Acht Jahre Haft für versuchten Mord an junger Frau in Hanau

Vor mehr als acht Jahren hat er eine 25-jährige Frau an der Philippsruher Allee in Hanau brutal attackiert und lebensgefährlich verletzt. Durch einen DNA-Treffer in der Datenbank hat die Polizei ihn überführt. Jetzt bekommt der 33-jährige Hanauer, der seit 2013 unerkannt geblieben war, die Konsequenzen zu spüren. Er muss wegen versuchten Mordes für acht Jahre hinter Gitter.
Hanau - Kurz vor Weihnachten ist es der letzte Verhandlungstag der Schwurgerichtskammer. Landgerichtspräsidentin Susanne Wetzel begründet das Urteil gegen Benjamin F. und wünscht frohe Festtage in die Runde. „Für Sie wird das wohl nicht so froh werden“, meint sie mit Blick auf den 33-jährigen Hanauer, der kurz danach in Handschellen abgeführt wird. „Das wird ein schwerer Weg für Sie.“
Zufallstreffer in der DNA-Datenbank hilft bei der Aufklärung der Attacke in Hanau
Acht Jahre Gefängnis wegen versuchten Mordes. So lautet das Urteil gegen F., der vor mehr als acht Jahren, am 15. September 2013, eine damals 25 Jahre alte Rechtsreferendarin an der Philippsruher Allee ohne ersichtlichen Grund angegriffen und von hinten mit einer rund zwei Kilogramm schweren Hantelstange niedergeschlagen hatte. F. war erst im April dieses Jahres festgenommen worden, nachdem er durch einen „Zufallstreffer“ in der DNA-Datenbank überführt wurde. Er hatte das Verbrechen nach der Festnahme und vor dem Hanauer Schwurgericht in vollem Umfang gestanden (wir berichteten).
Urteil des Hanauer Schwurgerichts: Es war versuchter Mord aus Heimtücke
„Das war eine brutale und rücksichtlose Tat“, urteilt die Vorsitzende, die „Heimtücke und niedrige Beweggründe“ als Mordmotive nennt. Weder Opfer noch Täter hätten sich gekannt. Dabei sei die „junge Frau beinahe aus dem Leben gerissen worden“. Dass die damals 25-Jährige überlebt habe, sei nur „ein Zufall“ gewesen.
Der ausführlichen Urteilsbegründung von Wetzel ist anzumerken, dass dies ein sehr außergewöhnlicher Prozess gewesen ist – nicht nur, weil der Fall lange zurückliegt und nur unter spektakulären Umständen aufgeklärt werden konnte. Außergewöhnlich ist das Verhalten des Angeklagten, der echte Reue zeigt, das Opfer um Verzeihung bittet und einem Schmerzensgeld von 10 000 Euro zustimmt.
Richterliches Lob für junge Hanauer Helden
Außergewöhnlich sind die Zeugen dieser Hauptverhandlung. Allen voran Leon Sehrt und Levin Kanamüller, die vor mehr als acht Jahren zu wahren Helden geworden sind. Die beiden damals gerade mal 15 Jahre alten Jugendlichen greifen sofort beherzt ein, versorgen das in Lebensgefahr schwebende Opfer an der Mittelstraße, rufen den Rettungsdienst herbei und versuchen sogar, den Täter zu verfolgen, der ihnen im Gassengewirr des Kesselstädter Ortskerns jedoch entkommt. Für ihre „unfassbare Zivilcourage“ werden sie von Landgerichtspräsidentin Wetzel öffentlich belobigt und als „würdig für die Lebensrettungsmedaille“ bezeichnet.
Verteidiger überrascht mit seinem Antrag vor dem Hanauer Schwurgericht
Außergewöhnlich sind schließlich die Schlussvorträge beider Seiten. Denn nicht nur Staatsanwalt Markus Jung plädiert nach der Beweisaufnahme auf versuchten Mord. Auch Dr. Hans-Jürgen Kost-Stenger, ein erfahrener Strafverteidiger, ordnet das Verbrechen genauso ein. Er fällt während des Prozesses immer wieder dadurch auf, dass er seinen Mandanten ermutigt, die brutale Tat zu gestehen, die durchaus auch mit lebenslanger Haft geahndet werden könnte. „Er hat es getan, das war ein versuchter Mord. Das weiß er auch“, so der Rechtsanwalt.
Hanauer Richterin hat gute Wünsche für das Opfer
Außergewöhnlich tapfer ist schließlich das Opfer. Sie ist festentschlossen ihren Weg, der 2013 an der Philippsruher Allee beinahe jäh beendet worden wäre, weitergegangen. Sie ist inzwischen Rechtsanwältin. Und ihr gelten an diesem Tag die besonderen Wünsche des Schwurgerichts. „Wir hoffen, dass Sie nun einen Schlussstrich ziehen können.“ (Von Thorsten Becker)