„Dieser Lärm ist wie Tinnitus“: Anwohner von Motorboot-Sport genervt

Das Training mit den Schlauchbooten bei Hanau sorgt für einen Interessenkonflikt: Der Bootsclub verweist auf seine Nachwuchsarbeit, Anwohner sind genervt.
Hanau-Steinheim - Wenn Andrea Kilian-Boll und ihr Mann auf dem Balkon ihrer Wohnung im zweiten Stock des Hauses an der Illertstraße in Steinheim sitzen, fühlen sie sich oft genervt. Genervt vom Aufheulen von Außenbordern auf dem wenige Steinwürfe entfernten Altmainarm. Der Lärm stammt von Schlauchbooten, die zum Teil in rasanter Fahrt um Bojen kurven. Kinder und Jugendliche trainieren beim Hanauer Boots-club für hessische und bundesweite Meisterschaften im Schlauchboot-Slalom. Das lautstarke Training ist nicht zum ersten Mal in der Kritik.
Andrea Kilian-Boll regiert mit Unverständnis auf den Motorenlärm vom Main. „Ein Berufstätiger, der nur an den Wochenenden frei hat und sich auf seinen Balkon setzen will, kann sich diesem Lärm nicht entziehen. Mein Mann arbeitet Schicht im Klinikum, er kommt gar nicht mehr zur Ruhe. Der Lärm dieser Boote ist für uns psychischer Stress. Das Motorgeräusch ist so, als wenn man einen Tinnitus im Ohr hat.“
„Das hat in der heutigen Zeit nichts mehr zu suchen“
In das Klage stimmt auch Illerstraßen-Anwohner Uli Stenger ein: „Die Schlauchboote setzen rückwärts durch die Bojen, dann geben sie Vollgas nach vorne, verbrauchen dabei Sprit en masse.“ Angesichts von Klimawandel und der Bedeutung des Naturschutzes habe Motorschlauchboot-Slalom „in der heutigen Zeit nichts mehr zu suchen“, meint er.
Beim Hanauer Bootsclub sieht man das freilich ganz anders. „Das Wasser- und Schifffahrtsamt hat alles genau geprüft, auch die Steinheimer Fischerzunft und die Untere Naturschutzbehörde“, sagt Edgar Rinke, Vorsitzender des Hanauer Bootsclubs. In der Tat hat der Verein von der Unteren Naturschutzbehörde eine Ausnahmegenehmigung fürs Motorboottraining im Landschaftsschutzgebiet unter besonderen Auflagen bekommen. Ab August darf bis 18. September wochentags von 14 bis 18 Uhr, samstags von 11 bis 13 und 15 bis 17 Uhr sowie sonntags von 11 bis 13 und von 15 bis 17 Uhr trainiert werden.
Hanauer Bootsclub hat Ausnahmegenehmigung fürs Training im Landschaftsschutzgebiet
„Wir nutzen die genehmigten Trainingszeiten gar nicht aus“, sagte Rinke und verweist auf die Nachwuchsarbeit des Vereins. „Wir wollen Kinder und Jugendliche an den Wassersport heranführen – im Einklang mit der Natur.“ Der Bootsclub organisiere auch einmal jährlich eine Uferreinigungsaktion.

Das Argument mit der Jugendarbeit will Anwohner Stenger nicht gelten lassen. Er hält den Motorbootsport schlicht für nicht mehr zeitgemäß. Zudem seien es nur sehr wenige Kinder und Jugendliche, die für viel Lärm sorgten. Nach Angaben des Vereins gehören der Schlauchboot-Slalom-Gruppe derzeit zwölf Kinder und Jugendliche an.
Bereits vor zwei Jahren hatte es von Anwohnern heftige Kritik am Training mit den lauten Außenboardern auf dem Bojen-Parcours gegeben. Zudem stellte der Ortsbeirat eine Anfrage. Der Trainingsparcours, der sich teilweise unter der B43a-Brücke befinde, sei mittlerweile zur Hälfte gekürzt worden, so Vorsitzender Rinke, der einräumt, dass es dieses Jahr bereits beim Aufbau Beschwerden gegeben habe. Bei der Stadt ist heuer bisher eine Beschwerde eingegangen, so die Pressestelle auf Anfrage.
Naturschutzbehörde Hanau: Keine Gefährdung von Tieren
Der Bootsclub-Chef argumentiert, dass von den Außenbordern weniger Lärm ausgehe als von der viel befahrenen B43a oder dem Skaterpark am Altmain. Anwohner Stenger will das nicht gelten lassen. Der Bootskrach komme zum übrigen Lärm unnötigerweise dazu. Außerdem würden durch das rasenden Außenbord-Boote Schwäne und Enten verscheucht oder Biber verängstigt, meint Anwohnerin Kilian-Boll.
Das stellt die Naturschutzbehörde bei der Stadt in Abrede. „Die Wasservögel werden beim Betrieb auf der offenen Wasserfläche diesen Übungsbereich meiden, da Bootsverkehr auf dem Main bereits bekannt ist“, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage unserer Zeitung. Eine Gefährdung von Tieren durch die Außenborder-Schlauchboote sei „nicht erkennbar“. (Von Christian Spindler und Holger Hackendahl)
Doch es gibt auch positive Nachrichten aus dem Bereich des Wassersports. Der Sportstadtachter Hanau hatte zum Auftakt der Ruder-Bundesliga aber teilweise mit widrigen Bedingungen zu kämpfen.