CDU-Hanau: Jens Böhringer soll der Neue werden

Es sei genau der richtige Zeitpunkt, um aufzuhören, sagt Joachim Stamm mehrfach. Und er betont: „Mich hat keiner gezwungen.“ Nach zehn Jahren an der Spitze der Hanauer CDU, in denen er – davon ist Stamm überzeugt – seine drei wesentlichen Ziele erreicht habe, wolle er den Weg frei machen für Jüngere, so der 63-Jährige.
Hanau - Beerben soll ihn Jens Böhringer. Der 36-Jährige war bis vor Kurzem Vorsitzender der Steinheimer CDU, trat bei der vergangenen OB-Wahl gegen Amtsinhaber Claus Kaminsky an. Mit knapp 26 Prozent erzielte er im März 2021 einen Achtungserfolg. Stamm will Böhringer den Mitgliedern als seinen Nachfolger vorschlagen. Die Versammlung war bereits für November angesetzt, fand jedoch wegen Corona noch nicht statt. Jetzt im Frühjahr soll sie über die Bühne gehen, hoffen die beiden CDU-Politiker im Gespräch mit unserer Zeitung.
Als Stamm vor zehn Jahren die CDU übernahm, hatte die turbulente Zeiten mit vielen Vorsitzendenwechseln hinter sich. Dann kam ein Anruf. Von wem, das will Stamm nicht verraten. Es sei ein Samstagnachmittag gewesen, da habe man ihn gefragt, ob er sich vorstellen könne, die CDU zu führen. „Das kam überraschend. Ich hab’ damals mit allem gerechnet, nur nicht damit“, blickt er zurück. Stamm besprach sich mit seiner Frau – und wurde CDU-Chef. „In meiner Antrittsrede habe ich drei Ziele benannt: Ruhe in den Laden zu bringen, junge Leute für die Partei zu begeistern und das Ziel, wieder in hauptamtliche Arbeit zu kommen“, sagt Stamm, der hauptberuflich ein Augenoptik-Geschäft in Großauheim betreibt.
Aus heutiger Sicht seien alle drei Punkte gelungen. Aber: „Es waren dicke Bretter zu bohren.“ Ruhe in die CDU zu bringen, habe „Blut, Schweiß und Tränen gekostet“. Gut gelungen sei, dass man alles hinter verschlossenen Türen besprochen habe.
„Wir haben so lange geredet, bis wir einer Meinung waren“, so Stamm. Heute gebe es keine Streitigkeiten mehr. Im Gegenteil: Der Hanauer CDU-Verband habe mit über 300 Mitgliedern eine große Strahlkraft nach ganz Hessen. Dies liege auch daran, dass sich die Abgeordneten Heiko Kasseckert und Katja Leikert aktiv einbrächten.
Über die Frage, ob die CDU über die Jahre nicht zu zahm geworden sei, muss Stamm lachen. Er habe eine solche Auffassung auch wahrgenommen, aber er habe dazu eine klare Haltung: „Wir wollten keine Frontalopposition machen. Wenn wir Dinge für sinnvoll halten, tragen wir sie mit. Bei vielen Entscheidungen von Claus Kaminsky habe ich mich gefragt: Wie würdest du es machen? Und beim Blick in den Spiegel musste ich sagen: Genauso.“ Einfach nur dagegen zu sein, das wäre auch gegenüber den Wählern falsch gewesen, meint Stamm.
Auch sein zweites Ziel, die Verjüngung der Partei, sieht der 63-Jährige als erreicht an. „Ich habe immer den Schulterschluss mit der Jungen Union gesucht und sie mit allen Mitteln unterstützt.“ Wenn man die CDU-Fraktion im Stadtparlament betrachte, stelle man fest, dass vier der Fraktionsmitglieder unter 25 Jahre alt seien. Viele weitere seien um die 30, 40 Jahre alt. „Das macht Freude“, so Stamm. Wenn man wie er immer davon rede, dass die Partei jünger werden müsse, sei es nur konsequent, selbst voranzugehen und den Hut zu ziehen. „Ich sollte nicht den Alterspräsidenten geben“, betont Stamm, der sich künftig in der zweiten Reihe sieht und sich vorstellen kann, als Stellvertreter weiterzumachen.
Sein Entschluss sei schon vor Langem gereift, fügt er hinzu. Schon vor drei oder vier Jahren habe er gedacht, aufzuhören, sobald er die zehn Jahre voll habe. Der richtige Zeitpunkt sei auch gekommen, weil man es geschafft habe, mit der CDU wieder zurück in die Verantwortung zu kommen. Das sei keine leichte Aufgabe gewesen. „Wir haben konsequent gearbeitet, auch wenn mancher gesagt hat, wir seien eine lahme Opposition.“ Wenn er auf seine Amtszeit blicke, erfülle ihn das mit großer Dankbarkeit. Es seien zehn Jahre voller „toller Momente“ und „toller Leute“ gewesen, auch wenn nicht alles „vergnügungssteuerpflichtig“ gewesen sei.
Bei der Suche nach einem Nachfolger sei die Wahl schnell auf Jens Böhringer gefallen. „Ich habe mich gefragt, wer könnte Interesse haben, wem trau ich’s zu“, so Stamm. Und Böhringer hatte Interesse. Schon vor seiner OB-Kandidatur sei über das Thema gesprochen worden. „Joachim Stamm hinterlässt ein bestelltes Feld, was ich übernehmen kann, ein solides Fundament“, sagt Böhringer. Dies gelte es nachhaltig zu gestalten. „Aber wir müssen auch hungrig bleiben und die Hanauer von unserem Angebot überzeugen. Wir müssen eine Partei für alle sein – vom Schüler bis zum Rentner“, betont der Vater zweier Kinder. Vor allem gelte es nun, die Ziele des Koalitionsvertrags umzusetzen, so Böhringer, der viele Jahre die Steinheimer CDU führte. Wenn ihm die Mitglieder ihren Segen geben, leitet er bald beim Hanauer Stadtverband die Geschicke.
Was kommt danach? Wünscht er sich den Sprung in den Magistrat? Die Amtszeit von FDP-Stadtrat Thomas Morlock läuft noch bis 2023, dann fällt der Posten bekanntlich den Christdemokraten zu. Auch Fraktionschefin Isabelle Hemsley, die bald Mutter wird, kommt als Kandidatin in Frage. Ihre Position gilt in Parteikreisen als aussichtsreich. „Sie macht einen tollen Job“, sagt auch Stamm. Auf Spekulationen rund um den Stadtratsposten wollen sich Böhringer und Stamm aber nicht einlassen. Der Noch-Parteichef sagt: „Wir haben keinen Zeitdruck.“ Weniger Zeitdruck dürfte künftig auch Stamm haben. Er freue sich auf sonnige Sonntage mit seinem Motorrad, kündigt er an.