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Das Zentrum für Demokratie und Vielfalt in Hanau kommt später als geplant

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Von: Christian Spindler

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Um das Gebäude am Kanaltorplatz als Demokratie-Zentrum zu nutzen, ist ein umfassender Umbau notwendig.
Um das Gebäude am Kanaltorplatz als Demokratie-Zentrum zu nutzen, ist ein umfassender Umbau notwendig. © MORITZ GÖBEL/SCHEIBER

Es soll ein Haus der Begegnung werden von Menschen jedweder Herkunft, Religion oder sexuellen Orientierung; von Leuten mit unterschiedlichen Ansichten oder Interessen, die dort Veranstaltungen besuchen, Projekte realisieren oder schlicht miteinander reden. „Zentrum für Demokratie und Vielfalt“ nennt sich die Einrichtung. Die Idee dazu wurde nach dem rassistisch motivierten Anschlag vom 19.Februar 2020 geboren. Am Konzept wird gearbeitet. Die Umsetzung indes ist ins Stocken geraten.

Hanau -Andreas Jäger heißt der Mann, bei dem die Fäden für das ambitionierte Vorhaben zusammenlaufen. Der 41-Jährige, der in einem Nebengebäude des Technischen Rathauses am Hessen-Homburg-Platz zum Gespräch empfängt, ist Leiter des neu gebildeten Amtes für Demokratie, Vielfalt und Sport. Er kann viel erklären über die Vorstellungen für das Zentrum und dessen Ziele. Pläne für das Gebäude hängen an der Wand in seinem Büro.

Durch Begegnungen Vorurteilen entgegenwirken

Das Zentrum werde „nicht das Haus des 19. Februar“, stellt Jäger gleich zu Anfang fest. Es soll vielmehr ein Ort der Begegnung werden und „ein sichtbares Zeichen setzen“, wie in einer Stadt, in der Menschen aus 150 Nationen wohnen, zusammenleben sollen und können – nach demokratischen Grundsätzen und eben in Vielfalt. Es ist der Versuch, durch Begegnungen Vorurteilen entgegenwirken und sich „gegen eine Spaltung der Gesellschaft“ zu stemmen.

Hehre Ziele, die man, so Jäger, mit einem bewusst offenen Konzept verfolgen will. Als Stichworte nennt der Amtsleiter Workshops, in denen erklärt wird, wie Demokratie und ihre Institutionen funktionieren, Ausstellungen, ein Bürgercafé, Fachvorträge oder auch Co-Working-Arbeitsplätze – eine „Mischnutzung“ eben.

Seit 2010 steht Andreas Jäger in Diensten der Stadt, war zunächst für den City-Umbau tätig, ab 2015 als Flüchtlingskoordinator. Nach dem Anschlag im vorigen Jahr organisierte er städtischerseits die Opferbetreuung. Dass er dann die vor mittlerweile einem Jahr geschaffene Fachstelle für Demokratie und Vielfalt übernehmen würde, war irgendwie folgerichtig. Dazu gehören die Hanauer Fachstelle für Demokratieförderung und phänomenübergreifende Extremismusprävention (DEXT), die nach dem Anschlag im Zuge eines Landesprogramms eingerichtet wurde, das Büro des Ausländerbeirats und eine über das hessische Landesprogramm „WIR – Vielfalt und Teilhabe“ finanzierte Stelle sowie das Programm „Demokratie leben“. Von den 4,5 Stellen des Bereichs Demokratie und Vielfalt sind derzeit aber nicht alle besetzt – auch das ist eine der Herausforderungen für Andreas Jäger.

Hanau kooperiert mit Amt in Frankfurt

Für das inhaltliche Konzept des Zentrums für Demokratie und Vielfalt wurde vor den Sommerferien eine erste Diskussionsrunde gestartet mit Akteuren aus einer Reihe von etablierten Initiativen und Organisationen. Dabei zeichnete sich ab: „Die Bandbreite der Ideen und Interessen ist enorm“, sagte Jäger. Das auszutarieren, wird nicht einfach. Das weiß auch der Amtschef, der für das Konzept einen weiteren Bürgerbeteiligungsprozess ankündigt. Überhaupt soll sich das, was im Zentrum stattfinden wird, im Zusammenspiel mit den Akteuren und Nutzern entwickeln. Dieses offene Konzept ist gleichsam Teil der Gesamtkonzeption. Anregungen und Erfahrungen einholen, das wollen Jäger & Co. auch in Frankfurt beim dortigen Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA), mit dem eine Kooperation vereinbart wurde.

Noch ist Zeit, das Rahmenkonzept für das Zentrum für Demokratie und Vielfalt zu erarbeiten. Denn das fürs Zentrum vorgesehene Gebäude der ehemaligen Commerzbank an der Ecke Kanaltorplatz hat die Stadt gerade für gut 2,6 Millionen Euro zwar gekauft. „der Umbau wird aber aufwendig“, sagt Jäger, unter anderem, weil alles barrierefrei und ein Aufzug eingebaut werden muss. Die veranschlagten Umbaukosten seien von seinem Amt angemeldet worden und werden Thema bei den aktuellen Haushaltsberatungen sein. Wie hoch die kalkulierte Summe ist, will Jäger nicht sagen. Es dürften aber mehrere Hunderttausend Euro an Investitionen notwendig sein.

Drei Stockwerke umfasst das Gebäude. Das Besondere ist ein 340 Quadratmeter großes Foyer, das sich bestens für Veranstaltungen eigene, so Jäger, und um das sich mehrere Räume gruppieren. In den oberen Stockwerken sind Büros vorgesehen, auch für die bisherige städtische Fachstelle Sport, die seit Kurzem im Amt integriert ist – eine nur auf den ersten Blick irritierende Kombination, meint Jäger. Demokratie, Vielfalt, Sport: „In keinem Bereich funktioniert Integration besser als bei Kindern und Jugendlichen im Sport“, so der 41-Jährige.

Zentrum am Kanaltorplatz in Hanau wird wohl im Herbst 2023 eröffnet

Das Commerzbank-Gebäude wird frühestens ab Mai 2022 zum Zentrum für Demokratie und Vielfalt umgebaut. Bis dahin wird es, wie berichtet, als Corona-Test- und Impfzentrum genutzt. Geplante Eröffnung des Zentrums soll im Herbst 2023 sein. Und auch, wenn die Einrichtung „nicht das Haus des 19. Februar“ sein soll – es wird als Folge des Attentats auf seine Weise daran erinnern, unter anderem, weil im Erdgeschoss ein Raum der Opferfamilien eingerichtet werden soll. Und dass das geplante Mahnmal zum 19. Februar, für das derzeit ein Standort gesucht wird, schließlich am Kanaltorplatz installiert wird, ist dem Vernehmen nach eine durchaus realistische Option.

(Von Christian Spindler)

Leitet das neu geschaffene Amt für Demokratie, Vielfalt und Sport: Andreas Jäger, bei dem auch die Fäden für das ambitionierte Projekt zusammenlaufen.
Leitet das neu geschaffene Amt für Demokratie, Vielfalt und Sport: Andreas Jäger, bei dem auch die Fäden für das ambitionierte Projekt zusammenlaufen. © MORITZ GÖBEL/SCHEIBER

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