Pfiffikusse machen Biokleber aus Mistelbeeren

Hanau – Die Apparatur von Ria Arora und David Jukic wäre in den vergangenen drei Jahren sicherlich sehr begehrt gewesen. Die beiden Schüler des Bilingualen Gymnasiums Phorms in Steinbach/Taunus haben aus einem Laser und Speziallinsen ein kostengünstiges Interferometer entwickelt, mit dem Covid-19-haltige Aerosolwolken in Räumen gemessen werden sollen. Das war der Jury einen ersten Platz wert.
Jetzt präsentierten junge Leute in der Betriebskantine des Hanauer Technologiekonzerns Heraeus dieses und andere Forschungsprojekte – etwa aus den Bereichen Biologie, Chemie, Physik oder Technik. Es war der Regionalwettbewerb Rhein-Main-Ost „Jugend forscht“ sowie für die Jüngeren „Schüler experimentieren“. Die Sieger nehmen im März am Landesentscheid teil. Das Unternehmen richtete den Wettbewerb zum 13. Mal aus. Die vorgestellten Arbeiten wurden von einer Jury aus Pädagogen und Vertretern der Industrie bewertet.
Innovativ und mit Praxisbezug
Innovativ und oft mit hohem Praxisbezug zeigen sich die 20 Einsendungen, darunter 16 für „Jugend forscht“ und vier für „Schüler experimentieren“. Auch wenn es nicht immer für die nächste Runde reichte, so waren die Arbeiten doch pfiffig. Ein Trio der Frankfurter Mainbogen Schule nahm sich beispielsweise des Themas Mikroplastik an, mit dem Untersuchungsschwerpunkt Sandstrände. Die Proben kamen von Bekannten, die weltweit Strandportionen zuschickten.
Das Forschertrio des Gelnhäuser Grimmelshausen Gymnasiums entwarf ein Zukunftssystem für computergestützte schulinterne Nachhilfe. Hohen Gebrauchswert sahen die Juroren in der Arbeit der Jugendlichen der Konrad-Zuse-Schule in Hünfeld. David Maul, Leon Bohnwagner und Ruben Otto demonstrierten ihr Simulations- und Vorwarnsystem zur Hochwasservermeidung. Die aus einer Vielzahl von geografischen und meteorologischen Daten erstellten Modelle analysieren die Überschwemmungsgefahr für Landstriche. Dafür gab es den ersten Platz in der Sparte Mathematik.
Dass Klebstoff aus Mistelbeeren es durchaus mit der chemischen Konkurrenz aus der Tube aufnehmen kann, bewiesen die zwölf und 13 Jahre alten Bennet Fritscher, Tristan Müller und Benedikt Schäfer von der Freigerichter Kopernikusschule. „Dieser Kleber ist umweltfreundlich, weil er ohne belastende Bindemittel auskommt“, sagte Fritscher. Bei der Recherche, was in der Natur als Biokleber taugt, sei man auf eine Studie des Max-Planck-Institutes gestoßen. Mit dem Wissen um die starke Adhäsion von Mistelbeerenmus machte sich das Trio an die Arbeit, um dem Kleber Praxisreife zu geben. „Das Haltbarmachen im Gefrierfach ließ den Kleber schimmeln“, sagte Schäfer zu einem Versuch. Der Weg aus der Misere habe sich letztlich mit Glycerin ergeben. Die Experimentierfreude wurde mit dem ersten Platz in der Kategorie Biologie bei den Schüler-Experimenten und einem Sonderpreis für die beste interdisziplinäre Arbeit in dieser Gruppe belohnt.
Landeswettbewerb Ende März in Darmstadt
Im Regionalentscheid traten bei „Jugend forscht“ nicht nur Teams erfolgreich an. Als Solisten konnten sich behaupten: Jana Moldan von der Kopernikusschule mit Mikrobiom als Pflanzenfutter, Samuel Jansen von der Kurt-Schuhmacher-Schule Karben mit seiner CO2-Loggingstation und Alexander Schröter von der Freien Christlichen Schule Frankfurt mit seinem Statistikmodell zur fehlerfreien Ausbreitungsermittlung von infektiösen Krankheiten. Auch diese drei Teilnehmer fahren Ende März nach Darmstadt, um beim Landeswettbewerb anzutreten. Die Veranstaltung wird dann vom Chemie- und Pharmaunternehmen Merck ausgerichtet.
Ob der nun in Hanau vorgestellten Arbeiten äußerte sich Stadtrat Thomas Morlock (FDP) optimistisch, dass die prämierten Projekte in der nächsten Runde gute Chancen haben. Mit Seitenhieb auf die Klimaprotestler sagte er: „Diese Jugendlichen zeigen, dass es mit Technik und Naturwissenschaften weitergehen kann.“ Sie seien also keine „letzte Generation“.
Infos im Internet
jugend-forscht.de
(Von Detlef Sundermann)