238 Plätze unbesetzt / Aber positives Fazit zu „Tatkraft“ und Praktikumswoche

Die Frage, wie Jugendliche und junge Erwachsene für einen Ausbildungsberuf begeistert werden können, treibt Unternehmen vor allem aus dem Handwerk schon seit Längerem um. Mit dem Pop-up-Store „Tatkraft“, angeboten von der Kreishandwerkerschaft (KH) Hanau und der Agentur für Arbeit, sowie mit der Praktikumswoche in den Sommerferien, von Industrie- und Handelskammer (IHK) und Arbeitsagentur, wurden in diesem Jahr neue Wege gegangen, die im kommenden Jahr wiederholt werden sollen.
Hanau – Das Grundproblem freilich bleibt: 238 Ausbildungsstellen blieben in diesem Jahr trotz aller Bemühungen unbesetzt, 49 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
„Bewerbermarkt“ nennt das Markus Milke, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Hanau – als Äquivalent zum eigentlich richtigen Begriff Stellenmarkt. Zusammen mit Miriam Fuchs, Leiterin Ausbildung der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern, Nicole Laupus, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Hanau, sowie Klaus Zeller von der Kreishandwerkerschaft Gelnhausen-Schlüchtern präsentierte Milke die aktuellen Zahlen zum Ausbildungsmarkt im Hanauer Agenturbezirk.
Die hohe Zahl an unbesetzten Ausbildungsstellen ist im Großen Teil des bekannten Problems namens Fachkräftemangel und bereitet im Kleinen vor allem Betrieben mit wenig Mitarbeitern teils sogar echte Zukunftssorgen. Agentur-Geschäftsführer Milke bringt aber noch einen weiteren Aspekt vor: Nämlich wenn das Überangebot an offenen Stellen bei Jugendlichen „zu allzu viel Sorglosigkeit führt und das Bemühen um den Ausbildungsplatz der Wahl immer wieder auf die lange Bank geschoben wird“. Ein paar Alibi-Bewerbungen reichten da nicht, warnt Milke, die Jugend dürfe nicht bequem werden. In nahezu allen Branchen gibt es mehr Plätze als Bewerber, macht der Geschäftsführer deutlich. Betroffen seien nicht nur die klassischen Handwerksbetriebe und der Einzelhandel, sondern auch beispielsweise Optiker oder Hörgeräteakustiker.
Die Faktoren seien bekannt: Aufgrund des demografischen Wandels gebe es weniger Schulabgänger – und von denen hätten immer weniger Interesse an einer dualen Ausbildung. Doch qualifizierte Fachkräfte, die eine duale Ausbildung absolviert haben, würden gebraucht, so Milke, und der Bedarf werde mit jedem Jahr dringlicher. Das ziehe sich durch alle Wirtschaftszweige.
Mithilfe des Pop-up-Stores „Tatkraft“ sollten Kontakte zwischen Jugendlichen und Ausbildungsbetrieben auf niedrigschwelliger Basis ermöglicht werden. 14 Berufe aus dem Handwerk stellten sich vor, die Interessierten konnten sich direkt ausprobieren. Rund 3000 Schülerinnen und Schüler haben das Angebot genutzt, wie Nicole Laupus von der KH Hanau bilanzierte. Das Konzept sei aufgegangen, so die Verantwortlichen, und soll dementsprechend im kommenden Jahr eine Neuauflage erhalten. Auch die Rückmeldungen aus den Firmen seien überwiegend positiv. Sogar von solchen, die durch die Aktion keinen Ausbildungsplatz besetzen konnten. Wie Arne Hetterich, Geschäftsführer des Familienbetriebs Glas-Hetterich GmbH mit Sitz in Gelnhausen und Frankfurt, der im „Tatkraft“ vertreten war. Er sagt: „Als Handwerksbetrieb muss man alle Chancen nutzen, die geboten werden, denn oft haben Jugendliche gar keine Idee davon, wie handwerkliche Arbeit aussieht.“
Positiv wird auch die Praktikumswoche in den Sommerferien bewertet, in der sich Schülerinnen und Schüler an fünf Tagen in fünf verschiedenen Unternehmen versuchen konnten. Laut einer Befragung durch die IHK können sich 93 Prozent der der Teilnehmer ein Praktikum in einem der besuchten Betriebe vorstellen, 98 Prozent der Unternehmen können sich einige der Bewerber als Praktikanten vorstellen. Fazit der IHK: „Das machen wir im nächsten Jahr wieder“, so Ausbildungsleiterin Miriam Fuchs.
Von David Scheck