DB-Großbaustelle Frankfurter Landstraße: Industrietaucher im Endspurt

Der monströse Tauchhelm sitzt. Die kleinen Lämpchen links und rechts der Sichtöffnung leuchten. Auch der Versorgungsschlauch ist angeschlossen. Für Amir Zekavati ist es an der Zeit abzutauchen. Der Industrietaucher lässt sich langsam ins trübe Wasser der Grube in Bauabschnitt 1 der Großbaustelle an der Frankfurter Landstraße gleiten.
Hanau – Dort, ungefähr auf Höhe der Kastanienallee, wird seit Anfang 2020 am Ersatzbauwerk für den ehemaligen Bahnübergang gearbeitet. „Es ist einer von insgesamt sieben Bahnübergang-Rückbauten, die für die Vorbereitung auf die Nordmainische S-Bahn nötig sind“, erläutert Projektleiterin Welgin Baser von der Deutschen Bahn, Bauherr des Projekts. Als Ersatz entsteht eine Unterführung für Pkw-Verkehr, Fußgänger und Radler. Mitte 2023 soll alles fertig sein. Dann werden die Züge über eine Brücke über der Unterführung rollen.
Das tun sie auch schon aktuell, allerdings nur über eine Hilfsbrücke. Im Februar soll die endgültige Brücke fertiggestellt sein. Dann gibt es exakt 63 Stunden lang eine Sperrpause, in der kein Zug die Strecke passieren wird. In dieser Zeit wird die Bahnstrecke von der Hilfsbrücke auf die neue Brücke, die aktuell daneben entsteht, umgeleitet. Die Brücke wird dann mithilfe von Schubschlitten in ihre Endlage verschoben. Voraussichtlich im Juni 2023 wird die gesamte Baumaßnahme fertiggestellt sein und die Frankfurter Landstraße wieder für den Straßenverkehr freigegeben.
Aktuell ist es noch schwer vorstellbar, dass dort, wo das Grundwasser noch bis zu acht Meter hoch in den Baugruben steht, später mal Autos rollen. Dafür, dass das klappt, sorgen außer zahlreichen Bauleuten auch eine Handvoll Industrietaucher. Das Mannheimer Tauchunternehmen Kesberg ist damit betraut, unter Wasser die Betonsohle auszubringen, also den Boden für die spätere Straße. Oben donnern die Züge, unten lassen die Taucher den Beton einfließen.
„Wir bauen unter rollendem Rad“, bringt es Bauleiter Andreas Emmert auf den Punkt. In dem entstandenen Trog sorgen betonierte Trag- und Haltewände für die nötige Stabilität.
Direkt unter der Brücke ist das Grundwasser bereits abgepumpt, die ausgebrachte Betonschicht sichtbar. „Das abgepumpte Wasser wird dem Wasserhaushalt wieder zugeführt, es wird in die Kinzig geleitet“, erklärt Emmert.
Insgesamt wird das Trogbauwerk, so nennen die Bauleute die Straßenunterführung, 150 Meter lang sein.
Taucher Amir Zekavati gleitet unterdessen durch die trüben Wassermassen. „Es gilt genau zu überprüfen, dass der einfließende Beton wirklich in alle Ecken und vor allem auch gleichmäßig verteilt wird“, erklärt Juniortaucher Alexander Kesberg, der den Tauchgang von Land aus überwacht.
Das Tauchunternehmen ist mit zwei Gruppen vor Ort, die aus jeweils zwei Tauchern und einem Signalmann, der die Kommunikation per Funk mit dem Taucher führt, bestehen. Zekavati taucht auf. Zeigt Daumen und Zeigefinger zum Ring geschlossen. „Alles okay“, übersetzt Kesberg das Taucherhandzeichen und verfolgt weiter aufmerksam die Tauchbahnen von Amir Zekavati..
Von Kerstin Biehl

