibt eine fünfköpfige Jury Gold-, Silber- und Bronzemedaillen“, erläutert Filmemacher Kempf, der 2006 mit seiner mehrfach ausgezeichneten Dokumentation über „Gerdas kleine Weltbühne“ zahlreiche Preise abgeräumt hatte. Kempf erreichte beim Landesfilmfestival mit seiner Dokumentation der tragischen Ereignisse vor 105 Jahren in Klein-Krotzenburg eine Silbermedaille und sicherte sich unter den 42 eingereichten Filmen den Sonderpreis der Stadt Fuldabrück.
Die tragischen Ereignisse auf dem Main im Winter 1917 zogen auch eine Gerichtsverhandlung gegen die Gemeinde Klein-Krotzenburg nach sich, der Ausgang ist jedoch nicht bekannt. Ungeklärt blieb damals auch, warum der Fährnachen, der nur acht Personen hätte aufnehmen dürfen, bei Hochwasser und mit 28 Personen total überladen, am frühen Morgen eine Stunde vor der erlaubten Fährzeit (ab 6 Uhr) losfuhr. Am Tag, als Fährmann Peter Kempf, damals Wirt des Gasthauses „Mainlust“ und Vater von vier Kindern, am Ruder stand, kam alles Unheil zusammen – Nebel, Dunkelheit, Hochwasser. Der überladene Fährnachen fuhr beim Staken vor dem Großkrotzenburger Mainufer wegen des Hochwassers auf einen nicht sichtbaren Pfahl oder eine Rammbohle auf. Die Wucht des Aufpralls warf die dicht gedrängt stehenden Männer, die damals in Rüstungsbetrieben arbeiteten, durcheinander. Der Nachen kippte, kenterte, und alle fielen in die eisigen Mainfluten – das Ufer zum Greifen nah. „Mein Urgroßvater ist damals im Main ertrunken. Sein Sohn, mein damals 16 Jahre alter Großvater Heinrich, gehörte zu den 13 Überlebenden“, erzählt der Filmautor. Karl Schnee konnte mit Hilfe seines Rettungsboots eines damals wegen des Krotzenburger Schleusenbaus liegenden Schiffs sechs Menschen aus den eisigen Fluten ziehen, darunter auch die einzige Frau, Agnes Uftring. Das betagte Mütterchen wollte am frühen Morgen in den Kahlgrund aufbrechen, um in einer Milchkanne Pflanzenöl zu hamstern“, erzählt Filmautor Thomas Kempf. Ob es die sieben Röcke der Frau und ihre luftgefüllte Milchkanne waren, die sie über Wasser hielten ?

„Inspiriert hat mich ein Vortrag zum 100-jährigen Jahrestag der tragischen Ereignisse. Der Heimatvereinsvorsitzende Dieter Distel hatte 2017 einen Vortrag zum Fährunglück gehalten“, erzählt der Filmautor. Distel wirkte auch als einer von mehreren Laienschauspielern in der Theatergruppe „Die streitbaren Leut“ in der Filmdokumentation mit. „Es hat Riesenspaß gemacht, den Film zu drehen, alles hat hervorragend geklappt. Auch der Dreh am Klein-Krotzenburger Knochensee, bei dem DLRG, DRK und ein Rettungsschwimmer vor Ort waren“, resümiert Kempf. „Wir konnten die „Ins-Wasser-Fall-Szene“ ja nur einmal drehen“, berichtet der Autor, dass dazu zwei GoPro-Kameras (Actioncams) sowie drei Kameras von Land aus diese festhielten. Die Szene, als der Wirt und Fährmann zur frühen Überfahrt überredet worden sein soll, wurde im Schankraum des Klein-Krotzenburger Heimatvereins gedreht.
Die Jury des Landeswettbewerbs meldete Thomas Kempfs beeindruckende Dokumentation vom Fährunglück zudem an den höchsten Wettbewerb Deutschlands, das vom 16. bis 19. Juni stattfindende Deutsche Amateurfilm-Festival (DAFF), weiter. „Die eingereichten Filme können von der Jury vom Regionalen Wettbewerb über den Bundeswettbewerb bis hin zur Weltmeisterschaft (UNICA) weitergemeldet werden“, würde sich Filmautor Thomas Kempf sicher über einen der beim Deutschen Amateurfilm Festival zu vergebenen sieben Obelisken freuen. „Für Mitte September planen wir im Pfarrsaal öffentliche Filmabende“, kündigt Kempf an.