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Am Bahnhof können sich Geflüchtete mit dem Nötigsten eindecken

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Von: Kerstin Biehl

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Schlafsäcke, Winterjacken oder dicke Decken – DRK-Ehrenamtskoordinatorin Nicole Schnee (rechts) ist dankbar für die vielen Dinge, die Spender in der großen Halle abgeben.
Schlafsäcke, Winterjacken oder dicke Decken – DRK-Ehrenamtskoordinatorin Nicole Schnee (rechts) ist dankbar für die vielen Dinge, die Spender in der großen Halle abgeben. © Patrick Scheiber

Kartons stapeln sich fast bis in Deckenhöhe. Auf großen Tischen ist Kleidung ausgebreitet. In einer Ecke lehnen gut ein Dutzend Krücken an der Wand. Es herrscht ein Kommen und Gehen in der großen Halle am Hauptbahnhof 14d. Eigentlich dient sie als Lager des städtischen Eigenbetriebs Hanau Infrastruktur Service. Seit vergangenem Freitag kommt ihr eine weit wichtigere Rolle zu: Das 4000 Quadratmeter große Gebäude ist jetzt Versorgungshalle für Ukraine-Flüchtlinge.

Hanau – „Wir haben heute den ersten Tag für Geflüchtete geöffnet. Sie können sich hier mit dem Nötigsten eindecken“, erläutert DRK-Chef Stefan Betz. Das Rote Kreuz, der Kreis und die Stadt Hanau hatten das Projekt gemeinsam auf die Beine gestellt (wir berichteten). Am frühen Morgen, berichtet Betz, sei ein erster Geflüchteter da gewesen, habe nach Bettwäsche gefragt und diese natürlich auch bekommen.

Der gestrige Tag stand allerdings vorwiegend im Zeichen von Spendenannahme und Sortierung. Vor der großen Halle rollten am Vormittag zahlreiche vollgepackte Pkws vor, Spender übergaben vorwiegend Kleidung, aber auch Schlafsäcke brachte eine Schöneckerin vorbei. „Wenn man diese ganzen schlimmen Bilder im Fernsehen sieht und bedenkt, dass wir so viel und diese Menschen jetzt so wenig haben. Und wenn man daheim drei Winterjacken im Schrank hängen hat, dann tut es doch auch nicht weh, welche davon abzugeben, oder?“, sagte Martina Knobling, die zudem noch dicke Decken und ein paar Krücken übergab, auf die Frage, warum sie spende.

Für Geflüchtete liegen in der Halle aber nicht nur Kleidung – sortiert nach Größen – oder Schuhe bereit. „Wir haben auch Sets mit Hygieneartikeln gepackt, Babyartikel, Töpfe und Geschirr, haben Süßigkeiten für die Kinder und generell Nahrungsmittel, haltbare Dinge wie Nudeln oder Reis. Alles gespendet“, informiert Betz. Abgegeben werden die Sachen an Geflüchtete in „vernünftigen Mengen“, so der DRK-Geschäftsführer. Spenden, die nicht in Anspruch genommen werden, sollen – sobald dies möglich ist – direkt in die Ukraine gebracht werden.

Um all die gespendeten Dinge zu sortieren, sind zahlreiche Helfer nötig. Eine von ihnen ist DRK-Ehrenamtskoordinatorin Nicole Schnee. Sie steht am Halleneingang, teilt die Ehrenamtler ein und nimmt die Spenden in Empfang. „Die Hilfsbereitschaft der Menschen ist toll“, sagt sie. Und lobt das Engagement der Ehrenamtler, die um sie herum an den großen Tischen die Spenden sortieren. „Helfer sind hier jederzeit willkommen, sie können gerne spontan vorbeikommen.“

Viele der Helfer, die sich schon bei der Flüchtlingskrise 2015 engagiert haben, seien jetzt wieder dabei, berichtet Sven Holzschuh vom Krisenstab der Stadt. Zu ihnen zählt Ulla Bladin. Eigentlich sollte sie um diese Zeit in ihrer Hanauer Ballettschule Unterricht geben. „Aber das hier ist wichtiger. Gestern war ich zwölf Stunden hier. Meine Töchter vertreten mich.“ Es habe einen Rundruf zwischen den Helferinnen von 2015 gegeben. „Sieben Frauen von damals sind heute hier. Das ist doch toll!“ Sie berichtet von einer ukrainischen Familie, die bereits am Freitag in der Halle war. „Wir konnten sie gut versorgen. Trotz der Sprachbarriere. Ein schönes Gefühl.“

Am Samstag habe sie dann eine Begegnung gehabt, die sie emotional sehr berührt habe. „Eine junge Frau war hier. Sie ist mit ihrer kleinen Tochter geflüchtet. Sie wollte gar nichts für sich, nur das Nötigste für ihre kleine Tochter, Geschirr und Töpfe.“ Sie habe ihr alles zusammengesucht. „Die Dame war so dankbar, sie weinte. Sie war schon durch die Tür und ist noch mal zurückgekommen und hat mich umarmt und mir auf Deutsch ‘Danke’ gesagt. Das hat mich sehr mitgenommen“, sagt die Ballettlehrerin mit Tränen in den Augen.

Weitere Infos

Die Versorgungshalle ist montags bis samstags von 8 bis 20 Uhr geöffnet. Geflüchtete können einfach vorbeikommen. Aktuell wird ein Flyer mit Infos, auch in ukrainischer Sprache, erstellt. Wer helfen oder spenden möchte oder Wohnraum zur Verfügung stellen kann, meldet sich unter z 06181 676602022 oder per E-Mail an ukraine-hilfe@hanau.de. Es werden auch Übersetzer gesucht.

» hanau-engagiert.de

Von Kerstin Biehl

Jetzt geht es ans Sortieren – Ehrenamtlerin Ulla Bladin ordnet gespendete Kleidung nach Größe.
Jetzt geht es ans Sortieren – Ehrenamtlerin Ulla Bladin ordnet gespendete Kleidung nach Größe. © -
Martina Knobling (links) ist aus Schöneck gekommen und hat den Kofferraum voll mit Spenden.
Martina Knobling (links) ist aus Schöneck gekommen und hat den Kofferraum voll mit Spenden. © -

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