Ärztezentrum in Bruchköbel könnte schon 2025 fertig sein

Bruchköbel – Bereits Ende 2025 könnte auf dem alten Festplatz in Bruchköbel das Ärztehaus stehen, das die Stadt mit Hilfe eines Investors realisieren möchte (wir berichteten bereits). Den Zeitplan hat die Stadtverwaltung am Dienstagabend im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Umwelt und Verkehr genannt. Dies sei ambitioniert, aber durchaus machbar, meinte der Chef des städtischen Bauamts, Björn Schutt.
Eine deutliche Mehrheit der Ausschussmitglieder sprach sich für das Projekt aus, das von der Gesellschaft IWG umgesetzt werden soll. Allein die drei Ausschussmitglieder der CDU haderten mit dem alten Festplatz als Standort und stimmten gegen die Entwicklung des Baugrundstückes.
Bereits in ihrer nächsten Sitzung am kommenden Dienstag könnten die Stadtverordneten das Ärztehaus mit ihrem Votum auf den Weg bringen. Außer dem Ärztezentrum soll auf dem Areal noch ein weiteres Objekt entstehen: eine Kindertagesstätte in Kombination mit einem Mehrgenerationenhaus (siehe auch Kasten).
Die Umsetzung des Ärztehauses soll laut Beschlussempfehlung die Gesellschaft IWG übernehmen. Dafür soll sie auch ein entsprechendes Grundstück auf dem Areal erwerben. Bei IWG handelt es sich um eine Unternehmensgruppe, die sich auf die Entwicklung, den Bau und auch die Vermietung von Ärztezentren spezialisiert hat. Derzeit baut die IWG auch in Großkrotzenburg ein Ärztezentrum.
Die Gesellschaft hatte zuvor im Auftrag der Verwaltung Bruchköbels analysiert, ob in der Stadt überhaupt der Bedarf für ein solches Ärztezentrum besteht. Das Unternehmen hatte dazu Kontakt mit den in Bruchköbel praktizierenden Ärzten aufgenommen. 62 Prozent der Mediziner hätten Gesprächsbereitschaft gezeigt. 70 Prozent von diesen befürworteten danach den Bau eines Ärztehauses. 22 Prozent hätten mit „vielleicht“ geantwortet.
Und 44 Prozent der Ärzte seien zudem auch bereit, ihre Einzelpraxis in eine kooperative Einrichtung zu verlegen. Dies sei ein sehr hoher Wert, so die Einschätzung von Rebekka Kreiling, Prokuristin bei der IWG. Voraussetzung für eine Praxisverlegung sei für die Ärzte jedoch die Innenstadtnähe, ein bezahlbarer Mietzins, ein größeres Raumangebot sowie ausreichend Parkplätze.
Auch rechtlich ist der Bedarf laut IWG-Analyse gegeben. Bruchköbel gehört zum sogenannten Mittelbereich Hanau, für den die Kassenärztliche Vereinigung (KV) derzeit 27,5 offene Hausarztstellen ausweist. Hinzu kommen sechs offene Facharztplätze für den gesamten Main-Kinzig-Kreis.
Generell gehe der Trend immer mehr zu Gemeinschaftspraxen und Ärztezentren, wie Kreiling ausführte. Denn im medizinischen Bereich erlebe man gerade eine Feminisierung, das heißt immer mehr Frauen starten in den Beruf, suchen aber aus Gründen einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem Anstellungen und keine Selbstständigkeit, die mit einem weit höheren Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden sei.
Aber auch junge Ärzte legten mehr Wert auf eine ausgeglichenere Work-Life-Balance. Bei den Ärzten mache sich zudem deutlich bemerkbar, dass die sogenannte Generation der Baby-Boomer (1955 bis 1969) in Rente geht beziehungsweise gehen wird. Es drohe vor allem auf dem Land eine medizinische Unterversorgung.
Versorgungsfläche von 3300 Quadratmetern
Das Ärztehaus selbst müsste nach einer Bedarfsberechnung von IWG eine Versorgungsfläche von rund 3300 Quadratmetern aufweisen. Die Innenstadtnähe ist durch den Festplatz als Standort gegeben. Mit nur 350 Metern Luftlinie zum Stadthaus sei die Einrichtung fußläufig zu erreichen. Außerdem stünden ausreichend Stellplätze zur Verfügung, erläuterte Bauamtsleiter Schutt.
Erleichtert berichtete er zudem, dass die Stadt nach zähen Gesprächen die letzten Privateigentümer überzeugen konnte, die Grundstücke an die Stadt zu veräußern. Die Verhandlungen seien bereits vor acht Jahren erstmals geführt worden. Dadurch habe man jetzt noch einmal knapp 6000 Quadratmeter hinzugewonnen. Die Grundstücke seien jedoch nur unter der Prämisse verkauft worden, dass dort ein Ärztezentrum entsteht. Insgesamt verfügt die Stadt am Festplatz nun über eine Fläche von rund 13 000 Quadratmetern.
Bei der Bebauung des Festplatzes müsse berücksichtigt werden, dass es sich wegen der Nähe zum Krebsbach um ein Retentionsgebiet handele. Beispielsweise müssen die Gebäude so hoch stehen, dass sie auch einem Jahrhunderthochwasser standhalten könnten. Unmittelbar am Krebsbach sehen die Planer zudem eine parkähnliche Grünfläche vor.
Kritik kam überraschenderweise von Seiten der CDU. Mit Blick auf die Grünen-Fraktion fragte Thomas Sliwka, wie die Partei die Zerstörung von altem Baumbestand sowie wertvoller Grünflächen mit ihrem ökologischen Gewissen vereinbaren könne. Darauf entgegnete Patricia Bürgstein (Bündnis90/Die Grünen): „Wir finden das Projekt charmant.“
Ochs weist auf Leerstand am Inneren Ring hin
CDU-Fraktionsvorsitzender Reiner Ochs sagte, man stehe einem Ärztezentrum nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Er frage sich jedoch, warum man nicht das Geschäftshaus am Inneren Ring dafür in Betracht ziehe, wo es großen Leerstand gebe, und ob das neue Zentrum nicht Konkurrenz darstelle für das künftige Bonava-Geschäftshaus, das auf der Fläche des jetzigen Bürgerhauses entstehen soll. Dort, so Ochs, seien bekanntlich auch Arztpraxen geplant. Thomas Sliwka wollte zudem wissen, was aus den Plänen des Bruchköbeler Inkasso-Unternehmers Michael Brühmann geworden sei, der vor rund zwei Jahren den Bau eines Ärztezentrums im Lohfeld angekündigt hatte.
Zu den Wortmeldungen und Fragen nahm Bürgermeisterin Sylvia Braun Stellung (FDP): Das Brühmann-Projekt sei über den Status der Vorplanungen nicht hinausgekommen und somit auch nicht mehr weiterverfolgt worden. Aus dem Geschäftshaus am Inneren Ring seien Ärzte an die Stadt herangetreten mit dem Wunsch nach weiteren Räumlichkeiten. Deshalb stelle das Gebäude nicht wirklich eine Alternative dar. Und eine Konkurrenz für die Praxen im Bonava-Gebäude sah sie ebenso nicht. Die hohe Nachfrage dort zeige, wie groß der Bedarf für zusätzliche Praxisräume sei, so Braun.
Die Bürgermeisterin zeigte sich zuversichtlich, dass das Projekt erfolgreich sein wird. „Wir bauen dort kein Luftschloss.“ Es gebe den Bedarf und die Bereitschaft, das Ärztehaus zu bauen. (Von Holger Weber-stoppacher)