Die Großauheimer David und Sebastian Franke und das spanische Dorf

Mit einer Info-E-Mail über neue TV-Formate im Postfach von Sebastian Franke hat alles angefangen. Gemeinsam mit seinem Ehepartner David war die Entscheidung schnell gefällt und die Bewerbung für „Das spanische Dorf“, eine Produktion des Privatsenders Vox, auf den Weg gebracht. „Es hat für uns gepasst, wir hatten ohnehin Lust, mal bei einer TV-Show mitzumachen, und haben uns kurzerhand per Video beworben“, erzählt Sebastian Franke.
Großauheim/Rubite – Die Macher des Formats waren schnell von den beiden sympathischen Auheimern überzeugt, sehr schnell – schon am folgenden Tag hatten Sebastian und David die Zusage. Und reisten für vier Monate nach Spanien.
Mittelpunkt des TV-Formats ist das kleine spanische Bergdorf Rubite in Andalusien. Das Dorf schrumpft, die Jungen ziehen weg, es geht die Angst davor um, dass irgendwann gar niemand mehr dort leben wird.
Deshalb gibt es ein besonderes Projekt: Der Ort verkauft renovierungsbedürftige Häuser günstig an Deutsche. Die Gegenleistung: Die neuen Bewohner sollen mit ihren Geschäftsideen das Dorf wiederbeleben. Um das TV-Format spannender zu gestalten, gibt es mehr Interessenten als Häuser. Um letztlich die Nase vorn zu haben und ein Haus zu ergattern, gilt es, den Dorfrat mit seinen Ideen zu überzeugen.
„Uns hat das angesprochen. Wir durften uns die in Frage kommenden Häuser vorab ansehen und hatten sofort unseres gefunden“, sagt David. Der 50-Jährige ist genauso wie sein Partner im Immobiliengeschäft tätig, kennt sich also mit der Materie aus und weiß, was es beim Hauserwerb zu beachten gibt.
„Aber wir mussten ja das Dorf von uns und unserer Idee, nämlich auf dem Hausdach eine Rooftop-Bar zu eröffnen, überzeugen. Und da haben wir uns am Anfang keine wirklich guten Chancen ausgerechnet“, so der 36-jährige Sebastian. „Wir hatten die Vorstellung von eher konservativen Bewohnern, die uns beide Exoten nicht so recht ernst nehmen und uns nichts zutrauen“, sagt David. „Ich glaube, wir wurden anfangs schon etwas belächelt und unterschätzt. Man hat uns, glaube ich, eher in die Chichi-Ecke eingeordnet.“ Aber es sollte dennoch ganz anders kommen.
Gegen vier weitere Paare aus Deutschland galt es sich durchzusetzen. Diese hatten ebenfalls Ideen, wie sie das Dorf beleben könnten: Ein Laden für Wimpernverlängerungen oder ein Bike-Park waren unter anderem die Ideen der Konkurrenz für das kleine andalusische Dorf.
„Wir haben überlegt, was am besten junge Leute ins Dorf bringt oder sie gar nicht erst wegziehen lässt. Und was zudem noch Touristen anzieht. Denn die sind nur eine Viertelstunde weit weg, am Meer, ja reichlich da“, sagt David. Von der Dachterrasse der Immobilie gebe es einen wunderbaren Meerblick.
Das Haus, dass ihnen von insgesamt fünf besichtigten Objekten als einziges zugesagt hat, ist 280 Quadratmeter groß. „Und die Dachterrasse genauso wie das Eingangsportal ein Highlight“, schwärmen die beiden.
Zunächst hatte das Paar die Idee, ein Gästehaus aus dem Anwesen zu machen – aber die hohe Konzession ließ das Vorhaben platzen. Deshalb entwickelten David und Sebastian die Idee zur Rooftop-Bar, die im Erdgeschoss um ein Bar-Café ergänzt wird. „Wir hatten vier Monate Zeit für Sanierung, Umbau und Umsetzung. Und haben wirklich viel und hart gearbeitet und waren mit großem Engagement dabei. Und damit haben wir die Dorfbewohner begeistert“, schmunzeln sie. Das Haus sei wirklich sehr heruntergekommen gewesen. „Eigentlich eine Ruine. Und überall waren Schwalbennester. Aber die haben wohl, so sagt man ja, das Glück hereingebracht. Mittlerweile ist unser Haus nämlich ein repräsentativer Palast“, schwärmen sie.
Zwischendurch gab es auch mal unschöne Überraschungen, wie ein großer Riss in einer tragenden Wand. „Dadurch haben wir zwei Wochen verloren. Aber wir sind dran geblieben. Und die Menschen dort waren so hilfsbereit.“
Zuletzt seien sie die einzigen gewesen, die das, was sie dem Dorf versprochen hatten, auch umgesetzt haben. Belohnt haben sie sich dafür selbst, mit der Erneuerung ihres Ehegelübdes auf der Dachterrasse ihres Hauses. Mit dem Segen des Bürgermeisters. Einen Tag vor dem Finale war das. „Und da hatten wir schon ein wirklich gutes Gefühl“, blicken sie zurück.
Am Tag darauf – August war das – hat sich gezeigt, dass sich die Mühe gelohnt hat: Bei der Endabstimmung durch die Dorfbewohner konnten sie – mit großem Abstand – die meisten Stimmen auf sich vereinen. Ihr Preisgeld: 20 000 Euro. Und die Ehrenbürgerwürde Rubites. „Wir waren total glücklich. Jetzt sind wir echte Rubitnos.“
Die Auheimer, die seit fünf Jahren ein Paar und seit zwei Jahren verheiratet sind, spüren inzwischen, dass sie in der Öffentlichkeit nicht mehr ganz unbekannt sind. „Die Leute schauen, erkennen uns, das ist nett, wir haben auch gar kein Problem damit“, sagen sie und können sich vorstellen, in Zukunft auch bei anderen TV-Formaten mitzuwirken.
Aktuell sind die beiden seit Donnerstag wieder in Rubite. Sie kümmern sich um eine dauerhafte Leitung des Hauses durch eine spanische Familie. „Wir selbst werden künftig einmal monatlich dort sein“, kündigen sie an. „Wir bekommen so viele Anfragen, bestimmt 100 Nachrichten am Tag. Mit so einem großen Ansturm haben wir gar nicht gerechnet.“
Geplant sind neben Ausstellungen von Kunstschaffenden auch Gay- und Lesbian-Events. Und am 19. November eine große Geburtstagsparty für Sebastian.
Schon jetzt firmiert das Casa el Cura in 900 Meter Höhe als höchste Gay-Bar Europas. „Es kommen Leute aus dem ganzen Umkreis und feiern bei uns, der Bürgermeister plant sogar schon eine Art Christopher-Street-Day.“
Weitere Infos
„Das spanische Dorf“ gibt es in der RTL+-Mediathek.
Von Kerstin Biehl
