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„Mordanschlag“ im Pioneer Park Hanau

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„Böse Buben“ trieben sich am Wochenende im künftigen Pioneer Park rum - glücklicherweise aber nur für einen Tatort-Dreh.
„Böse Buben“ trieben sich am Wochenende im künftigen Pioneer Park rum - glücklicherweise aber nur für einen Tatort-Dreh. © p

Wolfgang - Dunkle Gestalten, große Waffen, Schüsse - und plötzlich liegen im Pioneer Park Hanau drei Leichen. Das ehemalige Kasernengelände, das in den kommenden Jahren zu einem großen Wohngebiet entwickelt wird, war am Wochenende Schauplatz für eine Fernsehproduktion.

Der Hessische Rundfunk nutzte die Pioneer-Kaserne für Dreharbeiten zu seinem neuen Tatort mit Schauspieler Ulrich Tukur. Der achte Fall für BKA-Ermittler Felix Murot wird in etwa einem Jahr im Fernsehen zu sein.  Zwei Wochen lang hatte das Team daran gearbeitet, die leer stehenden Straßenzüge und Wohnblöcke im Triangle Housing wieder mit Leben zu füllen: In den Fenstern hängen Gardinen, auf den Balkonen wehen Fähnchen und Sonnenschirme, in den Straßen parken Autos. Sogar die Straßenlaternen leuchten zum ersten Mal seit rund zehn Jahren wieder. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, im Triangle Housing seien bereits die ersten neuen Bewohner eingezogen - auch wenn die Sanierungsarbeiten gerade erst begonnen haben.

„Fünf bis sechs Minuten werden am Ende von diesem Drehort zu sehen sein“, sagt Produktionsleiter Ulrich Dautel. Bis zum 13. September dauern die Dreharbeiten noch an, hauptsächlich wird in Frankfurt und auf einem ehemaligen Kasernengelände in Friedberg gearbeitet. „Wir hätten gerne mehr hier in Hanau gedreht, denn die Bedingungen sind ideal, aber die Baustellensituation hat das leider nicht zugelassen“, so Dautel. In der ehemaligen Pioneer-Kaserne sind die bauvorbereitenden Maßnahmen für das neue Wohngebiet, in dem rund 1600 Wohneinheiten entstehen werden, nämlich in vollem Gange. „Und wir konnten auch nicht ausschließen, dass während der Dreharbeiten bereits Abbrucharbeiten stattfinden“, erläutert Dr. Marc Weinstock, Geschäftsführer der Projektentwicklungsgesellschaft LEG Hessen-Hanau.

Mit großen Aufwand wurde eine Szene für den nächsten HR-Tatort im Pioneer Park gedreht. Der fertige Film wird vermutlich in gut einem Jahr in der ARD gesendet. -   Fotos: p
Mit großen Aufwand wurde eine Szene für den nächsten HR-Tatort im Pioneer Park gedreht. Der fertige Film wird vermutlich in gut einem Jahr in der ARD gesendet. © p

Der Hanauer Schauplatz wird im Tatort dennoch eine wichtige Rolle spielen. „Wir drehen hier eine der Schlüsselszenen“, berichtet Dautel. In dem Krimi, der unter dem Arbeitstitel „Der Angriff“ produziert wird, geht es um ein Mädchen (gespielt von Paula Hartmann), das seinen erschossenen Vater rächen will und sich in einer alten Polizeiwache verschanzt. Der Auslöser für ihren Rachefeldzug spielt auf den Straßen im Triangle Housing. Dort hatte das HR-Team einen kleinen Eiswagen samt Außengastronomie errichtet. Vater und Tochter fahren vor, schlendern zum Verkaufstresen. Auf der Straße hält ein dunkler BMW, die hintere Scheibe geht runter, ein Gewehr kommt zum Vorschein. Schüsse knallen durch die eigentlich leeren Straßen. Der Eisverkäufer und der Vater brechen tödlich getroffen zusammen...

Was schnell erzählt ist, dauert als Dreh Stunden. Die ganze Szene ist in mehrere Einzelszenen zerlegt, jede erfordert mehrere Einstellungen, mehrere Anläufe, bis die Aufnahmeleitung zufrieden ist. Immer wieder fahren die beiden Autos im Schritttempo durch die Straßen. Immer wieder steigen Tochter und Vater aus. Immer wieder wird das Gewehr im Zeitlupentempo aus dem Fenster geschoben. „Es klappt fast nie im ersten Anlauf“, erzählt Dautel. Dazwischen heißt es: Warten, Warten, Warten. Nicht nur darauf, dass die Special-Effects-Experten und der Waffenmeister das Gewehr wieder präpariert haben, sondern auch auf das Wetter. Mit Argusaugen blickt ein HR-Mitarbeiter immer wieder gen Himmel. Sobald sich eine Wolke vor die Sonne zu schieben droht, wird abgebrochen.

Insgesamt 25 Drehtage hat der HR für den neuen Tukur-Fall angesetzt. „Mehr als bei anderen Tatorten“, berichtet der Produktionsleiter. Der HR sei der einzige ARD-Sender, der seine Tatort-Folgen noch komplett selber drehe und produziere. Die Einsätze für BKA-Ermittler Felix Murot seien deshalb auch aufwendiger und experimenteller als andernorts. In Hanau ist Tukur, der zu den bekanntesten deutschen Schauspielern gehört und 2006 in dem oscar-gekrönten Film „Das Leben der Anderen“ die Rolle des Oberstleutnants der DDR-Staatssicherheit Anton Grubitz verkörperte, nicht am Set. Dabei hätte es durchaus eine Verbindung zur Geburtsstadt der Brüder Grimm gegeben: 2013 erhielt der 61-Jährige, der auch als Musiker und Autor aktiv ist, den Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache.

Wenn Mitte September die letzte Klappe für „Der Angriff“ gefallen ist, beginnt die zeitraubende Arbeit der Techniker. Rohschnitt, Feinschnitt, Vertonung, Sound-Design, Farbkorrekturen, Musik, Mischung und, und, und. „Die Nachproduktion dauert rund ein halbes Jahr“, erklärt Dautel. Er rechnet damit, dass der achte Fall von Felix Murot nach der Tatort-Sommerpause 2019 in der ARD zu sehen wird. Vielleicht flimmern dann ja die Bilder aus Triangle Housing dann schon bei den ersten echten neuen Bewohnern des Pioneer Parks Hanau über die Mattscheibe.

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